Im Konzert steht sie meist für sich: Die Ouvertüre aus Beethovens „Musik zu Goethes Trauerspiel Egmont“ op. 84.
Als Musikstück der Woche hören Sie das Werk mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR unter Michael Sanderling.
Klangvolle Beziehungsfragen
Martialische Mollakkorde eröffnen die Ouvertüre, leise antworten Legato-Linien, sie fallen ab und Tremoli beenden die langsame Einleitung. Dann lässt Beethoven die Zügel los und der schnelle Allegro-Teil prescht los. Die Musikwissenschaft führt und führte die schönsten Diskussionen über die Bedeutung dieser Musik und ihr Verhältnis zu Goethes Schauspiel.
Was wird hier musikalisch ausgetragen? Führen die Motive Figuren ein? Klingt hier die Unterdrückung der Niederländer durch die Spanier? Oder ein Charakterbild des Helden und Menschen Egmont? Beschreibt die Ouvertüre eine Zusammenfassung oder doch eine Vorgeschichte? Für all das gibt es Indizien, doch die Ungereimtheiten überwiegen.
Harmonie der Künste
1788 kritisiert Friedrich Schiller Goethes Vorhaben noch als einen „salto mortale in die Opernwelt“. Der Zusammenklang des Schauspiels mit Beethovens Musik stößt bei Zeitgenossen jedoch auf große Begeisterung.
Und der Dichter und Musikkritiker E. T. A. Hoffmann notiert 1813 nach einer Egmont-Aufführung: „Jeder Ton, den der Dichter anschlug, klang in seinem [Beethovens] Gemüte wie auf gleichgestimmter, mitvibrierender Saite wider.“
Beethovens Musik als kongeniale Ergänzung zu Goethes Schauspiel – so sehen es die Zeitgenoss*innen. Doch letztendlich hat Beethovens Egmont-Musik ein Schicksal ereilt, das heute fast alle Werke aus dem Bereich Schauspielmusik teilen: Sie überleben nur separat, als Ouvertüren oder Orchestersuiten. In die Programme der Orchester und Konzerthäuser schafft es aus Beethovens Musik zu Goethes Trauerspiel nur noch die Ouvertüre.