Eigentlich schien alles in trockenen Tüchern: Der Ulmer Nutzfahrzeughersteller Iveco und der Rüstungskonzern Hensoldt wollten sich gemeinsam auf eine Ausschreibung der Bundeswehr bewerben. Ein gepanzertes Spähfahrzeug wollten sie gemeinsam entwickeln, Hensoldt die Ausrüstung, Iveco das Fahrzeug. Im Iveco-Werk Ulm sollte es gebaut werden, falls die beiden Projektpartner den Zuschlag bekommen würden.
Doch - hätte-wollte-sollte - es ist anders gekommen: Hensoldt ist abgesprungen, der Rüstungskonzern aus Taufkirchen bei München mit großem Werk in Ulm will sich angeblich allein um den Auftrag bewerben. Oder mit einem anderen Partner, genaues weiß man nicht, Hensoldt hüllt sich in Schweigen.
Iveco kämpft weiter um Bundeswehrauftrag
Im Grunde müsste Iveco jetzt die Segel streichen, allein kann der LKW-Hersteller das Projekt nicht schultern. Doch von Aufgeben keine Spur! Vor allem der Betriebsrat kämpft um den lukrativen Auftrag: 1.400 Unterschriften von Beschäftigten hat er gesammelt, in sämtlichen neun Werken: Von Köln über Frankfurt bis München.
Die will Iveco-Betriebsratsvorsitzender Wilfried Schmid einem oder mehreren Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Ulm/Alb-Donau übergeben. Sie sollen sich bei Hensoldt für eine Fortsetzung der gemeinsamen Bewerbung für das Spähfahrzeug einsetzen.
Bundeswehrauftrag würde Arbeitsplätze in Ulm sichern
Der Rüstungsauftrag würde in Ulm viele Arbeitsplätze über Jahre hinaus sichern, ist sich Wilfried Schmid sicher. "Sollte die Ausschreibung erfolgreich sein, wurde uns zugesagt, dass dieses Fahrzeug in Ulm gebaut wird. (...) Und das ist Zukunftssicherung", sagte Schmid im SWR-Interview.
Die Sicherung von Arbeitsplätzen scheint dem Iveco-Betriebsrat um so dringender, nachdem die Iveco-Feuerwehrsparte Magirus GmbH vom Münchner Investor Mutares gekauft wurde. Der womöglich Strukturen verändern wird. Unter diesem Blickwinkel sieht der Betriebsrat die Chance, Beschäftigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Ulm zu sichern.
Nicht der erste Panzerspähwagen aus Ulmer Produktion
Ein geschichtlicher Exkurs: Die Feststellung, dass sich mit dem Auftrag für ein Panzerspähfahrzeug nach Ulm ein Kreis schließen würde, ist möglicherweise etwas weit hergeholt. Zumal die Iveco-Tochter Magirus GmbH den Konzern demnächst verlässt. Aber ganz falsch ist sie doch nicht: Immerhin haben die Magirus-Werke bereits in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einen Achtrad-Panzerwagen entwickelt, ab 1929 dann nach Aufforderung der Reichswehr außerdem einen Sechsrad-Panzerspähwagen, der ab 1934 ausgeliefert wurde, bereits im Nationalsozialismus.
Die Magirus GmbH möchte mit dem Fahrzeug nicht mehr in Verbindung gebracht werden, man sei damals mehr oder weniger gezwungen worden, es zu bauen, begründete das ein Unternehmenssprecher gegenüber dem SWR. Zumal nicht Magirus das neue Panzerspähfahrzeug bauen wolle, sondern der Mutterkonzern Iveco, den man aber bald verlassen werde.
Die Gulaschkanone von Magirus
Das legendärste Rüstungsprodukt von Magirus ist indes ein anderes: die Gulaschkanone, offizielle Bezeichnung: Feldküche. 1905 hatte das Ulmer Unternehmen damit einen Wettbewerb der deutschen Heeresverwaltung gewonnen.
Sie erfüllte ihre magenfüllende Aufgabe so überzeugend, dass Magirus von der Heeresleitung geradezu gedrängt wurde, künftig auch Lastwagen zu produzieren. Der Rest ist Geschichte.
Iveco läuft Zeit für Bewerbung davon
Zurück zum Noch-Mutterkonzern Iveco und in die Gegenwart: Für eine Neuauflage der Herstellung von Militärfahrzeugen in Ulm wird es langsam eng. Informationen des Iveco-Betriebsrats zufolge endet die Ausschreibung am 7. April. Falls sich Iveco und Hensoldt doch noch zusammenraufen wollen, müssen sie das schnell tun.