Neues KI-Feature flutet die Selfie-Kanäle
Die beste Freundin im Weltraum-Anzug oder als futuristische Märchenfee: Solche fantasievollen Selfie-Avatare fluten gerade Instagram. Die App Lensa hat sie erstellt. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz kreiert sie digitale Porträts ihrer Nutzer*innen.
Die laden dafür 10 bis 20 Selfies in die App. Heraus kommen digitale Porträts, die nach Science Fiction und Anime aussehen – originelle Werke, die auch von einem Digital Artist hätten stammen könnten.
Gar nicht gratis
Der Service ist nicht kostenlos. Userinnen bezahlen mindestens vier Dollar, um in der Testversion ein Set von 50 KI-Selfies von sich zu generieren.
Viel Geld eigentlich, wenn man bedenkt, dass die App ihre Datensätze gratis bezieht. Lensa basiert auf Stable Diffusion, einem Open Source-Bildergenerator, der für alle frei zugänglich ist.
Lensa ist der neueste Hype um einen KI-Grafikgenerator nach Dall-E. Es scheint der erste KI-Hype zu sein, der sich in der breiten Masse durchsetzt – und er versetzt die digitale Kunstwelt in Aufregung.
Alles nur geklaut?
Denn damit die künstliche Intelligenz überhaupt lernt, diese originellen Ich-Kunstwerke zu generieren, muss man sie mit einer gigantischen Datenmasse füttern. Diese Datenmasse besteht aus Milliarden von – teilweise privaten – Bildern, die sie im Netz findet: Kunstwerke, Fotos, Grafiken, Comics, Zeichnungen, Animationen.
Das Problematische an der ganzen Sache: Diese Bilder gehören der App nicht. Die Urheber*innen sind unzählige Fotografen, Künstlerinnen, Designer*innen und Zeichner. Von den Betreiberinnen der App Lensa bekommen sie keinen Cent dafür, dass die App auf Grundlage ihrer Werke ein profitables Geschäftsmodell entwickelt hat.
Schlimmer noch: Die Künstler*innen haben nicht einmal zugestimmt, dass die KI ihre Werke verwendet. Auch gibt es kaum Möglichkeiten, sich dem Gebrauch zu widersetzen.
Die Angst, dass KI die echte Kunst ersetzt
Der Hype um die KI-App Lensa heizt eine Debatte an, die schon länger schwelt. Es ist die Frage, ob Kunst austauschbar ist und ob künstliche Intelligenz die reale Künstlerin eines Tages ersetzt.
Das Onlinemagazin TechCrunch berichtet von einer früheren Version von Stable Diffusion, die es der KI sogar ermöglichte, gezielt einen eigenen, vermeintlich unverwechselbaren Stil eines bestimmten Künstlers nachzuahmen.
So konnte die KI in einem irrsinnigen Tempo endlos neue Pseudo-Kunstwerke eines Künstlers generieren. „Was ist in einem Jahr?“, zitiert TechCrunch den weltweit bekannten Digital Artist Greg Rutkowski, Schöpfer des Fantasyspiels Dungeons und Dragons, in Bezug auf die Entwicklung: „Womöglich werde ich meine Kunst nicht mehr wieder finden, weil das Internet geflutet sein wird mit KI-Kunst“.
Im Netz formiert sich der Widerstand
Welche Konsequenzen die künstliche Intelligenz für Künstler*innen tatsächlich haben könnte, ist kaum abzusehen. Die Technologie steht noch am Anfang ihrer Entwicklung.
Doch schon jetzt gehen immer mehr User*innen in die Gegenoffensive. Auf Instagram und Twitter warnen sie vor den desaströsen Folgen, welche die KI für Kunstschaffende haben könnte.
Künstliche Intelligenz sei nicht harmlos, sondern räuberisch, schreibt etwa die Künstlerin Jenny Yokobori auf Twitter und fügt hinzu: „Unterstützt echte Künstler!“