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Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur.

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SWR Kultur

Der Podcast spürt dem hinterher, was wichtig bleibt vom aktuellen Kulturgeschehen. Was sagt das Gegenwartskino aus über unser Verhältnis zum Militär? Warum erscheinen zurzeit so viele autobiografische Romane? Was machen NFTs mit dem Kunstmarkt? Autorinnen und Autoren aus der SWR Kultur-Redaktion Aktuelle Kultur verfolgen den Zeitgeist, mal feuilletonistisch, mal nüchtern auf den Punkt, immer interessiert. Schlicht: Die Seite 3 unter den Podcasts!

  • Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine - Wie prägt der Schrecken die Menschen?

    Ein Jahr nach Russlands Angriff auf die gesamte Ukraine sind laut den Vereinten Nationen inzwischen mehr als 8 Millionen Menschen aus dem Land geflohen. Auch wenn viele dem Schrecken des Krieges entflohen sind, verfolgen sie die traumatischen Erfahrungen ihr Leben lang, erklärt uns die Traumatherapeutin und Soziologin Manuela Ziskoven.

    Lebensbedrohliche Erfahrungen wie ein Krieg, sagt sie, "bleiben im Gehirn und im Körper, in jeder Zelle gespeichert”. Auch wenn eine Therapie dabei hilft, solche dramatischen Erlebnisse abzumildern, sei die dauerhafte Beschädigung, die lebenslange Narbe unvermeidbar. "Die Wunde heilt, aber die Narben bleiben”.

    Ein unverarbeitetes Trauma kann sogar an die nächste Generation weitergegeben werden. So war es bei Matthias Lohre. Der Journalist ist ein sogenannter "Kriegsenkel" und hat die Traumata seiner Eltern und Großeltern aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg geerbt. Lange Zeit hatte er das Gefühl: "Ich muss meine Eltern entlasten, ich darf das Maß ihrer Traurigkeit nicht noch vergrößern, ich muss möglichst leicht sein. Und das geht am einfachsten, wenn ich gut funktioniere.”

    Habt ihr weitere Themen oder Feedback? Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de.
    Hosts: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot
    Showrunner: Giordana Marsilio

    Wir empfehlen zur Folge:
    Den Song “Viter viie (Der Wind weht)” von Alyona Alyona: https://www.youtube.com/watch?v=6oaWFrsXv9M

    Den Song “Kupala” von Alyona Alyona:
    https://www.youtube.com/watch?v=6oaWFrsXv9M

    Das Buch “Das Erbe der Kriegsenkel” von Matthias Lohre: https://www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Das-Erbe-der-Kriegsenkel/Matthias-Lohre/Penguin/e525275.rhd

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  • 3 Jahre nach Hanau - Was bleibt außer Bitterkeit und Misstrauen?

    “Wir sind alle Hanau”, hieß es nach dem rechtsextremen Anschlag in Hanau.

    Stimmt das? Oder schaut ein großer Teil der Gesellschaft weg - aus fehlender Betroffenheit, aus Ignoranz oder Rassismus? Und wie könnte im Gegenteil dazu eine solidarischere Gesellschaft aussehen?

    Am 19. Februar 2020 riss ein Rassist in Hanau neun junge Menschen aus dem Leben. Seitdem sind drei Jahre vergangen, aber “nichts ist aufgearbeitet worden", beklagt der Rapper Aksu, der in seinem Song “Wo wart ihr?” den rechtsextremen Anschlag verarbeitet hat. Die vielen offenen Fragen und auch das offensichtliche Fehlverhalten der Sicherheitsbehörden verstärken sein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Er hätte sich auch in der Musikszene mehr Anteilnahme gewünscht.

    Wegsehen zu können sei ein Privileg, meint der Autor Deniz Utlu. Solidarität heißt für ihn, “sich bewusst dafür zu entscheiden, dieses Privileg nicht zu nutzen”.

    Aber selbst wenn die Gesellschaft mehr Mitgefühl, mehr Menschlichkeit entwickeln würde - Armin Kurtović, der Vater eines Opfers, gibt zu bedenken: “Egal was wir machen, nichts bringt mir meinen Sohn zurück”.

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    Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de.

    Hosts: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot
    Showrunner: Giordana Marsilio

    Wir empfehlen zur Folge:
    Der Song “Wo wart ihr?” von Aksu https://www.youtube.com/watch?v=gAjHPu3jJKc
    Die Soli-Lesung am 11.2. in Hanau und digital https://www.betterplace.org/de/fundraising-events/43634-soli-lesung-in-hanau-wir-vergessen-nicht
    SWR2-Feature zur “Lücke von Hanau” https://www.swr.de/swr2/doku-und-feature/die-luecke-von-hanau-100.html
    Das Sammelband “Anders bleiben” https://www.rowohlt.de/buch/anders-bleiben-9783499010804
    Das Sammelband “Eure Heimat ist unser Albtraum” https://www.ullstein.de/werke/eure-heimat-ist-unser-albtraum/hardcover/9783961010363
    Eine ARD-Doku zu den Folgen von Hanau https://www.ardmediathek.de/video/dokus-und-reportagen/hanau-eine-nacht-und-ihre-folgen/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xMjY5MzE
    Keywords: Hanau, Anschlag, Rassismus, Solidarität, Gesellschaft, Jahrestag

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  • Wir gehen in einen kurzen Winterschlaf

    Wir gehen in einen kurzen Winterschlaf!

    Mitte Februar wachen wir dann wieder auf und sind mit neuen Debatten und aktueller Kultur zu zeitgeistigen Themen zurück. Wer den Podcast abonniert hat, wird es mitbekommen. Ihr könnte jederzeit unsere bisherigen Folgen durchhören und uns Feedback und Anregung geben.

    Schreibt uns einfach an:
    kulturpodcast@swr.de.

    Bis dahin. Wir freuen uns!

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  • Großeinsatz in Lützerath: Wann ist Polizeigewalt verhältnismäßig?

    Man kann den Klimaprotest in und um das niederrheinische Dorf Lützerath gutheißen und gleichzeitig erkennen, dass die Polizeigewalt in der vergangenen Woche offenbar in vielen Fällen verhältnismäßig war.

