Der rüstigen Seniorin aus Dolgesheim (Landkreis Mainz-Bingen) ist die Freude richtig anzusehen. Es kommt nicht oft vor, dass sie Besuch hat, denn die 87-Jährige lebt schon längere Zeit allein. Da sie nicht mehr gut sieht, kann sie ihre Wohnung eigenständig nicht mehr verlassen. Ein kleiner Spaziergang oder ein Besuch des Seniorennachmittages: Ohne fremde Hilfe ist das unmöglich.
Seit es das Ehrenamtsprojekt Rhein-Selz-Gefährten gibt, hat sich im Leben der Seniorin aber einiges verändert. Seit August bekommt sie jeden Dienstag Besuch von Stephanie Albrecht. Sie ist eine sogenannte "Zeitschenkerin", die sich seit einigen Monaten in dem Ehrenamtsprojekt "Rhein-Selz-Gefährten" engagiert.
Ehrenamtliche der Rhein-Selz-Gefährten verschenken Zeit
Die Rhein-Selz-Gefährten sind ein gemeinsames Projekt der Verbandsgemeinde Rhein-Selz und des Pflegestützpunktes Oppenheim. Das Konzept dahinter ist ganz einfach: Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die Zeit verschenken und auf der anderen Seite die Menschen, die sich über diese Zeit freuen. Dabei bekommt jeder Zeitschenker eine Person zugeteilt, um die er sich kümmert. "Was die Pärchen dann zusammen unternehmen, bleibt ihnen überlassen", sagt Ulrike Franz, eine der Projektkoordinatorinnen.
So gibt es beispielsweise Menschen, die sich darüber freuen, wenn man mit ihnen Karten spielt oder einen längeren Einkaufsbummel unternimmt. Und dann gibt es auch viele, vor allem Ältere, die einfach nur froh sind, wenn sie sich mal wieder mit jemandem unterhalten können.
Hinter jeder Ecke wartet eine andere Geschichte
So ist es auch bei Brunhilde Seemann. Erst seit Stephanie Albrecht jede Woche vorbeikommt, kann die Seniorin wieder durch ihren Heimatort spazieren. Und das tut ihr richtig gut. Fast hinter jeder Ecke hat sie eine neue Geschichte zu erzählen und ab und zu trifft sie sogar noch Bekannte.
Auch Stephanie Albrecht ist froh, dass sie die Seniorin durch das Ehrenamtsprojekt kennengelernt hat. Durch die gemeinsame Zeit hat sich zwischen den beiden Frauen eine richtige Freundschaft entwickelt. Und die möchten beide auch nicht mehr missen.
Knapp 30 Ehrenamtliche engagieren sich bei Rhein-Selz-Gefährten
Momentan engagieren sich knapp 30 Zeitschenker bei den Rhein-Selz-Gefährten. Wie Projektkoordinatorin Ulrike Franz noch einmal betont, dürfe das Projekt jedoch nicht mit anderen Angeboten verwechselt werden. Bei den Rhein-Selz-Gefährten ginge es darum, soziale Nähe zu schaffen. Wöchentliche Einkaufstouren, Unterstützungsleistungen im Haushalt oder andere Dienstleistungen würden nicht in den Bereich des Ehrenamtsprojektes fallen.
Bis jetzt hätten sich vor allem ältere Menschen bei ihnen gemeldet. Dabei richte sich ihr Angebot auch an Jüngere und an Familien. Auch dort gebe es Menschen, die sich einsam fühlten und die sich über Besuch sehr freuten.