Kritiker befürchten Konflikte

Kommunalwahl: In Mainz können Ministerinnen und Minister in den Stadtrat gewählt werden

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Autor/in
Golo Schlenk

Vier aktuelle Ministerinnen und Minister aus Rheinland-Pfalz wollen in den Mainzer Stadtrat einziehen. Zumindest stehen sie auf der Kandidatenliste von SPD und Grünen.

Die vier wohl prominentesten Kandidaten für den Mainzer Stadtrat sind allesamt im Kabinett von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Von der SPD sind es Finanzministerin Doris Ahnen und Innenminister Michael Ebling. Bei den Grünen stellen sich Umweltministerin Katrin Eder und Familienministerin Katharina Binz zur Wahl.

Warum wollen Landespolitiker in den Mainzer Stadtrat?

Auf der Liste der Parteien rangieren die vier eher weiter hinten. Ahnen belegt Platz 27, Ebling Platz 30, Eder Platz 47 und Binz Platz 51. Aktuell entsenden die Grünen 19 Mitglieder in den Mainzer Stadtrat, die SPD 12.

Trotzdem stellt sich die Frage, warum gut bezahlte und hoffentlich ausgelastete Politiker und Politikerinnen auch noch in ein Stadtparlament einziehen wollen, in dem es allenfalls Aufwandspauschalen in Höhe von je 239 Euro gibt.

Politiker würden Mandate für Mainzer Stadtrat annehmen

Finanzministerin Doris Ahnen sei es wichtig, "gut vor Ort verankert zu sein". Sie wolle sich weiter für die Stadt Mainz einsetzen und das Team der SPD unterstützen. Und sie sei sicher, im Falle einer Wahl auch die notwendige Zeit für die Arbeit im Stadtrat aufbringen zu können.

Auch der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling sieht in seiner Kandidatur eine Unterstützung des "tollen Teams der SPD". Die ehrenamtliche Arbeit für seine Heimatstadt sei so wörtlich eine Freude.

"Mir liegen immer noch die Belange der Stadt am Herzen."

Bei Umweltministerin Katrin Eder habe ihr Einsatz für kommunalpolitische Themen 1996 zu ihrem Einstieg in die Politik geführt. Sollte sie trotz ihres hinteren Listenplatzes 47 in den Rat gewählt werden, dann "wäre das so ein deutliches Votum, dass es eine Verpflichtung wäre, das Mandat auch anzunehmen".

Wie Familienministerin Katharina Binz ihre Kandidatur erklärt, bleibt unbeantwortet. Von der Pressestelle heißt es nur, Binz befinde sich im Mutterschutz. Presseanfragen zu ihrer Person könnten daher derzeit nicht beantwortet werden.

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Kritik kommt von den Freien Wählern

Deutliche Kritik an der Kandidatur übt die Partei der Freien Wähler. Im Fall von Innenminister Ebling spricht der Landesvorsitzende Stephan Wefelscheid von einer "politisch fragwürdigen" Kandidatur.

"Da sind Konflikte vorprogrammiert."

Ebling werde es als ehemaliger Mainzer Oberbürgermeister schwer haben, ständig die kommunalen Interessen seiner Gebietskörperschaft von denen seiner Amtszuständigkeit trennen zu können, so Wefelscheid.

Bei den Parteien geht es auch um Marketing

Dass bekannte Persönlichkeiten aus der Politik für ein Kommunalparlament wie den Mainzer Stadtrat kandidieren, sieht Wefelscheid vor allem als Marketing. "Da geht es um Personenstimmen für die Partei." Aber auch juristisch sei die Kandidatur von Ahnen, Ebling, Eder und Binz schwierig.

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Verfassungsrechtler befürchtet Interessenkonflikt

Zweifel, ob eine Stadtrats-Mitgliedschaft von Ministern juristisch einwandfrei ist, hegt auch der Mainzer Verfassungsrechtler Prof. Friedhelm Hufen von der Uni Mainz. Es bestehe "die Gefahr eines erheblichen Interessenskonflikts". So ist Ebling als Innenminister auch Chef der obersten Kommunalaufsichtsbehörde. Auch bei der Wahlrechtsgleichheit sieht Hufen Probleme, wenn bekannte Politiker ihren Amtsbonus einbrächten.

Die Entscheidung, ob rheinland-pfälzische Ministerinnen oder Minister tatsächlich im Mainzer Stadtrat sitzen, fallen Wählerinnen und Wähler bei der Kommunalwahl am 9. Juni.

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Golo Schlenk