    Diesen Spagat versuchen wir, auch wenn die offizielle Aufarbeitung gerade erst begonnen hat.

    Unser Gast Rafael Behr war selbst Polizeibeamter u.a. bei der hessischen Bereitschaftspolizei. Dann studierte er Soziologie und Psychologie und ist heute Professor für Polizeiwissenschaften an der Hochschule der Polizei Hamburg. Er untersucht die Organisationskultur der Polizei und erzählt uns von Widersprüchen und Mängeln.

    Ist das wichtige Prinzip der "Verhältnismäßigkeit" nicht schwer zu fassen, gerade für die jungen unerfahrenen Beamten in den Hundertschaften? Die Polizei hat mit ihrem staatlichen Gewaltmonopol das verbriefte Recht, ein Privatgelände unter Einsatz von Schlagstöcken oder Pfefferspray zu bewachen. Aber wie weit darf sie dabei gehen?

    Und dann wäre da noch die Polizeigewalt, die tödlich endet. Es ist kompliziert.

    Habt ihr Fragen, Kritik oder Anregungen? Dann schreibt uns gern unter kulturpodcast@swr.de.

    Host: Philine Sauvageot
    Redaktion: Philine Sauvageot und Max Knieriemen

    Zum Nachlesen:

    Rafael Behr: "Cop culture. Der Alltag des Gewaltmonopols: Männlichkeit, Handlungsmuster und Kultur in der Polizei", 2008.
    Georgiana Banita: "Phantombilder. Die Polizei und der verdächtige Fremde“, 2023.

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  • Chat GPT: Das Ende der Hausarbeit?

    Chatbots wie ChatGPT werden immer mächtiger und finden immer weitere Verbreitung. Das bietet viele Chancen, bringt aber auch Risiken mit sich, gerade für die Textproduktion in der akademischen Forschung und Lehre. „Der klassische Schreibprozess wird ersetzt durch eine völlig neue Form der Interaktion von uns Menschen mit einer Software“, erklärt Doris Weßels, KI-Forscherin von der Fachhochschule Kiel.

    Die Technologie ließe sich als Werkzeug, aber auch als Waffe benutzen. Jeder von der Software gelieferte Entwurf müsse bewertet werden, wer damit arbeite, sei noch viel stärker als Gutachter gefordert, so die Wirtschaftsinformatikerin. „Das ist eine Kompetenz, die wir in diesem Dialog zwischen Mensch und Maschine noch viel stärker sehen als zuvor.“

    Allerdings wächst mit solchen Maschinen auch die Gefahr, dass Maschinentexte für Betrug genutzt werden. Die Stadt New York hat deswegen die Nutzung von ChatGPT in Schulen schon verboten. Kein guter Weg, findet Robert Lepenies, Präsident der Karlshochschule Karlsruhe. Stattdessen gehe es darum, ChatGPT in die Lehre zu integrieren und den Prozess des Schreibens, des kritischen Nachdenkens und Diskutieren in den Fokus zu nehmen. Die Betreuung an Universitäten muss sich verändern, um hier Schritt zu halten.

    Habt ihr Fragen, Kritik oder Anregungen? Dann schreibt uns gern unter kulturpodcast@swr.de

    Host: Christian Batzlen
    Redaktion: Christian Batzlen und Max Knieriemen

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  • Die Deutschen und ihre Märchen: Wann schütteln wir die Schwarze Pädagogik ab?

    Unter dem Weihnachtsbaum liegt vermutlich auch dieses Jahr wieder bei vielen Familien Bruno Bettelheims Klassiker „Kinder brauchen Märchen“. Aber stimmt das? Märchen sind oft grausam, zeigen problematische Geschlechterbilder und gehen – anders als das Leben – immer gut aus. Trotzdem können sie für die Erziehung von Kindern Impulse liefern, sagt der Märchenpädagoge Oliver Geister.

    Längst nicht alle Kinder ‚brauchen‘ Märchen, sagt dagegen die Journalistin und Ratgeberautorin Nora Imlau. Allein schon deshalb nicht, weil Kinder heute ihre Gefühle zulassen dürfen – und dafür in den Märchen kein Ventil mehr brauchen, wie noch Bruno Bettelheim behauptet hatte. Dafür sorgen laut Imlau moderne Erziehungsideale, die bei Kindern Mündigkeit und Bindung fördern sollen.

    Aber warum scheinen die Deutschen ihre Märchen dennoch so zu lieben? Denn die Klassiker-Sammlung der Gebrüder Grimm ist immer noch erfolgreich – wenn auch oft in entschärften Varianten. Steckt in uns doch mehr Schwarze Pädagogik, als wir uns vorstellen können?

    Habt ihr Fragen, Kritik oder Anregungen? Dann schreibt uns gern unter kulturpodcast@swr.de

    Host und Redaktion: Philine Sauvageot

    Oliver Geisters Aufsatz „Achtung böse! Die zehn grausamsten Märchen der Brüder Grimm“ von 2014 findet ihr unter diesem Link: http://maerchenpaedagogik.de/geister_achtung_boese.pdf

    Kommt alle zum SWR Podcast-Festival! Von 12.-14.01.2023 in Mannheim. Tickets gibts hier: https://www.swr.de/home/podcastfestival-100.html

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  • Zwischen Boykott und Jubel - Ist der Fußball endlich global geworden?

    Der deutsche Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft hat den Rest der Welt kaum beeindruckt. Die Einschaltquoten auch in anderen westlichen Demokratien brechen Rekorde. Zum Ende der WM in Katar versuchen wir mit dem Sportjournalisten Ronny Blaschke eine Bilanz: Haben die Deutschen den Boykott so stoisch durchgezogen, weil ihre Mannschaft früh ausgeschieden ist?
    „Es hat kaum ein Land von dieser WM profitiert wie Deutschland. Die Metro in Katar wurde von deutschen Firmen mitentwickelt. Einige deutsche Architekturbüros haben gutes Geld verdient mit den schönen neuen Stadien“, erzählt Blaschke. Über diese Doppelmoral seien viele Menschen in der arabischen Welt erzürnt. Die Deutschen stehen mit ihrem Boykott also recht einsam da. Ist der Fußball derweil globaler geworden? Ist der Fußball letztlich doch mehr als nur der Sport der Europäer und Südamerikaner? Die Marokkaner machen es als erste arabische und erste afrikanische Mannschaft im Halbfinale einer WM vor.
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    Host: Pia Masurczak
    Redaktion: Pia Masurczak und Philine Sauvageot
    Ronny Blaschke hat dieses Buch zum Thema geschrieben: „Machtspieler - Fußball in Propaganda, Krieg und Revolution", Die Werkstatt, 2020, broschiert 22€.

