Symbolbild zu einem Interview zum Thema Hangrutsche verursacht durch den Klimawandel

Bad Bertrich, Idar-Oberstein, Alf

Sorgt der Klimawandel für mehr Felsstürze?

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Sebastian Grauer
Foto von Sebastian Gauer, Redakteur bei SWR Aktuell im Regionalbüro Traben-Trarbach

Immer wieder kommt es zu Felsstürzen in der Region Trier. In den vergangenen Jahren haben sie sich scheinbar gehäuft. Der Klimawandel könnte ein Grund dafür sein.

Der wohl bekannteste Felssturz der vergangenen 30 Jahre ist der "Kröver Felssturz". Geologen stellten fest, dass sich bei Kröv ein Felsbrocken löste, der kontrolliert gesprengt werden musste. Am Ende ging noch mal alles gut - Rheinland-Pfalz war um ein geschichtsträchtiges Ereignis reicher.

Es gibt aber auch eine große Anzahl kleinerer Felsstürze in der Region Trier. Und diese haben sich in den vergangenen Monaten gehäuft. Sie waren mal größer wie beispielsweise in Bad Bertrich oder Oberwesel und mal kleiner wie beispielsweise in Idar-Oberstein und bei Alf.

Im SWR Aktuell-Interview haben wir den Direktor des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz, Georg Wieber, gefragt, ob es zu vermehrten Felsstürzen kommt und warum es überhaupt solche Phänomene gibt.

Georg Wieber, Direktor des Landesamtes für Geologie und Bergbau
Georg Wieber ist seit 2015 Direktor des rheinland-pfälzischen Landesamtes für Geologie und Bergbau in Mainz.

SWR Aktuell: Ist das nur gefühlt so, oder kommt es tatsächlich vermehrt zu Felsstürzen?

Gerorg Wieber: Eine generelle Zunahme von Steinschlägen und Felsstürzen ist schwierig festzustellen, da hier der Einfluss kurzfristiger Witterungsänderungen von einem über viele Jahre stattfindenden Wechsel der klimatischen Bedingungen zu unterscheiden ist. Mit dem allgemeinen Klimawandel ist auch eine Zunahme von Extremwetterereignissen und Temperaturschwankungen im Jahresverlauf verbunden. Insofern ist eine Zunahme von Steinschlägen und Felsstürzen grundsätzlich plausibel. Ein Nachweis kann erst durch die Auswertung langjähriger Datenerhebungen erfolgen.

SWR Aktuell: Warum kommt es zu Felsstürzen?

Wieber: Auf die Felswand wirkt die Verwitterung. Beispiel zu dieser Jahreszeit ist, wir hatten vor kurzem intensiven Frost. Dann sitzt in den Hohlräumen Wasser, das gefriert und taut bei wärmeren Temperaturen wieder auf. Dann findet eine Frostsprengung statt. Da werden dann immense Kräfte freigesetzt, die das Gefüge lockern. Das kann 1000 Mal gut gehen, irgendwann ist es dann soweit, dass das Stück Stein herunterollt oder der Hang abrutscht.

SWR Aktuell: Gibt es Felsen, die da besonders gefährdet sind?

Wieber: Die Problembereiche sind in den Mittelgebirgen bei uns. Da sind die Täler tief eingeschnitten. Und an der Mosel, da haben wir viel Schiefer. Das heißt, das sind feinkörnige Gesteine und wenn diese verwittern, also beispielsweise Wasser eintritt, gefriert und auftaut, kommt es da häufiger zu Massenbewegungen. Eine weitere große Rolle an der Mosel spielt das Hochwasser. Das Wasser gräbt unterhalb des Felsens das Widerlager weg, was dann zum Rutschen der Hänge führt, weil die Kräfte, die von oben wirken, gleich geblieben sind. Das ist ein ganz wichtiges Kriterium.

"Das Thema Vorsorge und Umgang mit Massenbewegungen hat eine große volkswirtschaftliche Bedeutung."

SWR Aktuell: Gibt es Schätzungen darüber, wie hoch die Schäden und Kosten der Felsstürze sind?

Wieber: Ein Überblick über die Kosten, die jährlich durch Steinschläge und Felsstürze bzw. Massenbewegungen entstehen, liegt dem Landesamt nicht vor. Allerdings ist festzustellen, dass die jährlichen Kosten sicher großen Schwankungen unterliegen. Bereits ein einzelner Felssturz kann Kosten von mehreren Millionen verursachen, wie zuletzt für die Sicherungsmaßnahmen in Kestert/Mittelrhein im Jahr 2021. Das Thema Vorsorge und Umgang mit Massenbewegungen hat eine große volkswirtschaftliche Bedeutung.

Software soll Risikogebiete analysieren

SWR Aktuell: Wie gehen Sie mit der Situation zukünftig um?

Wieber: Das Landesamt für Geologie und Bergbau dokumentiert die verschiedenen Arten von Massenbewegungen in der Rutschungsdatenbank Rheinland-Pfalz. Diese Daten gehen wiederum in ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Universität Mainz und dem LBM ein. Es handelt sich um das sogenannten MABEIS-Projekt (MABEIS = Massenbewegungs-Informationssystem Rheinland-Pfalz). Ziel dieses Vorhabens ist die Entwicklung einer Massenbewegungsgefährdungskarte als Prognosewerkzeug für die gesamte Landesfläche. Wesentliche Ergebnisse sollen noch im laufenden Jahr fertiggestellt werden. Die Ergebnisse sollen insbesondere den Verkehrsträgern wie LBM und DB AG sowie den Kommunen und deren Planern zur Verfügung gestellt werden, damit mögliche Gefährdungen durch Steinschläge, Felsstürze, Rutschungen und Muren frühzeitig bei der Planung von Straßen, Baugebieten und ähnlichem berücksichtigt werden können.

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