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ZEIT-Autorin Katja Berlin will mit ihrem Buch die kommunikative Macht der AfD brechen

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INTERVIEW
Wilm Hüffer

Mit ihrem Buch „Was Rechtspopulisten fordern“ versucht die ZEIT-Autorin Katja Berlin, die mit ihren „Torten der Wahrheit“ bekannt geworden ist, der AfD kommunikativ etwas entgegenzusetzen. Die Grafiken in ihrem Buch seien visualisierte Kommentare, eine Art Meinungskolumne, so Berlin.

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Der AfD in den Sozialen Medien etwas entgegensetzen

Dabei gehe es ihr darum, nicht nur empört zu sein oder wütend. Stattdessen versuche sie immer, einen kleinen Witz reinzumogeln, um uns ein bisschen zu entspannen.

Ich glaube, ein bisschen Humor brauchen wir auch, wenn es um die AfD geht.

Ein Grund, warum sie das Buch gemacht habe sei, dass die AfD sehr stark in den sozialen Medien vertreten ist. Ihr Buch funktioniere ähnlich wie die sharepic-files der Partei. Leute könnten ihre Grafiken benutzen, um sie zu posten und weiterzuverbreiten. Damit wolle sie der AfD kommunikativ etwas entgegensetzen.

Widersprüche der Partei zeigen sich in Tortendiagrammen

Gleichzeitig weist Berlin auf die Widersprüche der AfD hin. So verachte die Partei einerseits den Mainstream, aber auch die Minderheiten. Auch seien die Parteivertreter sehr stark im Austeilen, aber wenn es darum gehe einzustecken, seien sie relativ schnell weinerlich.

Bei ihrer Arbeit an dem Buch sei ihr aufgefallen, dass sie sehr häufig zweigeteilte Tortendiagramme genutzt habe, um genau diese Widersprüche aufzugreifen, so Berlin.

Katja Berlins Ziel: Deutliche Worte finden

Zwar mache sie Witze über die AfD, „aber ich bin sehr direkt in dem was ich über die AfD sage und denke“. Das spiegele sich in ihren Grafiken.

„Ein großer Teil der Menschen, die AfD wählen, haben ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild und darauf muss man hinweisen. Und nicht sagen: Ja, das sind alles nur besorgte Bürger oder so.“

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Gefahr für die Demokratie Neue Mitte-Studie 2023: Alarmierende Normalisierung von rechtsextremen Haltungen

Die Zahl derjenigen, die ein geschlossen rechtsextremes Weltbild besitzen, habe sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, sagt Beate Küpper, Sozialpsychologin und Mitautorin der "Mitte-Studie 2023" der Friedrich Ebert Stiftung. Das sei ein massiver Anstieg und hinzu kommen weitere zwanzig Prozent der Befragten, die sich in einem Grau-Bereich befänden, also den Aussagen der Studie weder zustimmen, sie aber auch nicht ablehnen, so die Mitautorin der Studie.
Besonders bei den Wählern der AfD sei ein rechtsextremes Weltbild sehr stark verbreitet, sodass man davon ausgehen müsse, dass die Wählerinnen und Wähler ausdrücklich das meinen und wählen was die Partei ihnen als Themen anbiete. Auch umgekehrt muss man sagen, dass die AfD die Themen vertritt, die den Einstellungen ihrer Wählerschaft entsprechen und das wären insbesondere Fremdenfeindlichkeit und Nationalchauvinismus, sagt Beate Küpper und warnt davor, die Zustimmung zur AfD als Protest anzusehen.
Zu dem eklatanten Anstieg in der Zustimmung zu rechten Haltungen meint Küpper: "Ich gehöre nicht zu denjenigen, die alarmistisch unterwegs sind, aber ehrlich gesagt, bereitet mir das Sorgen, vor allem wenn wir uns den großen Graubereich ansehen. Hier müssen wir leider sehen, dass wir es mit einer Normalisierung zu tun haben, bei der Menschen nicht mehr erschrecken, wenn sie antidemokratische Positionen hören oder sie mit Abwertung, Hass und Hetze konfrontiert sind." Die Normen der Grundwerte einer Demokratie, die auf Empathie, Akzeptanz und Toleranz beruhen, würden dadurch aufgelöst.
Politisch sei jetzt "Schutz, Einbindung und Rückendeckung für diejenigen geboten, die unmittelbar bedroht sind", fordert Küpper als Konsequenz aus der Studie. Nicht die Sorgen der sogenannten "Wutbürger" ernst nehmen, sondern die Ängste derjenigen vielen, die Sorge haben, dass ihnen die "Demokratie unter den Händen zerbröselt".

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