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  • Schamlos günstiges Erbe: Kann unsere Gesellschaft das auch künftig tragen?

    Da werden Kindheitserinnerungen wach: Dagobert Duck geht im Geldspeicher seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Bad in seinen Talern, nach. Diese Woche ist die Comicfigur 75 Jahre alt geworden. Das Baden im Geld ist derweil nicht aus der Mode gekommen. In Deutschland erbt ein kleiner Teil exorbitante Summen, während die Mehrheit weitgehend leer ausgeht.

    Warum lässt die Gesellschaft das zu, obwohl damit das Leistungsprinzip und auch das Prinzip der Chancengleichheit verletzt werden? So drückt es der Philosoph Prof. Dr. Stefan Gosepath von der Freien Uni Berlin in dieser Folge aus. Um das zu verstehen, gewährt uns ein junger Erbe wertvolle Einblicke: Der Publizist, Aktivist und SPD-Politiker Yannick Haan hat gerade das Buch „Enterbt uns doch endlich!“ geschrieben. Er meint: „Erben ist etwas Stilles“. Es fehle die Transparenz darüber, wie viel die Superreichen eigentlich besitzen. „Die Ausmaße der Vermögensungleichheit sind vielen nicht bewusst.“ Aber erklärt Unwissenheit alles? Wenigstens ist da eine Hoffnung: Die jüngere Unternehmergeneration habe verstanden, dass Eigentum verpflichtet. Mit Reichtum geht Verantwortung einher. Ob das Onkel Dagobert auch so sieht, der über sein Geld das hier gern sagt: „Es ist mir ein Hochgenuss, wie ein Seehund hineinzuspringen! Und wie ein Maulwurf darin herumzuwühlen! Und es in die Luft zu schmeißen, dass es mir auf die Glatze prasselt!“

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    Host: Christian Batzlen
    Redaktion: Philine Sauvageot und Christian Batzlen

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  • Protest in China: Im Überwachungsstaat schlicht zum Scheitern verurteilt?

    Kommt alle zum SWR Podcast-Festival! Von 12.-14.01.2023 in Mannheim. Tickets gibts hier: https://www.swr.de/home/podcastfestival-100.html

    Unerhört – in China skandieren in mehreren Städten gleichzeitig Menschen „Nieder mit der KP“. Das hat in dieser Form wohl niemand kommen sehen. Und doch muss man sich fragen, wie nachhaltig dieser Protest sein kann. Welches Risiko gehen die Menschen in einem autoritären Überwachungsstaat ein, wenn sie ihre Kritik an den politischen Verhältnissen äußern? Werden sie es weiter eingehen, auch wenn sie persönliche Konsequenzen fürchten müssen?

    Die Regierung streue Angst und Unsicherheit, sagt Christian Göbel. Der Professor für Sinologie erforscht an der Uni Wien Protestbewegungen in China. Technisch sei nun mal alles möglich. Da sind Drohnen, die im Lockdown durch Häuserschluchten fliegen und Durchsagen verbreiten, erst der Anfang.

    Eine dystopische Science-Fiction, die wir mit etwas Schauern näher kennenlernen. Aber wir hören auch, wie kreativ und ironisch einige Chinesen die Zensur umgehen – und was das alles mit Pu der Bär zu tun hat.

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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Philine Sauvageot und Max Knieriemen

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  • Klimaflucht ins Metaversum: Kompletter Realitätsverlust oder wirklicher als die Wirklichkeit?

    Der kleine pazifische Inselstaat Tuvalu wird bei steigendem Meeresspiegel bald untergehen. Um sich zu retten, flüchtet das Land in die virtuelle Welt und gründet während der Weltklimakonferenz die erste digitale Nation im Metaversum.

    Aber geht das überhaupt? Und wie real ist für die Menschen diese virtuelle Realität? “De facto kann man nicht den ganzen Staat im Internet nachbilden. Aber diese Symbolik hier ist extrem wichtig”, sagt Prof. Matthias Kettemann vom Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft und klärt in diesem Podcast darüber auf, was geht für einen Staat. Und was nicht.

    Bleiben wird auf jeden Fall die Idee, zumindest als Privatperson ins Metaversum zu ziehen. Der Philosoph Dominik Erhard hat es schon ausprobiert, spricht in dieser Folge darüber, wie real virtuelle Realität sein kann, und rät: “Wir tun gut daran, virtuelle Realitäten auch als real wahrzunehmen.”

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    Host und Redaktion: Christian Batzlen

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  • Millennials im Bundestag: Welche Macht haben die jungen Abgeordneten?

    2022 sind in Deutschland so viele Millennials an der Macht wie noch nie. Von den 736 Abgeordneten, die im Bundestag in dieser Legislaturperiode sitzen, sind 125 von ihnen unter 35 Jahre alt.

    Einige dieser jungen Abgeordneten hat die junge Journalistin Livia Gerster für ihr Buch “Die Neuen” getroffen. Sie wollte herausfinden, was diese Millennials antreibt und wer sie sind. “Die jungen Politiker:innen zeigen sich auf Social Media super professionell”, sagt sie im Podcast, “und ich frage mich, wie ältere Politiker:innen ohne sowas anschlussfähig bei Jüngeren bleiben wollen”. Eine dieser jungen Politiker:innen ist Rasha Nasr (30) von der SPD.

    Beide sprechen in „Was geht, bleibt?" darüber, welche Macht die jungen Abgeordneten haben, wie das Aufeinandertreffen von Boomern und Millennials im Bundestag war und wie wichtig ein gelungener Social Media-Auftritt ist: “Ich möchte mich nicht verbiegen”, sagt Rasha Nasr und beschreibt, wie wichtig Authentizität für ihre jüngere Generation ist.

