Heute beginnt in Trier die Aktion "Stadtradeln". Es geht darum, möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen. Der Verkehrsclub für Fahrradfahrer ADFC findet die Aktion gut. "Je mehr Leute mit dem Rad fahren, umso besser", so der Trierer ADFC-Vorsitzende Johannes Ulbrich.
Doch der Weg zu einer echten fahrradfreundlichen Stadt Trier sei noch lang, so Ulbrich im SWR-Interview.
SWR Aktuell: Wenn Sie Trier mit anderen Städten vergleichen: Ist Trier eine Fahrradstadt?
Johannes Ulbrich: Trier würde ich nicht als Fahrradstadt betiteln. Trier bemüht sich, eine Stadt für Fahrradfahrer zu werden, was sie mit dem Radverkehrskonzept 2025 auch anstrebt. Nur die finanzielle Lage der Stadt Trier ist doch sehr eingeschränkt. Man kann nicht aus dem Vollen schöpfen, um relativ kurzfristig die Maßnahmen, die in dem Radverkehrskonzept drinstehen, auch umzusetzen.
Neue Radwege in Trier nicht optimal umgesetzt
SWR Aktuell: Es wurden ja in den vergangenen Jahren schon mehrere Projekte für Radfahrer realisiert. Sind sie damit nicht zufrieden?
Ulbrich: Wir finden jede Verbesserung der Rad-Infrastruktur natürlich gut. Wie bei vielen Dingen steckt aber auch hier der Teufel im Detail - wie beispielsweise der neue Radweg bei Trier-Ruwer. Der ist sehr schön geworden. Doch beim Übergang zum Grüneberg hat man zwar Absenksteine gesetzt, die haben aber eine hohe Rampe. Wenn man als Radfahrer da drüberfährt, ist das nicht so angenehm. Wenn man dann noch einen Anhänger mit Kindern dabeihat, scheppert es ganz ordentlich.
Pendler-Radroute zwischen Schweich, Trier und Konz geplant
SWR Aktuell: Im Radverkehrskonzept 2025 der Stadt Trier werden viele Radfahr-Projekte genannt, die in Zukunft umgesetzt werden sollen. Welche Projekte sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten?
Ulbrich: Die Pendler-Radroute von Schweich über Trier bis nach Konz. Wenn die in naher Zukunft kommen sollte, ist das sicherlich ein guter Fortschritt für den Berufsverkehr und den Tourismus. Der Moselradweg wird dadurch deutlich aufgewertet.
Die Stadt Trier bemüht sich auch, mehr Abstellplätze für Fahrräder in der Innenstadt zu schaffen. Aber durch die große Nachfrage nach E-Bikes und Pedelecs sind diese Plätze zum Teil schon etwas knapp. Man muss ja jetzt schon suchen, wo man einen freien Platz für sein Fahrrad findet. Der Anreiz, mit dem Rad in die Stadt zu fahren lässt nach, wenn man keinen Platz hat, wo man sein Rad abstellen kann.
SWR Aktuell: Das heißt, die Stadt Trier hinkt der aktuellen Entwicklung hinterher und es dauert Ihnen zu lange, bis Projekte für Radfahrer umgesetzt werden?
Ulbrich: Das kann man wohl sagen. Ich verstehe ja, dass die finanziellen Möglichkeiten der Stadt Trier sehr schwierig sind. Das Land gibt Hilfestellungen durch verschiedene Förderprogramme und auch durch zusätzliche Stellen, die beim Landesbetrieb Mobilität speziell für den Radverkehr geschaffen worden sind.
Aber für die konkrete Planung vor Ort braucht die Stadt auch Personal und wenn man kein Geld hat, kann man kein Personal einstellen. So können Projekte nicht umgesetzt werden.
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Stellen in Trier gefährlich für Radfahrer
SWR Aktuell: Es heißt oft, Radfahren in der Trierer City sei gefährlich. Nennen Sie uns doch mal ein paar Beispiele, wo es für Radfahrer in Trier richtig riskant ist.
Ulbrich: In der Brückenstraße und Karl-Marx-Straße bis hin über die Römerbrücke. Da ist die Streckenführung für Radfahrer schon etwas kritisch. Vor allem, weil viele Autofahrer den Sicherheitsabstand beim Überholen nicht einhalten. Da fühlt man sich als Radfahrer unwohl.
Ein weiteres Beispiel ist die Aulbrücke in Trier-Weismark. Diese Engstelle ist für Radfahrer gefährlich. Da sollte eine Lösung geschaffen werden, doch die wurde auf den Sankt-Nimmerleins-Tag geschoben.
SWR Aktuell: Müsste es nicht einfach mehr Radwege in Trier geben?
Ulbrich: Wenn man eine perfekte Infrastruktur für Radfahrer umsetzt, dann ist eine sogenannte "Protected Bike Lane" das Nonplusultra - also ein ausreichend breiter Radweg, sodass sich die Radfahrer auch überholen können und mit einem Schutz zum fließenden Kfz-Verkehr.
Das Problem ist nur: Das ist in Trier nicht möglich, weil Trier eine alte Stadt ist. Ganz anders sieht das in Berlin aus. Dort gibt es breite Straßenzüge. Dort kann ich auch gut eine Fahrbahn wegnehmen.
ADFC: Tempo 30 in der Innenstadt von Trier wäre großer Schritt
SWR Aktuell: Wie kann man das in Trier denn lösen oder ist das ein Dilemma, aus dem man nicht rauskommt?
Ulbrich: Ein erster großer Schritt wäre, Tempo 30 in der Innenstadt oder in Ortschaften generell einzuführen. Somit ist die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Radfahrer und dem Kfz nicht mehr so hoch. Der Wunsch, unbedingt noch den Radfahrer zu überholen, wenn man zwei Meter weiter dann vor der Ampel steht oder an der Kreuzung warten muss, ist dann nicht mehr so groß.
SWR Aktuell: Sie fordern also nicht unbedingt mehr Radwege, sondern dass sich Radfahrer und Autofahrer die Straße teilen?
Ulbrich: Es muss ein besseres Miteinander geben. Wir haben in Trier nicht überall die Möglichkeit, überhaupt Rad-Infrastruktur zu bauen. Das könnte man machen, aber dann reiße ich ganze Häuserzeilen ab. Das ist finanziell nicht machbar und ist auch in der Praxis unmöglich.
Klar, entlang des Innenstadtrings könnte man zusätzliche Radwege schaffen. Doch an der Ostallee haben sich die Trierer ja in einem Bürgerentscheid 2017 dafür entschieden, dass ihnen das Bier in der Nacht an der Tankstelle wichtiger ist als die Rad-Infrastruktur.
SWR Aktuell: Wenn Sie in die Zukunft schauen: Wird Trier irgendwann eine echte Fahrradstadt werden?
Ulbrich: Es wird sich sicherlich etwas tun in den kommenden Jahren. Das liegt dann aber nicht nur an der Rad-Infrastruktur.
Es wird einfach keine andere Möglichkeit geben, als sich mit dem Fahrrad fortzubewegen. Nicht nur wegen der hohen Spritpreise. Das kostenlose Abstellen des Autos an jeder Ecke wird auch nicht mehr möglich sein. Der Individualverkehr mit dem Auto wird deutlich teurer.