Meist sind es Fette, Essensrückstände, Seifenreste und Haare, die den Abfluss von Waschbecken oder WC verstopfen. Einfache Hilfe versprechen hier chemische Rohrreiniger. Sie wollen selbst “stärkste Verschmutzungen” beseitigen und “sogar Haare” auflösen. Schaffen chemische Abflussreiniger das wirklich? Und was machen sie mit unseren Atemwegen, Rohren, Gewässern?
MARKTCHECK macht einen Praxis-Check und einen Labor-Test mit folgenden Produkten – zwei davon “biologisch abbaubar”:
- Lidl: W5 Rohrreinigergel Rohrfrei (1,25 Euro pro Liter)
- Rossmann: Domol Rohrreiniger (1,29 Euro pro Liter)
- Rorax Rohrfrei Power-Gel (3,75 Euro pro Liter)
- Drano Power-Gel Rohrfrei (3,75 Euro pro Liter)
- Rorax Rohrfrei Bio-Power-Gel (3,75 Euro pro Liter)
- Drano Biologisch abbaubarer Rohrreiniger (5,25 Euro pro Liter)
Wie wirken chemische Rohrreiniger?
Chemische Rohrreiniger rücken verstopften Abflüssen unter anderem mit Natriumhypochlorit, einem Bleichmittel auf Chlorbasis, zu Leibe.
Hinzu kommen stark alkalische Substanzen wie Natriumhydroxid, die in Verbindung mit Wasser stark ätzende Laugen bilden. Diese spalten dann das organische Material auf, das sich im Abfluss gesammelt hat. Fett und Öl werden in wasserlösliche Bestandteile aufgelöst.
Wie wirken biologisch abbaubare Rohrreiniger?
Statt auf aggressive Laugen setzen Bio-Rohrreiniger auf Mikroorganismen, wie Bakterien, oder auf spezielle Enzyme, die organische Substanzen wie Haare, fetthaltigen Speisereste, Kaffeesatz oder Teeblättern zersetzen. Dafür müssen sie meist deutlich länger einwirken.
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Und wie wirken Rohrreiniger in der Praxis?
Sanitärexperte Achim Hambücken von der Innung Sanitär Heizung Klima in Köln simuliert für uns eine hartnäckige Verstopfung in zwei Waschbecken. Schaffen die chemischen Rohrreiniger sie aufzulösen? Hambüchen wendet die Abflussreiniger genau nach Gebrauchsanleitung an.
Rossmann Domol: 30 Minuten Einwirkzeit,
Lidl W5: 5 Minuten Einwirkzeit, Wasser in der Schüssel muss vorher abgeschöpft werden.
Doch weder beim Lidl-Produkt noch bei Rossman tut sich irgendetwas. Die Eigenmarken sind mit der hartnäckigen Verstopfung offenbar überfordert.
Können es die Markenprodukte besser?
Wie sieht es mit der Wirkung bei Rorax und Drano aus? Auch hier unterschiedet sich die angegebene Einwirkzeit deutlich.
Rorax: 30 Minuten Einwirkzeit,
Drano: 5 Minuten Einwirkzeit. Evtl. nochmal nachkippen.
Bei Rorax haben sich nach einer halben Stunde Schaum und Schlieren gebildet. Das war’s.
Die Verstopfung beseitigen konnte in unserem Praxis-Check kein chemischer Rohrreiniger. Die Hersteller empfehlen bei hartnäckigen Verstopfungen allerdings auch eine Einwirkzeit über Nacht.
Wie gut wirken die Rohrreiniger im Labor?
Im Labor wird ein spezieller Test-Schmutz hergestellt – bestehend aus Fetten, Haaren, Kaffeegrund und Karotten.
Die Aufgabe der Rohrreiniger nun: diese Testschmutz-Förmlinge so gut wie möglich auflösen.
Anna Kaiser vom Labor Weber-Leucht behandelt die Testschmutz-Förmlinge mit den Rohrreinigern: „Das Ganze wird 30 Minuten unter gleichen Bedingungen einwirken und nach Ablauf der Zeit wird dieser Förmling optisch beurteilt.“
Das ganze Prozedere wiederholt das Labor drei Mal für uns. Im Anschluss wird die Veränderung des Testschmutzes optisch beurteilt.
Chemische Rohrreiniger: Unser Labor-Ergebnis
„Das schlechteste Produkt war von W5, das hat die Note fünf erreicht. Was bedeutet das? Kein Zerfall des Förmlings, also optisch hat sich nichts verändert“, erläutert Kaiser.
Auf Nachfrage antwortet uns Lidl, das Produkt habe in anderen Tests gewirkt:
„Wir stehen zur Wirksamkeit des Produkts bei bestimmungsgemäßer Anwendung […].“
Der Reiniger von Drano hat zumindest "begonnen, den Schmutz zu zersetzen”, so Kaiser.
Eine bessere Reinigungswirkung zeigen im Labor Domol und Rorax, sie erreichen hier beide die Note 3: “Note 3 bedeutet, dass dieser Förmling leicht angegriffen wurde, eventuell auch kleine Teile abgebrochen sind. Bei einer längeren Einwirkzeit könnten diese Produkte schlussendlich eine gute Reinigungswirkung zeigen“, vermutet Kaiser.
Wir fragen nach. Der Rorax-Hersteller Werner & Mertz antwortet:
„Jede Art der Rohrverstopfung in Haushalten ist unterschiedlich und sie stellen immer eine sehr individuelle Herausforderung dar, die sich selbst mit Labor-Testmethoden nur bedingt nachstellen lassen.“
Auch Rossmann argumentiert mit der jeweiligen Art der Rohrverstopfung.