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    Host: Kristine Harthauer
    Redaktion: Kristine Harthauer und Christian Batzlen

    Weitere Infos zum Thema:
    Das Buch „Die Neuen“ von Livia Gerster ist am 02. November bei C.H. Beck erschienen.

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  • Musik und Protest: Welche Lieder braucht es für eine Revolution?

    Im Iran gehen seit Mitte September jede Woche zehntausende Menschen auf die Straße - gegen die Unterdrückung von Frauen, gegen das Regime als Ganzes. Davon, und von der brutalen Niederschlagung der Proteste, bekommen wir hier nur Bruchstücke zu sehen, weil das Regime das Internet drosselt und fast keine unabhängigen Journalist*innen mehr vor Ort sind. Was bei uns ankommt: Die Musik der Revolution, so wie die Hymne „Baraye“ von Shervin Hajipour. Welche Bedeutung hat diese Musik für die Prostest - und wie hängen Musik und Protest überhaupt zusammen?

    „Zu Marschmusik protestiert man nicht“, sagt der Musikjournalist Keno Mescher, denn Protest drückt sich nicht nur in den Lyrics, sondern auch in der Musik selbst aus. Und für die Politikwissenschaftlerin Naika Foroutan zeigt sich in „Baraye“ verdichtet etwas, dass sie „pan-progressive Proteste“ nennt. Aber was als subversive Musik beginnt, muss diesen widerständigen Charakter nicht behalten: Ob für Werbung, bei Corona-Protesten oder sogar als Genre beim Rechtsrock: Musik ist für vieles anschlussfähig.

    Wenn ihr jetzt auf den Geschmack gekommen seid und noch mehr Protestsongs hören wollt: Die folgenden Lieder stehen auf der Playlist Iran von Naika Foroutan oder haben uns bei der Vorbereitung des Podcasts begleitet:
    Shervin Hajipour: „Baraye“
    Toomaj Salehi: „Soorakh Moosh“
    Gola Ardestani „Hagham-e“
    Ali Azimi / Golshifte Farahani: „Marze Por Gohar“
    Yashgin Kyäni: „Bella Ciao“
    James Brown: “Say it loud (I’m Black and I’m Proud)”
    Victor Jara: “Derecho de vivir en paz“
    Joan Baez: Bread and Roses”
    N.W.A. “Fuk da Police”

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    Host: Pia Masurczak
    Redaktion: Pia Masurczak und Giordana Marsilio

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  • Warenhäuser im Wandel: Aufbruch in eine neue Erlebniskultur?

    Der Online-Handel boomt, der stationäre Handel ist gerade in der Pandemie dramatisch eingebrochen. Und ein Symptom dessen tritt gerade wieder offen zutage: Galeria Karstadt Kaufhof ist wieder insolvent - das Ziel des Verfahrens lautet Sanierung. Aber wie wäre es gleich mal mit der Komplettsanierung aller deutschen Innenstädte? Wie macht das Einkaufen in den immer gleichen, erlebnisarmen Shoppingmeilen der Republik wieder Spaß? Was könnte kommen, wenn die Konsumtempel weichen? Dazu haben befragen wir den Stadtplaner Thomas Krüger, den Konsumforscher Dirk Hohnsträter und die stellvertretende Direktorin des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt, Andrea Jürges.
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    Host: Jan Tussing
    Redaktion: Jan Tussing und Philine Sauvageot

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  • Klimaprotest und beschmierte Kunst: Wie weit muss ziviler Ungehorsam gehen?

    Blockierte Autobahnen und Unternehmenszentralen, Tomatensuppe auf einem Van Gogh und Kartoffelbrei auf einem Monet-Gemälde - die Aktionen von Klimaschützern werden immer radikaler. Einigen Medien, Politikern und Bürgern fehlt das Verständnis für die Proteste der „Letzten Generation“, auch innerhalb der Klimabewegung gibt es unterschiedliche Haltungen dazu, wie weit Protest gehen darf.

    Wir haben Klimaaktivisten aus dem ganzen Spektrum gefragt, was sie sich von den Protestformen versprechen. Robin Celikates, Professor für Philosophie an der FU Berlin, erklärt, was effektiven Protest ausmacht und ab wann radikale Aktionen kontraproduktiv sind.

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    Host: Christian Batzlen
    Redaktion: Christian Batzlen und Max Knieriemen

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  • Die 20-Stunden-Woche für alle – Mehr als eine Utopie?

    Wir wollen in dieser neuen Folge endlich mal ein bisschen träumen, und natürlich auch realistisch prüfen: Wäre es machbar, dass alle weniger arbeiten? Denn das ist ja fast schon der Zeitgeist: Ein Termin jagt den nächsten und Freizeit, auch Freunde, müssen hinten anstehen. Außerdem ist Arbeit noch sehr ungleich und ungerecht verteilt. Viele Menschen arbeiten sehr viel mehr als andere - dafür aber schlechter bezahlt. Da hilft auch die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit nicht.

    Dass diese Arbeits- und Zeitkultur in den westlichen Industriestaaten nicht alternativlos ist, zeigt die Journalistin Teresa Bücker in ihrem neuen Buch "Alle Zeit". Damit ist sie nicht die Erste. Auch die Soziologin Frigga Haug hat schon mit ihrer sogenannten 4-in-1-Perspektive für eine Neubewertung und Neugestaltung von Arbeit plädiert. Wenn es nach ihr ginge, gäbe es vier Arten von Arbeit. Die klassische Erwerbsarbeit ist nur ein Teil davon und füllt den Tag nicht mehr als vier Stunden aus.

    Diese Utopien diskutieren wir und hören auch den Altenpfleger Manuel Wiegert, der bis zu seinem Burnout 400 Überstunden ansammelte. Er berichtet davon, wie es sich anfühlt, eindeutig zu viel zu arbeiten. Und dann liegen bei solchen Utopien auch allerlei Stolperfallen bereit. Was passiert zum Beispiel, wenn die Care-Arbeit, also die Sorge um Familie, vom Staat bezahlt werden würde, wie das viele Feministinnen fordern? Davor warnt die Journalistin und Autorin Mirna Funk.

