SWR Bestenliste

Die SWR Bestenliste empfiehlt seit 50 Jahren verlässlich monatlich zehn lesenswerte Bücher, unabhängig von Bestsellerlisten. Nicht die Bücher, die am häufigsten verkauft werden, bestimmen die Liste, sondern eine Jury, bestehend aus 30 namhaften LiteraturkritikerInnen, wählt die Bücher aus, denen sie möglichst viele LeserInnen wünscht.

Platz 1 (78 Punkte) Nadja Küchenmeister: Der große Wagen

Jeder Mensch ist ein komplexes System aus Erfahrungen, Erinnerungen und Gegenwart. Küchenmeisters Poem ist ein schwebender Text, der die Schauplätze ansatzlos wechselt und seiner eigenen Logik folgt.

Platz 2 (68 Punkte) Antje Rávik Strubel: Der Einfluss der Fasane

Hella Karl ist 50 Jahre alt und die Feuilletonchefin einer bedeutenden Berliner Tageszeitung. Als sich ein Theaterintendant das Leben nimmt, dem Hella Machtmissbrauch vorgeworfen hat, gerät ihr Leben ins Wanken.

Platz 3 (51 Punkte) Jonathan Lethem: Der Fall Brooklyn

Ein Porträt von Brooklyn und ein Wimmelbild quer durch die Jahrzehnte. Lethem collagiert Prosaminiaturen und etwas längeren Erzählungen. Manchmal nostalgisch, nie verklärend – und exzellent geschrieben.

Platz 4 (50 Punkte) Martin Mosebach: Die Richtige

Porträt eines Künstlers und eine gewagte Parodie auf Künstlerklischees zugleich: Der Maler Louis Creutz ist egomanisch und genial. Astrid, sein Modell, ist attraktiv und geschmeichelt von seinen Avancen. Dahinter geht es um Macht.

Platz 5 (48 Punkte) Annett Gröschner: Schwebende Lasten

Die Blumenbinderin und Kranführerin Hanna Krause wurde 1913 in Magdeburg geboren und stirbt Mitte der 1990er Jahre. Dazwischen ein ganzes Leben, Diktaturen, Weltkriege. Annett Gröschner schreibt auf, was sonst unerzählt bleibt.

Platz 6 (44 Punkte) Tarjei Vesaas: Frühlingsnacht

Zwei Geschwister, die eine Nacht lang allein zu Hause sind. Eine Gruppe von Fremden, die vor der Haustür steht und um Einlass bittet. Aus dieser Konstellation entwickelt Vesaas ein dunkles Kammerspiel von buchstäblich unheimlicher Qualität.

Platz 7 (43 Punkte) Yasmina Reza: Die Rückseite des Lebens

Yasmina Reza hat zahlreichen Gerichtsprozessen als Beobachterin beigewohnt. Sie schreibt darüber so sachlich und nüchtern, dass alles noch viel fürchterlicher wird, als es ohnehin schon ist. So wird das Tragische und Komische der Welt offenbart.

Platz 8 (34 Punkte) Schreibheft. Zeitschrift für Literatur Nr. 104

Seit 1982 gibt Norbert Wehr das „Schreibheft“ heraus. Die neueste Ausgabe, die 104., enthält unter anderem Beiträge von Bjørn Aamodt und Jan Kjærstad; außerdem gibt es Texte von Jan Kuhlbrodt, Ann Cotten und Rosemarie Waldrop.

Platz 9 (31 Punkte) Christoph Hein: Das Narrenschiff

Noch einmal der große Wurf: Christoph Hein ist kürzlich 81 Jahre alt geworden. In diesem 750 Seiten starken Roman erzählt er anhand von drei Generationen die Geschichte der DDR von ihrer Gründungszeit bis zu ihrem Zerfall

Platz 10 (30 Punkte) Karl Ove Knausgård: Die Schule der Nacht

Die Fortsetzung des „Morgenstern“-Zyklus. Es geht um einen Narzissten, der der Kunst alles opfert und ohne Rücksicht auf Verluste agiert. Am Ende wird er tief fallen. Ein „finsteres und unangenehmes Buch“, sagt der Autor selbst.

Diskussion über vier Bücher SWR Bestenliste Mai mit Büchern von Nadja Küchenmeister, Yasmina Reza, Antje Rávik Strubel und Martin Mosebach

Einigkeit bei Reza, Dissens bei Mosebach – Cornelia Geißler, Beate Tröger und Denis Scheck diskutierten in der Heidelberger Stadtbibliothek vier auf der SWR Bestenliste im Mai verzeichneten Werke. Auf dem Programm standen: Nadja Küchenmeisters Langgedicht „Der Große Wagen“ (Schöffling), Antje Rávik Strubels Roman „Der Einfluss der Fasane“ (S. Fischer), Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ (dtv) und Yasmina Rezas Kurzprosa „Die Rückseite des Lebens“ (Hanser).
Es geht in den Büchern um Erinnerungsschichten, die sich übereinanderlegen und ein Innehalten einfordern, um Sinnkrisen in mediale Erregungswellen, um das sprachgemalte Portrait eines übergriffigen Kunstmalers und um existentielle Kippmomente, die zu einem Verbrechen oder zur Erkenntnis führen.
Die Jurymitglieder lobten einhellig die Sprachkunst Yasmina Rezas, die sich im genauen Beobachten und in der literarischen Offenheit gegenüber den Eigenheiten auf der „Rückseite des Lebens“ zeigt. Äußerst kontrovers wurde Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ diskutiert. Denis Scheck ist von der Sprachmacht des Autors begeistert, die ihn an Thomas Mann erinnere. Beate Tröger und Cornelia Geißler kritisieren den „altbackenen“ Stil Mosebachs, in dem eindimensionale und regressive Frauenfiguren geschildert werden.
Während Strubels Mediensatire „Der Einfluss der Fasane“ als satirisches und nicht durchweg überzeugendes Nebenwerk der Buchpreisträgerin einsortiert wurde, fand die Jury bei der Analyse der formschönen Lyrik Nadja Küchenmeisters wieder zusammen. In „Der Große Wagen“ geht es nicht nur um ein literaturberühmtes Sternbild, sondern auch um die Frage, wie die Sprache im sich ständig drehenden Erinnerungskreislauf zum Fixstern werden kann.
Aus den vier Büchern lasen Isabelle Demey und Dominik Eisele. Durch den Abend führte Carsten Otte.

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Persönliche Empfehlung aus der Bestenliste-Jury Christoph Schröder empfiehlt Graham Swift: Nach dem Krieg. Zwölf Erzählungen

Mitglied der SWR Bestenliste-Jury Christoph Schröder empfiehlt Graham Swift: Nach dem Krieg. Zwölf Erzählungen

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