Hommage an die französische Küche

TV-Serie: „Carême" – Der erste Starkoch der Geschichte

Stand

Von Autor/in Karsten Umlauf

Nach dem Boom der Kochshows im TV machen jetzt Serien Furore, die sich mit Kochen, Essen oder besonderen Köchen beschäftigen, etwa „Chef's Table“ oder „The Bear“. Apple TV+ reist mit einer Serie über 200 Jahre zurück, zum „ersten Starkoch der Geschichte“, der natürlich aus Frankreich stammt: Antonin Carême (Benjamin Voisin).

Als Koch vom Tellerwäscher zum Millionär

Eigentlich ist die Lebensgeschichte von Antonin Carême eine XXL-Version des alten amerikanischen Traums: vom Tellerwäscher zum Millionär. 1784 in Armut als eines von mindestens 15 Kindern geboren, schlägt er sich früh alleine durch. Er entwickelt sein unfassbares Küchen-Talent bald bei einem der bekanntesten Pariser Patissiers, Sylvain Bailly.

Aber von dem Werdegang sieht man in der Serie sehr wenig. Sie setzt da an, wo Carême schon kurz vor dem Durchbruch steht als Küchenrevoluzzer mit Sinn für Kunst und Wissenschaft, und sie inszeniert ihn als einen, der ständig auf des Messers Schneide unterwegs ist. Und die Haute Cuisine als Ausdruck französischer Identität zelebriert.

„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Paris, 19. Jahrhundert: Nach einer Kindheit in Armut beginnt Antonin Carême (Benjamin Voisin) in einem schäbigen Restaurant zu arbeiten. Bild in Detailansicht öffnen
„Carem“
Schon bald wird deutlich, dass ihn sein Talent zu Höherem beruft. Endlich sieht er eine Chance, seinem alten Leben zu entfliehen. Bild in Detailansicht öffnen
„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Antonin Carêmes Kreationen bescheren ihm die Aufmerksamkeit der High Society, nur wenige Jahre später ist er einer der gefragtesten Chefköche ganz Europas. Bild in Detailansicht öffnen
„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Der mächtige Politiker Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (Jeremie Renier) wittert eine Chance: Er möchte Antonin Carême dazu überreden, als Spion für nichtsahnende Politiker zu kochen, damit diese ihre Geheimnisse ausplaudern. Bild in Detailansicht öffnen
„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Carême lässt sich auf den Deal ein, in der Hofnung endlich zu Reichtum, Macht und Ansehen zu kommen. Bild in Detailansicht öffnen
„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Die Serie basiert auf auf der Biographie „Cooking for Kings: The Life of the First Celebrity Chef Antonin Careme” von Schauspieler und Historiker Ian Kelly. Bild in Detailansicht öffnen

Politik geht durch den Magen

Frankreich steht kurz vor einem Bürgerkrieg. Eigentlich ist Carême glühender Gegner Napoleons, der Frankreich wenige Jahre nach der Revolution allmählich in einen autoritären Polizeistaat umbaut. Aber als sein Ziehvater Bailly verhaftet wird, lässt er sich auf einen Deal mit dem verschlagenen Politiker Talleyrand ein. Der verspricht ihm zu helfen, lässt ihn kochen und seine Karriere verfolgen, verlangt aber auch, dass Carême für ihn spioniert.

„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Der mächtige Politiker Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (Jeremie Renier) wittert eine Chance: Er möchte Antonin Carême dazu überreden, als Spion für nichtsahnende Politiker zu kochen, damit diese ihre Geheimnisse ausplaudern.

Politik geht durch den Magen - Blätterteignester, Skulpturen aus Zucker und Sahne, filigrane Bauwerke, die spektakuläre Süßigkeiten verbergen. Carêmes Koch- und Backkunst führt ihn im Auftrag Talleyrands in die Küchen der Schönen, Reichen und vor allem der Mächtigen: dabei lässt er es an Selbstbewusstsein nicht fehlen und seine Rocker-Attitüde mit Strubbelhaar, dickem Ohrring und aufgestelltem Kragen verschafft ihm so manches strategisch wichtiges Liebesabenteuer.

„Careme“ von Ian Kelly und Davide Serino
Carême lässt sich auf einen Deal ein, in der Hoffnung, endlich zu Reichtum, Macht und Ansehen zu kommen.

Der Koch als eine Mischung aus Magier und Womanizer

Benjamin Voisin spielt Antonin Carême manchmal mit etwas zu selbstgewissem Charme, dennoch sieht man diesem Küchenpunk meistens mit großem Vergnügen zu. Der Serie geht es schließlich nicht zuletzt darum, das historische Frankreich als Hort der prallen Sinnlichkeit zu inszenieren. Regisseur Martin Bourbulon protzt mit einer Welt voller Farben, Gerüche, und Sex. Dekadenz und Wollust auf der einen, strenge Küchenkultur und Disziplin auf der anderen. Für die Gegensätze stehen auch zwei Frauen: Carêmes Geliebte Henriette und seine Sous-Chefin Agathe, der er sich immer mehr annähert.

Erinnerungen an den Netflix-Hit „Bridgerton“ blitzen auf

Historische Genauigkeit oder tief schürfende Charaktere sollte man von der Serie nicht erwarten, sie liegt als saftige Unterhaltungsshow näher an dem Netflix-Hit „Bridgerton“ als an dem vielschichtigen Epos „The Bear“. Aber sie ist eine Hommage an eine der prägendsten Figuren der französischen Küche. Und damit auch an eine Kultur, die ihre Köche und Patissiers am Ende vielleicht doch höher schätzt als ihre Könige, und so mit Geschmack ihren ganz eigenen „Code Civil“ entwickelt hat.

 Trailer „Carême“ auf Apple TV+

Carême — Official Trailer | Apple TV+

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