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    Hosts und Redaktion: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot

    WEBLINKS und HINWEISE
    Teresa Bückers Buch "Alle_Zeit: Eine Frage von Macht und Freiheit. Wie eine radikal neue, sozial gerechtere Zeitkultur aussehen kann" ist am 19. Oktober 2022 bei Ullstein erschienen.

    Mirna Funks Buch “Who Cares. Von der Freiheit Frau zu sein” ist im Mai 2022 bei dtv erschienen.

    Hier noch Mirna Funks erwähnter Artikel in der NZZ zur Care-Arbeit:
    https://www.nzz.ch/meinung/care-arbeit-ist-der-kampfbegriff-einer-schieflaufenden-feministischen-debatte-ld.1706193?reduced=true

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  • Kreativität und KI: Ist Maschinenkunst auch Kunst?

    Programme wie Dall-E oder Midjourney revolutionieren die Art und Weise wie Kunst hergestellt wird. Es braucht nur noch eine Eingabe, einen Prompt, der das gewünschte Bild präzise beschreibt und in Windeseile spuckt der Algorithmus passende Darstellungen aus.
    Gerade hat Google ImaGen vorgestellt, das bewegte Bilder herstellt, Videos zu bauen ist also auch kein Problem mehr. Schon lange gibt es automatische Textgeneratoren wie GPT-3. Die Zukunft ganzer Berufszweige der Kreativbranche scheint bedroht zu sein.
    Der Künstler Mario Klingemann arbeitet schon lange mit KI. Jetzt, wo jede*r mithilfe von Programmen wie Dall-E Kunst erzeugen kann, wird es für ihn als Künstler immer schwerer wirklich Neues zu schaffen: „Das reine Erzeugen hübscher Bilder ist mir zu einfach. Ich versuche herauszufinden, was Kunst ausmacht“, sagt er uns.
    Die Literaturwissenschaftlerin Stephanie Catani von der Uni Würzburg forscht unter anderem zu Literatur und Kunst, die auf Algorithmen basiert. Sie ist der Meinung, dass eine KI erst mal noch nicht den großen Roman schreiben wird.
    Einen ganzen fiktionalen Text zu schreiben, das könnten Maschinen noch nicht besonders gut. Was Catani hingegen mehr interessiere, ist die Frage: „Welches kreative Potenzial steckt in der Maschine als Tool für Künstler*innen der Gegenwart? Denn das eigentlich Kreative ist, mit diesem Programm so umzugehen, dass etwas entsteht, was weiterdenkt.“

    Unsere Kollegen vom NDR haben in ihrem Podcast „Die Idee“ auch eine Folge zum Thema Künstliche Intelligenz gemacht! Norbert Grundei spricht darin mit dem KI-Experten Prof. Peter Kabel darüber, ob Künstliche Intelligenz die Bestseller von morgen schreibt oder die Charthits, die wir hören. Er sagt: Ja! Denn für bestimmte Texte ist heute schon KI verantwortlich. Hört doch mal rein bei „Die Idee“:
    https://www.ardaudiothek.de/episode/die-idee-mit-norbert-grundei/36-was-kann-die-kuenstliche-intelligenz-prof-peter-kabel/n-joy/12007465/

    Weblinks zum Thema:
    Dall-E 2: https://openai.com/dall-e-2/
    Midjourney: https://www.midjourney.com/home/
    Google KI-Video Genarator: https://imagen.research.google/video/
    Mario Klingemann: https://quasimondo.com/
    KI-Podcast Steve Jobs im Joe Rogan-Interview: https://share.transistor.fm/s/22f16c7f
    SWR Wissenschaftspodcast "Fakt ab": https://www.ardaudiothek.de/episode/fakt-ab-eine-woche-wissenschaft/sie-hat-jetzt-einen-anwalt-eine-google-ki-macht-ernst/swr2/10625093/
    Was geht - was bleibt? Die Debatte um LaMDA: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/debatte-um-lamda-haben-algorithmen-gefuehle/swr2/10588035/

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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Max Knieriemen und Kristine Harthauer

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  • Literaturnobelpreis an Annie Ernaux: Erfinderin der modernen Autofiktion

    Das Nobelpreiskomitee lobt ihren Mut und die „klinische Schärfe“ mit der Annie Ernaux „Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Beschränkungen der persönlichen Erinnerung aufdeckt“. Sie selbst sagt, sie habe angefangen zu schreiben, um ihre Klasse zu rächen. In ihren Büchern hat die frisch gebackene Nobelpreisträgerin persönliche Erinnerungen aufgezeichnet, und dabei immer ihre eigene Position als Frau innerhalb der französischen Gesellschaft genau verortet.

    Ein Ansatz, der Schule gemacht hat. „Annie Ernaux hat unglaublich viele Frauen beeinflusst und ermutigt zu schreiben und sich durchzusetzen im Literaturbetrieb - und das im patriarchal geprägten Frankreich“, erklärt der Kulturjournalist und Frankreich-Kenner Nils Minkmar in „Was geht - was bleibt“.

    Die Super 8 Tagebücher von Annie Ernaux in der ARTE-Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/101402-000-A/annie-ernaux-super-8-tagebuecher/

    In einer früheren Folge von "Was geht - was bleibt?" haben wir schon mal über Annie Ernaux gesprochen: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/annie-ernaux-neues-buch-warum-boomt-autobiografische-literatur/swr2/10554393/

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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Max Knieriemen und Kristine Harthauer

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  • "Frauen, Leben, Freiheit": Schreibt der Iran gerade feministische Weltgeschichte?

    Eine junge Frau ohne Kopftuch, die auf dem Dach eines Autos steht und „Tod dem Diktator“ ruft. Zwei Frauen, die ohne Kopftuch frühstücken gehen. Frauen, die gegen die allgegenwärtige Sittenpolizei protestieren. Noch vor kurzer Zeit wäre all das im Iran undenkbar gewesen.

    Seit etwa zwei Wochen ereignen sich derartige Szenen in der Islamischen Republik immer wieder. Auslöser der Proteste war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei festgenommen wurde und später im Krankhaus starb. Die daraus entstandenen Proteste berühren einen Kernbestandteil der Islamischen Republik: die Pflicht für Frauen, ein Kopftuch zu tragen.

