SWR2 Wissen | Porträt zum 20. Todestag

Jazz-Ikone Nina Simone – Mit Musik gegen Rassismus

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AUTOR/IN
Julia Neupert
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad

Am 21. April 2003 starb Nina Simone. Die US-amerikanische Pianistin, Sängerin und Komponistin hinterließ ein bemerkenswertes musikalisches Erbe. „Hohepriesterin des Soul“ hat man sie genannt. Sie hingegen sprach selbstbewusst von „Black Classical Music“, auch weil sie ihre Kunst dazu nutzen wollte, gegen Rassismus und die Diskriminierung von Schwarzen zu protestieren.

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Eine engagierte Stimme der Schwarzen Bewegung

Sommer 1969, 17. August, Mount Morris Park New York: Nina Simone tritt beim Harlem Cultural Festival auf – zusammen mit anderen Stars der Black Music wie B.B. King, Stevie Wonder oder Mahalia Jackson. Ein Jahr nach der Ermordung von Martin Luther King wird hier „Black Consciousness” gefeiert, Schwarzes Selbstbewusstsein.

Denn der Kampf der Bürgerrechtsbewegung um Gleichberechtigung in der US-amerikanischen Gesellschaft ist nicht vorbei. Auch nach der offiziellen Aufhebung der Segregation sind aggressiver Rassismus und offene Diskriminierung alltäglich. Nina Simone ist eine engagierte Stimme der Bewegung.

„My Baby Just Cares For Me“, 1997 in Warschau aufgenommen

Stärke und Kraft, Zorn und Wut

Das korrespondiert so gar nicht mit dem Image, das die „My Baby Just Cares For Me“ Sängerin vermittelt hat. Oder besser: das so vermittelt wurde.

Mit dem Song ist Nina Simone weltberühmt geworden, spätestens nachdem eine Luxus-Parfum-Marke damit Werbung gemacht hat. Parfümiert und lieblich klang ihre Musik aber nie. „Black Classical Music“ hat sie ihre Kunst lieber genannt als Jazz oder Soul. Ihre größten musikalischen Einflüsse waren zwei Bs: Bach und Blues.

„Weil sie besonders dunkelhäutig war, und ihr Schwarzsein nie wirklich versteckte, also da gab es nicht die Perücken, die Ella oder Sarah Vaughan trugen, sondern sie trat sehr sehr natürlich auf, sie wirkte sehr natürlich.“

Live at the Savoy 1985: „Mississippi Goddam“

„Mississippi Goddam“ wird zur Hymne der Bürgerrechtsbewegung

In dem Text, den Nina Simone zu „Mississippi Goddam“ geschrieben hat, gibt es keine Metaphern, keine Anspielungen. Sie beschreibt die nackten, grausamen Fakten. Der Song wird sofort zu einer Hymne der Bürgerrechtsbewegung – und tatsächlich auch zur Blaupause für spätere Protestmusiken.

Wenn heute Künstlerinnen wie die in der Subkultur Philadelphias aktive Musikerin und Lyrikerin Moor Mother gegen Polizeigewalt in den USA auf die Bühne gehen, tun sie das mit Texten, die explizit, konkret und direkt sind wie die von Nina Simone. Sie zählen die Namen der Ermordeten auf, zitieren Augenzeugen, sie protokollieren Gewalt und Ungerechtigkeit zornig und präzise – so wie Nina Simone es vor 60 Jahren zum ersten Mal getan hat.

Aus dem Archiv Nina Simone 1989 in Stuttgart

Von Franziska Buhre

SWR2 Jazz Session SWR2

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