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Daniel de Visé: King of the Blues: B.B. King

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AUTOR/IN
Johannes Kaiser
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Sebastian Kiefl

Er war wirklich der King des Blues: Zu B.B. King sahen alle ehrfürchtig hoch. Ob Rockmusiker, Soulsängerinnen, Jazzgrößen, oder sogar Popgrößen – sie alle haben ihn verehrt und auch von ihm gelernt, viele sogar mit ihm zusammengespielt. Er war in den USA der erste, der die Gitarre zum Leadinstrument machte. Seine Bedeutung für die populäre Musik Amerikas war riesig, wie die sehr ausführliche und flott geschriebene Biografie des amerikanischen Journalisten Daniel de Visé an zahllosen Beispielen nachweist.

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King of the Blues

B.B. King wurde zu Amerikas King of the Blues, daran lässt die mit fast 700 Seiten sehr umfangreiche und faszinierende Biographie des amerikanischen Journalisten Daniel de Visé keinerlei Zweifel.

Riley King, so sein Geburtsname, wurde 1925 in einem kleinen Ort im US-Bundesstaat Mississippi geboren und wuchs in bitterer Armut auf. Seine früh verstorbenen Eltern und seine Verwandten verdienten sich ihren kargen Lebensunterhalt als schlecht bezahlte schwarze Pächter weißer Landbesitzer. Sie bauten Baumwolle an und so wurde auch Riley Baumwollpflücker.

Angst vor den Weißen

Ausführlich beschreibt der Autor diese Kindheit in einem von Rassismus tief getränkten Südstaat, in dem Schwarze keinerlei Rechte hatten, wie Untermenschen behandelt wurden, Lynchjustiz stattfand und nie geahndet wurde.

Man liest diese Beschreibungen mit angehaltenem Atem. Man liest, wie zynisch, menschenverachtend und brutal die Rassenpolitik in den USA noch in den fünfziger und sechziger Jahren war. B.B. King hatte Zeit seines Lebens Angst vor den Weißen. Er hat sich wohl deshalb auch nie politisch engagiert, die Bürgerrechtsbewegung allerdings indirekt finanziell unterstützt.

Liebe zur Gitarre

Musikalisch geprägt haben den jungen Riley die Gesänge der Schwarzen bei der Arbeit auf den Baumwollfeldern und in den Kirchen. Schon früh verliebte er sich in die Gitarre und unternahm alles, um in den Besitz eines Instruments zu kommen.

An schwarzen Vorbildern fehlte es nicht. Es folgten erste Auftritte und er trat in einer kleiner Musikshow in einer Radiostation in Memphis auf, die sich bewusst an die bis dahin von Radiosendern vernachlässigte schwarze Bevölkerung wandte. Und hier bekam er auch seinen Namen B.B. King, der Legende nach eine Abkürzung von Blues Boy.

B.B. King bei einem Auftritt in Paris (Foto: IMAGO, IMAGO / Philippe Gras)
Personifizierung des Instruments: B.B. King nannte seine Gibson L 30-Gitarre Lucile.

Geldprobleme

Seine Radiosendungen verschafften ihm Engagements in den schwarzen Clubs und Saloons den Südstaaten. Ununterbrochen tourte er, was ihm zwar gutes Geld einbrachte, er verlor vieles davon aber gleich wieder, denn der Gitarrist war Zeit seines Lebens spielsüchtig.

Das brachte ihm viel Ärger mit den amerikanischen Steuerbehörden ein. Doch Gelddisziplin war ihm fremd und er verbat sich stets eine Einmischung selbst von engsten Mitarbeiterinnen.

King ist König

Das galt bis zuletzt auch für seine jeweilige Band. B.B. King war der Chef, Widerspruch duldete er nicht und wer aufmuckte, wurde aus der Truppe geworfen, egal wie gut er musikalisch war.

Gleichzeitig ist erstaunlich, wer alles im Laufe seiner langen Karriere mit ihm zusammenspielte. Dazu gehörten Jazzmusiker wie Charles Lloyd, John McLaughlin und George Duke, ebenso wie Rockgitarristen wie Johnny Winter oder Schlagzeuger Phil Collins und Klavierspieler Dr. John, bis hin zu Bono von U2. Mit Eric Clapton nahm er sogar ein ganzes Album auf.

B.B. King als Gitarren-Pionier

Sein elektrisches Gitarrenspiel hat, so der Autor, eigentlich alle Gitarristen, egal aus welchem Genre, beeinflusst. Er war im Prinzip der erste, der die Gitarre in den USA zum Leadinstrument machte. De Visé schreibt:

In der Nacht, in den B.B. seine Gibson L 30 vermenschlichte und ihr den Namen Lucile gab, schubste er die populäre Musik in die Zukunft. Wo andere Gitarristen Tonleitern und Akkorde und Arpeggios vernommen hatten, hörte B.B. eine Stimme. ‚Ich wollte einen Ton so lange halten wie ein Sänger‘, erinnert er sich, ‚Ich wollte eine Verbindung herstellen zwischen meiner Gitarre und menschlichen Gefühlen.‘“

Auf dem neusten Stand

Daniel de Visé erzählt B.B. Kings langsamen Aufstieg zum unbestrittenen König des Blues mit vielen Anekdoten und Hintergrundgeschichten. Er zeichnet nach, wie sich B.B. stets den neusten Musikrichtungen zuwandte, egal, ob es Soul, Rock&Roll, Pop, Funk oder Rock war.

Er war der erste schwarze Bluesmann, der nach der afroamerikanischen Gemeinschaft auch ein riesiges weißes Publikum für sich gewann. Die renommiertesten Folk- und Jazzfestivals luden ihn wiederholt ein.

Kläglisches Ende

Der Autor endet mit der etwas ermüdenden Aufzählung der geradezu zahllosen Ehrungen, mit denen B.B. am Lebensende überhäuft wurde und seinem eher kläglichen Ende.

Das wurde überschattet von schlimmen Erbstreitigkeiten, denn B.B. hatte über ein Dutzend Kinder – eigentlich eine Unmöglichkeit, wie der Autor schreibt, denn der Bluesmusiker war schon seit jungen Jahren wegen schwerer Erkrankungen unfruchtbar. Auch wenn B.B. darüber nie redete, akzeptierte er dennoch die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht leiblichen Kinder, einen DNA Test lehnte er stets ab.

Sex als Kompensation

‚Er war zu einer Zeit auf die Welt gekommen, als Schwarze kein Geld hatten und kein Land besaßen‘, erinnert sich B.B’s langjähriger Assistent Stafford Davis. ‚Kinder waren eine Art Wohlstand‘, ein Faktor, den B.B. nie vergaß.“

Vielleicht als Kompensation – vermutet der Autor – war B.B. von Sex geradezu besessen, schlief während seiner zahllosen Touren mit unendlich vielen Frauen, ließ sogar in den Hotels, in denen er abstieg, extra Zimmer für seine Groupies reservieren, um nachts eine nach der anderen zu besuchen.

Nicht zuletzt solche wenig schmeichelhaften Geschichten machen die Qualität dieser Biographie aus: sie verschweigt nichts. Doch das schmälert B.B. Kings Vermächtnis nicht. Er war, daran lässt Daniel de Visé keinerlei Zweifel, tatsächlich der unumstrittene König des Blues.

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