    Schreiben die Frauen im Iran gerade feministische Weltgeschichte? „Ja“, sagt die Journalistin Natalie Amiri im SWR2 Podcast „Was geht - was bleibt“. „Denn auf den Straßen stehen Frauen, sie reißen sich das Kopftuch vom Leib, unter dem Beitrag von Männern und Frauen, sie verbrennen ihre Kopftücher, sie widersetzen sich der Sittenpolizei, die sie mehr als 40 Jahre lang diskriminiert hat, beleidigt, beschimpft, verhaftet und in Mini-Busse gezerrt und sie fertig gemacht hat. Die Frauen, die jetzt sagen: Wir machen nicht mehr mit.

    Aber – so Amiri – das Regime schlage hart zurück. Die Frauen im Iran litten seit mehr als 43 Jahren, „ich habe nie so willensstarke Frauen wie die im Iran gesehen“, sagt Natalie Amiri. Feminist*innen auf der ganzen Welt sollten sich noch weitaus mehr mit den Frauen im Iran solidarisieren, ein Kopftuchverbot zum Beispiel in Deutschland lehnt Amiri jedoch ab: „Wenn wir hier in der Demokratie, in Freiheit Frauen verbieten Kopftücher zu tragen, wären wir nicht viel besser als die Islamische Republik.“

    Die Politologin und Aktivistin Emilia Roig sieht die iranischen Proteste im Kontext eines weltweiten Feminismus: „Der Protest zeigt, wie tödlich das Patriarchat im Iran ist. “Auch in Deutschland gebe es Gewalt gegen Frauen, so Roig: „Alle drei Tage wird hier eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.“ Man müsse das Patriarchat „jeden Tag verlernen“, „wir müssen die unterlegene Position der Frauen verlernen und auch die binäre Geschlechtsordnung.“

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    Host: Philine Sauvageot
    Redaktion: Philine Sauvageot und Daniel Stender

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  • Die documenta fifteen endet: Was bleibt von der deutschen Erinnerungspolitik?

    Die documenta fifteen geht zu Ende – und nicht wenige Menschen würden jetzt hinzufügen: endlich. Was geht, wenn die größte deutsche Kunstausstellung für viele ein Fiasko ist? Die eine Seite beklagt, mit der Documenta habe man Antisemitismus in Deutschland wieder öffentlich ausstellen können, während die andere Seite meint, hinter der Kritik an den Künstler:innen stünde Rassismus.  Ein Scherbenhaufen also, zumindest in der öffentlichen Debatte.

    Und was bleibt nun im Nachhinein von dieser documenta fifteen? Lässt sich aus diesem Scherbenhaufen etwas machen – zum Beispiel eine Auseinandersetzung über die deutsche Geschichts- und Gedenkpolitik und die Frage, welchen Platz die kolonialen Verbrechen darin neben der Shoah einnehmen können?

    Als gescheitert würde die Journalistin Charlotte Wiedemann die documenta nicht bezeichnen. Wiedemann hat viel aus dem Ausland berichtet und beschäftigt sich mit unterschiedlichen Erinnerungskulturen. Sie hat die documenta besucht und dort viele Anregungen gefunden, die sie in der deutschen Debatte vermisst hat: “Über die documenta würde eine Glocke der Deutschtümelei gestülpt. Das Problem war für mich nicht die documenta selbst, sondern unser Umgang damit.” 

    Anders sieht das der Kunstkritiker Hanno Rauterberg, er sagt, die mangelnde Kommunikationsbereitschaft habe den Austausch erschwert: “Der Kollektiv-Gedanke der documenta hat Kritik an einzelnen Künstlern erschwert.” Schnell habe es geheißen, Kritik meine nicht den Einzelnen, sondern alle und damit die gesamte documenta. Kritik sei deshalb von Ruangrupa schnell als rassistisch wahrgenommen worden.

    Und auch der Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank und engagiert hätte sich gewünscht, dass die verschiedenen Seiten wirklich miteinander ins Gespräch kommen: „Es wurde zwar viel debattiert, aber da war das Gefühl, dass man aneinander vorbeiredet.“

    Viel Stoff also für eine Debatte über die deutsche Erinnerungspolitik!

    Charlotte Wiedemanns Buch „Den Schmerz der anderen begreifen“ ist im Mai 2022 bei Ullstein erschienen.

    Unterschiedliche Positionen und Erklärungsansätze zur documenta-Debatte findet ihr in der Ausgabe 09/2022 von Politik & Kultur, der Zeitschrift des Deutschen Kulturrats – alles abrufbar unter https://politikkultur.de/archiv/ausgaben/nr-9-22/

    Die Bildungsstätte Anne Frank, deren Direktor Meron Mendel ist, hat eine Podiumsdiskussion zu Kunst und Antisemitismus veranstaltet, die ihr hier anschauen könnt: https://www.bs-anne-frank.de/events/kalender/zum-antisemitismusskandal-auf-der-documenta-fifteen

    Bei „Was geht, was bleibt“ haben wir uns schon öfter mit den Themen Kolonialismus und Erinnerungspolitik beschäftigt, zum Beispiel in diesen beiden Folgen:
    https://www.swr.de/swr2/programm/blinder-fleck-der-erinnerungskultur-unser-kolonialistischer-blick-nach-osteuropa-100.html
    https://www.swr.de/swr2/programm/rueckgabe-von-raubkunst-dekolonisierung-oder-reine-symbolpolitik-100.html

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    Host: Pia Masurczak
    Redaktion: Pia Masurczak und Kristine Harthauer

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  • Jean-Luc Godard ist tot: Stirbt mit ihm das Kino?

    Eine Ära geht zu Ende, mit dem Tod von Jean-Luc Godard. Am 13. September ist der französische Filmemacher gestorben. Einer der wichtigsten Filmregisseure überhaupt war er, einer, der das europäische Kino revolutioniert hat.