Und wie sieht es mit möglichen Gefahren für Mensch und Umwelt aus?
Wie schädlich sind chemische Rohrreiniger für Mensch und Umwelt?
Auf der Rückseite der Rohrreiniger finden sich Warnhinweise wie “Ätzend”, “Gesundheitsgefährdend”, “Umweltschädlich”.
Diese Hinweise sind gesetzlich vorgeschrieben, da es sich tatsächlich um “sehr aggressive Substanzen” handle, erläutert Tristan Jorde, Umweltexperte der Verbraucherzentrale. Die Inhaltsstoffe der Reiniger werden durch die Kläranlagen nämlich nicht herausgefiltert und belasten dadurch das Wasser. Sie können so zu einer Übersalzung der Gewässer führen.
Öko-Test kritisiert die Inhaltsstoffe in Rohrreinigern aufgrund umweltschädlicher und potenziell gesundheitsgefährdender Wirkung.
Beispiel Natriumhypochlorit. Die Chlorbleichlauge kann bei Kontakt mit Säuren, wie sie etwa in Badreinigern enthalten sind, das giftige Chlorgas freisetzen. Chlorgas ist hoch reizend für Haut, Atemwege und Augen. Außerdem ist es giftig für Wasserlebewesen. Bis auf den von Rossmann enthalten alle Reiniger in unserem Test Chlor.
Auch Pentanatrium pentetat, beispielsweise im Drano Power-Gel Rohrfrei enthalten, sieht Öko-Test kritisch: das chemische Salz steht im Verdacht, krebserregend zu sein und die Fortpflanzung zu schädigen.
Umweltexperte Jorde empfiehlt deshalb, bei der Anwendung unbedingt zu beachten, “dass ich mich auf jeden Fall schützen muss – im Bereich Hautkontakt, Augenkontakt, Einatmen. Das ist nicht unproblematisch."
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Schädigen Rohrreiniger die Abflussrohre?
Hinzu kommt, dass Inhaltsstoffe wie Natriumhydroxid, das zusammen mit Wasser eine ätzende Natronlauge bildet, nicht nur die Umwelt belasten, sondern auch die Innenwände von Abflussrohren angreifen können. Deshalb sollten Rohrreiniger auf keinen Fall überdosiert werden.
Also viel Chemie in den Rohrreinigern. Wie sieht es mit Bio-Rohrreinigern aus?
Sind biologisch abbaubare Reiniger ein Alternative?
Wir testen zusätzlich zwei "Bio”-Rohrreiniger. Einer ebenfalls von Rorax, gleich teuer wie das chemische Pendant der Marke. Und deutlich teurer der von Drano.
Die biologisch abbaubaren Reiniger müssen länger einwirken – mindestens 5 Stunden. Und zu den Reinigern muss noch heißes Wasser dazu.
Sind Bio-Rohrreiniger weniger reizend?
Dennoch sollte man beim Umgang aufpassen – auch hier finden wir Warnzeichen.
Tristan Jorde, Umweltexperte Verbraucherzentrale:
„Die Stoffe, die da drin sind, können trotzdem ihre Augen reizen, ihre Schleimhäute reizen." Also auch hier ist Vorsicht im Umgang geboten.
Wie wirksam sind Bio-Rohrreiniger?
Aber schaffen sie es, ohne aggressive Chemie die Verstopfung zu lösen? Auch das testen wir im Labor. Damit es vergleichbar ist, haben die “sanfteren” Reiniger ebenfalls nur 30 Minuten Einwirkzeit.
Das Fazit des Labors hier: „Das Produkt von Drano erreichte eine Note fünf, was keine optische Veränderung des Förmlings bedeutet. Das Produkt von Rorax war etwas besser, dieses erhielt die Note vier", so Kaiser.
Das Rorax Bio-Power-Gel konnte also nach kurzer Zeit eine kleine Veränderung bringen.
Und nach 5 Stunden Einwirkzeit?
Wie sieht es nach Ablauf der Einwirkzeit von fünf Stunden im Praxis-Check aus?
Viel tut sich nicht, findet Sanitärexperte Hambücken: „Ich denke mal, dass die Verstopfung da einfach doch deutlich zu hartnäckig ist. Für mich sieht es, ehrlich gesagt, nicht aus, als wenn sich wirklich viel tun würde.“
Bei Drano haben sich Schlieren gebildet. Aber die Verstopfung – ebenfalls noch da.
Unser Fazit
Im Labor konnten die Produkte von Rossmann und Rorax einigermaßen helfen. Bei den Reinigern von Drano und Lidl wurde der Schmutz nicht beseitigt.
Bei den biologisch abbaubaren Reinigern hat Rorax die Nase leicht vorne. Drano hatte auch hier keinen Effekt.
Bei hartnäckigen Verschmutzungen tun sich Rohrreiniger insgesamt schwer. Dafür steckt viel Chemie in den herkömmlichen Rohrreinigern. Die umweltschädigenden und potenziell gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffe sind nicht außer Acht zu lassen.
Bei hartnäckigen Verstopfungen rät der Profi Hambücken ohnehin zu einer anderen Methode: „Ich würde es immer eher mechanisch versuchen als mit der Chemiekeule. Weil einfach auch die Gewässer mit den Gerätschaften nicht gefährdet werden“, erläutert Hambüchen.
Sein Tipp: eine Rohrreiniger-Spirale nutzen oder eben den klassischen Pömpel.

Am wirkungsvollsten bei Waschbeckenverstopfungen ist es immer noch, den Siphon unterhalb des Waschbeckens aufzuschrauben und den Schmutz zu entfernen.
Das macht zwar mehr Arbeit, ist aber wirkungsvoll und schont dabei Gesundheit, Umwelt und Geldbeutel.