Nadine Jänen hat dieses Känguru im Eifeler Wald in der Nähe des Ihrenbachs gesichtet. (Foto: Nadine Jänen)

Exotisches Tier in der Eifel unterwegs

Wer kennt dieses Känguru?

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Anna-Carina Blessmann
Anna-Carina Blessmann am Mikrofon (Foto: SWR)

Eine Fußgängerin traut ihren Augen nicht, als ihr beim Waldspaziergang ein Känguru über den Weg läuft. Aber woher stammt das Tier und wie kommt es in den Wald?

An einem der heißesten Tage der vergangenen Woche schnappt Nadine Jänen aus Winterspelt sich ihre Hunde und fährt mit ihnen in den Eifeler Wald, um am kühlen Ihrenbach spazieren zu gehen.

„Da saß es dann auf einmal vor mir. Ich dachte, das ist eine Fata Morgana“, erinnert sich Jänen an ihre Begegnung mit einem Känguru im Wald. Sie kann nur ein verschwommenes Foto machen, dann bellen ihre Hunde und das Känguru springt fort.

Am nächsten Tag fährt Jänen noch einmal zu der Stelle. "Damit niemand denkt, ich hätte einen Sonnenstich", lacht sie. Und sie hat Glück: Das Känguru ist wieder da und sie kann zwei Videos des Tieres machen.

"Ich kenne mich mit Kängurus nicht aus, aber ich habe mich im Internet informiert, dass es im Wald genug Blätter und Gräser für die Tiere gibt. Es hat auf mich nicht aggressiv, sondern zufrieden und wohlgenährt gewirkt. Das Ganze ist einfach kurios."

Verdacht, das Känguru stamme aus dem Zoo

Jänen erkundigt sich und hat den Verdacht, das in Australien heimische Tier könnte aus dem nahen Eifel-Zoo Lünebach ausgebüxt sein. Also ruft sie dort an.

„Das war ein ernüchterndes Gespräch, weil ich eigentlich dachte, dass dort alle Hebel in Bewegung gesetzt werden.“ Aber die Dame am Telefon des Zoos habe ihr gesagt, das Känguru sei schon länger unterwegs und lasse sich nicht einfangen.

Auch Christian Frank, Revierleiter für Winterspelt beim Forstamt Prüm, hat bereits im Mai ein Känguru in Bleialf gesehen. Und auch in dieser Woche sei es in der Schneifel aufgetaucht. Wo es herkommt, weiß er aber nicht, sagte er dem SWR.

Zoo kennt sich mit Ausbüxern aus

Aber wie kann ein Känguru im Wald überleben? Das weiß Ken Reise aus dem Team des Eifel-Zoos Lünebach. Tatsächlich war vor gut zwei Jahren nach einem Wasserschaden ein Känguru ausgebüxt.

"Das Känguru wurde damals mehrfach gesichtet, dann aber lange Zeit nicht mehr und irgendwann haben wir die Suche aufgegeben. Das war nämlich auch die Zeit, als hier der Wolf unterwegs war. Da haben wir eins und eins zusammengezählt. Andererseits sind Kängurus sehr robuste Tiere - es könnte also sein, dass es unseres ist."

Auch aktuell sei ein Känguru ausgebrochen, aber nicht in der Eifel unterwegs, sagt der Leiter des Zoos, Markus Wallpott: "Kängurus sind Herdentiere. Deshalb bleibt unseres auch auf dem Grundstück des Zoos und läuft in der Nähe des Geheges rum. Wir werden es bald eingefangen haben."

Dass ein Känguru, das eigentlich die Hitze Australiens gewohnt ist, im Eifeler Wald rumhüpft, wundert Wallpott dennoch nicht: "Kängurus sind winterhart, die finden immer irgendwas." Die Tiere seien nicht anspruchsvoll und ernährten sich von Heu und Gras.

Waldspaziergänger müssten keine Angst haben, wenn sie einem Känguru begegnen: "Eher im Gegenteil, die hauen ab, wenn sie jemanden sehen. Die fangen auch nicht an zu boxen, wie man das aus Filmen kennt." Denn bei dem Tier in der Eifel handle es sich sicher nicht um ein Riesenkänguru, sondern um eine kleinere Art, wie etwa Bennett-Kängurus.

Private Känguru-Haltung ist nicht meldepflichtig

Wallpott vermutet, dass das in der Eifel gesichtete Tier einem privaten Halter entlaufen sei. Man dürfe Kängurus natürlich nicht im kleinen Kämmerchen halten, auf großen Weiden sei das aber durchaus möglich. Die Haltung ist allerdings nicht meldepflichtig.

Deshalb hat auch das Veterinäramt des Kreises keinen Überblick über private Halter solcher Tiere, teilte die Kreisverwaltung dem SWR mit. Dass der Kreis es aber durchaus wüsste, wenn ein Känguru entflohen wäre, zeigt ein Fall von Ende Oktober 2021.

Damals war im Kreis ein Wallaby-Jungtier entwichen und vom privaten Halter gemeldet worden. Dass es sich bei dem Tier im Eifeler Wald um dieses Känguru handelt, sei aber unwahrscheinlich.

Känguru aus Nachbarland eingewandert?

Es sei möglich, dass ein in Belgien oder Luxemburg entlaufenes Tier in das grenznahe Gebiet im nördlichen Eifelkreis eingewandert sei, so die Verwaltung. In unmittelbarer Nähe gibt es allerdings keinen Tierpark. Auch in diesem Fall ist es also möglich, dass ein unbekannter privater Halter ein Känguru vermisst.

"Gerade die Bennett-Kängurus werden in den Niederlanden und Belgien oft privat gehalten. Es kann also genauso gut sein, dass das Tier in der Eifel von dort stammt."

Das Veterinäramt und die Kreisverwaltung sehen keinen Grund, das Känguru in der Eifel einzufangen - auch ein freilaufendes Reh würde man schließlich in Ruhe lassen. Denn dem Kreis liege keine Vermisstenmeldung vor und aus tierärztlicher Sicht haben bestimmte Känguru-Arten demnach hier gute Überlebenschancen bei milden Wintern und ausreichend Nahrung.

Waldspaziergänger wie Nadine Jänen können also weiter in der Eifel nach dem Känguru Ausschau halten und darauf hoffen, ein Foto oder ein Video von einer exotischen Begegnung mitzunehmen.