    Ein Genie, das man nicht imitieren kann, sagt der Filmregisseur Volker Schlöndorff. Er hat in den 60er Jahren die jungen Wilden der „Nouvelle Vague“ als Filmassistent miterlebt. Godard sei einer, „der konnte nicht anders“: „Er lebte in seiner eigenen Welt. Er war nicht kommunikativ. Er lebte von und für das Kino.“

    Aber ist er ab jetzt einfach ein Klassiker unter anderen Klassikern? Der Kulturtheoretiker und Autor Klaus Theweleit glaubt das nicht, er wünscht sich nur mehr Mut bei neuen Produktionen: „Die Filme, die man heute sieht, sind ja nicht schlecht gemacht. Das sind perfekt gemachte Filme, aber wir kennen eigentlich alles, was wir angeboten bekommen.“ Was wir jetzt im Kino oder auf Streaming-Plattformen gezeigt bekommen, sei immer „auf’s Auge gehauen“.
    Die Art von Kino, die Godard gemacht habe, nennt Theweleit: „Was man mit Augen nicht sehen kann. Godard gibt uns Einblick in verborgene Realitäten.“

    Mehr zum Thema Filme bei "Was geht - Was bleibt?" findet ihr hier: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/globalisierung-auf-dem-filmmarkt-wo-bleibt-deutschland/swr2/10624499/

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    Host: Kristine Harthauer
    Redaktion: Kristine Harthauer und Max Bauer

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  • Tinder wird zehn: Freiere Liebe oder profaner Konsum?

    Swipen und matchen - Die beliebteste Dating-App feiert ihren 10. Geburtstag: Tinder hat das Onlinedating zum Massenphänomen gemacht. Wie hat sich unsere Liebe dadurch verändert?

    Das Computer-Dating hat schon in den 1960er Jahren begonnen, wie uns der Historiker Michael Homberg erzählt. Da hat man einen elaborierten Fragebogen ausgefüllt, den ein Computer eingelesen hat. Damals galt noch: Je mehr Übereinstimmungen, desto besser!

    Und auch wenn das Onlinedating mehr Freiheiten gebracht hat: Der Partner wird zur Ware und die Liebe zu einer Konsumform. Die Sozialpsychologin und Paartherapeutin Johanna Degen beschreibt das Phänomen der "Tinder fatigue": "Man erlebt sich selber als ein Produkt auf einem Markt und das schreibt sich in die Beziehung fort." Im Moment überwiege der Stress. Und in Zukunft? "Das geht erstmal neoliberal-kapitalisitisch weiter. Die Erschöpfung ist da nicht: Oh, wir gehen offline daten. Sondern sie führt zu: Wann kommt eine bessere App?"

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    Moderation: Max Knieriemen
    Redaktion: Philine Sauvageot

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  • Mythos Italien: Spott oder Verehrung?

    "Spätestens seit Goethe ist Italien für Deutsche eine Projektionsfläche, ein Ort, wo Sehnsüchte wahr werden“, sagt Alessandro Melazzini, Regisseur, Filmproduzent und Italiener. Seit 23 Jahren lebt er in Deutschland. Italienische Kultur ist hier sehr präsent. Das hat mit den Gastarbeitern der Nachkriegszeit zu tun, und mit der deutschen Faszination für Italien als Urlaubsziel. Deutschland ist voller italienischer Modegeschäfte, Restaurants und Eisdielen, die „nicht nur Eis verkaufen“, so Melazzini, „sie verkaufen auch die Versprechung, näher zu Italien zu sein“.

    Auch immer mehr deutsche Bands singen auf Italienisch oder versuchen italienisch zu klingen: Wanda, Roy Bianco und die Abbrunzati Boys oder Sportfreunde Stiller. Ist das Kulturelle Aneignung? Der Journalist Jens Balzer hat gerade ein Buch über die „Ethik der Appropriation“ geschrieben und versucht eine Antwort.

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    Host: Giordana Marsilio
    Redaktion: Giordana Marsilio und Max Knieriemen

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  • Genderfluide Mode: Männer mit Röcken und Perlenketten als Zeichen des Identitätswandels?

    Erst waren es Pastelltöne und lackierte Fingernägel, zunehmend eigenen sich Männer auch Perlenketten und Röcke an. Längst nicht mehr nur Brad Pitt und Lars Eidinger tragen Kleider, die früher alleine Frauen vorbehalten waren - und das wirkt in die Gesellschaft.

    Und auch Harry Styles - eines der Role-Models der Generation Z - singt klar: „Ihr wisst, es ist nicht mehr so, wie es war.“ Gerade bei den ganz Jungen herrscht ein viel weicheres und fluideres Männlichkeitsbild vor als wir es gewohnt sind, sagt Carl Tillessen, Trendanalyst vom Deutschen Mode-Institut: „Das ist etwas, was diese Generation wirklich mit in die nächsten Jahrzehnte hineintragen wird.“

    Allerdings ist dieses fluide Männlichkeitsbild noch längst kein Massenphänomen, sagt die Kunsthistorikern Anne Söll: „Solange Herr Habeck nicht mit lackierten Fingernägeln in den Tagesthemen auftritt, haben wir hier es mit keinerlei großem Wandel zu tun.“

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    Host: Christian Batzlen
    Redaktion: Christian Batzlen und Max Knieriemen

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  • Rückgabe von Raubkunst: Dekolonisierung oder reine Symbolpolitik?

    „Wir haben uns angewöhnt, dass wir uns holen, was wir brauchen und das auch von anderen Kontinenten. Das geht nicht mehr, das führt unseren Planeten in die Katastrophe“, sagt der Historiker Jürgen Zimmerer.

    Er ist Professor für Globalgeschichte mit Schwerpunkt Afrika an der Uni Hamburg. Für uns ordnet er ein, wie die Kolonialzeit und das Ausbeuten von Regionen im Globalen Süden mit dem Klimawandel zusammenhängen und erklärt, warum es so lange gedauert hat bis zur Rückgabe von Raubkunst aus Afrika.

    Einer der bekanntesten Fälle sind die Benin-Bronzen. Frankreich und Deutschland haben sich vorgenommen die Kunstwerke zurück zu geben. Aber wie kamen die wertvollen Bronzen überhaupt nach Europa?

    Darüber sprechen wir mit Amina Aziz. Sie hat die Geschichte für den ARD-Kulturpodcasts „Akte: Raubkunst?“ recherchiert und schildert den gewaltvollen Weg einiger Benin Bronzen aus dem heutigen Südwesten Nigerias nach Deutschland. „Britische Soldaten haben Benin City auf brutalste Weise eingenommen, sie haben Dörfer und Städte niedergebrannt und den Palast geplündert. Und sie waren stolz darauf, wie wir von Fotos wissen.“
    Noch mehr Informationen zum Thema gibt es im Podcast „Akte: Raubkunst“ von ARD Kultur. Zu hören ist diese Serie, unter anderem, in der ARD Audiothek.

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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Max Knieriemen und Kristine Harthauer

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  • Der Fall Patricia Schlesinger: Wie muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern?

    Die Kontrollgremien der Rundfunkanstalten müssen besser ausgestattet werden, meint der Medienjournalist Stefan Niggemeier.

    Im Fall um die scheidende RBB-Intendantin Patricia Schlesinger stehen Vorwürfe von Vetternwirtschaft im Raum. Das befeuert die Debatte um bessere Kontrolle, aber auch die Grundsatzdebatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Allerdings muss die Antwort darauf nicht unbedingt lauten "weniger Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk". Das erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin Christiane Eilders in dieser Folge.

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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Pia Masurczak und Max Knieriemen

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  • Wir gehen in die Sommerpause

    Der Podcast geht in eine Sommerpause. Wir holen kurz Luft und Energie, und machen dann bald weiter mit Zeitgeist, Debatten und Kultur.

    Bis dahin könnt ihr die vergangenen Folgen aufholen, falls noch nicht geschehen - denn unsere Themen bleiben relevant!

    Abonniert uns in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.

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  • Kartoffel-Streit um Ferda Ataman: Schadet Identitätspolitik der Debattenkultur?

    Das Schimpfwort „Kartoffel“ irritiere viele Deutsche, weil sie es als Teil der Mehrheit nicht gewohnt seien, mit gruppenbezogenen Schimpfwörtern bedacht zu werden. Das erklärt der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch. Anders als ein klassisches Schimpfwort, zum Beispiel „Arschloch“, würdigt „Kartoffel“ eine ganze Gruppe von Menschen herab. Die Debatte ist hochgekocht, im Zuge der Wahl von Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragten der Bundesregierung. Ataman hatte sich in einem Blogbeitrag mit dem Gebrauch des Schimpfworts auseinandergesetzt, eine Vielzahl an Kritikern hatte ihr das zum Vorwurf gemacht. Eine von vielen Debatten, die identitätspolitisch angeheizt, die eigentliche Sache aus dem Fokus zu verlieren drohen. Andrea Römmelin erklärt im Podcast, warum das nicht nur schlecht ist für die Debattenkultur.

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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Max Knieriemen und Daniel Stender

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  • Globalisierung auf dem Filmmarkt: Wo bleibt Deutschland?

    Der Filmmarkt ist heute globaler denn je. Schon längst produziert selbst Hollywood viel mehr für die Welt als für den amerikanischen Markt. Wir gehen der Frage nach, wie sich Deutschland in diesem Spiel positioniert. Filmkritiker Wolfgang M. Schmidt erklärt, wie sich die globale Filmlandschaft in den letzten Jahren gewandelt hat. Christoph Müller von Constantin-Film und Fabian Gasmia von Seven Elephants schildern wie sich deutsche Produzenten darauf einstellen.

    Mehr zum Thema Filme bei "Was geht - Was bleibt?" findet ihr hier: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/jean-luc-godard-ist-tot-stirbt-mit-ihm-das-kino/swr2/10819019/

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    Host: Jan Tussing
    Redaktion: Max Knieriemen und Jan Tussing

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  • Antisemitismus: Die Desaster-Documenta

    Monatelange Warnungen und Debatten und dann ist es genauso gekommen: Antisemitische Abbildungen auf der Documenta. Der Schaden für die weltweit wichtigste Kunstausstellung ist enorm. Zu allem Überfluss fehlt eine Person, die klar die Verantwortung übernimmt, sagt Jan Tussing im Podcast. Außerdem erklärt Andrea Geier, Kulturwissenschaftlerin von der Uni Trier, die vertrackte Geschichte des Antisemitismus in antikolonialen Kontexten.

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    Host: Philine Sauvageot
    Redaktion: Max Knieriemen, Pia Masurczak und Philine Sauvageot

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  • Debatte um LaMDA – Haben Algorithmen Gefühle?

    Google-Mitarbeiter Blake Lemoine wurde suspendiert, weil der Chatbot LaMDA aus seiner Sicht ein eigenes Bewusstsein entwickelt hat. Er fordert: LaMDA müsse weiteren Experimenten zuerst zustimmen.
    Das wirft weitreichende ethische Fragen auf, denn wenn Algorithmen leiden, folgt eine moralische Verpflichtung das zu unterbinden.
    Kognitionsforscher Thomas Metzinger führt ein in die Debatte und Literaturwissenschaftler Philipp Theison erklärt wie Science Fiction-Autoren hier schon viele Fälle durchgespielt haben.
    Weiterhören nach dem Podcast:
    Thomas Metzinger in der SWR2 Aula über tierisches und menschliches Leiden:
    https://www.swr.de/swr2/wissen/aexavarticle-swr-49688.html
    Weiterlesen nach dem Podcast:
    Philipp Theison empfiehlt diese Romane, um die Thematik besser zu durchdringen:
    William Gibson: Neuromancer, 368 Seiten, Klett-Kota, 2022 (3. Aufl.).
    Ted Chiang: The Lifecycle of Software Objects, auf Deutsch: Der Lebenszyklus von Software-Objekten. Erschienen in: Das wahre Wesen der Dinge, 284 Seiten, Golkonda Verlag, 2014.
    Rudy Rucker: The Ware Tetralogy, auf Deutsch sind nur die beiden ersten Teile erschienen: Software und Wetware, als E-Book erhältlich bei Heyne.
    Daniel Suarez: Daemon, Bd.1: Die Welt ist nur ein Spiel, 640 Seiten, Rowohlt , 2011.
    Daniel Suarez: Daemon, Bd.2: Darknet, 480 Seiten, Rowohlt , 2011.
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    Host: Max Knieriemen
    Redaktion: Max Knieriemen und Pia Masurczak

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SWR Kultur