In zehn Metern Höhe tront ein Baumhaus der Waldbesetzer.

Warten auf Gerichtsbeschluss

Protest hoch oben: Baumbesetzer fürchten Rodungen in Freiburg

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Paula Zeiler
Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg

Auf dem Gebiet des neuen Stadtteils Dietenbach protestieren immer mehr Menschen. Mit einer Mahnwache wollen sie ein weiteres Zeichen für "ihren Wald" setzen. Notfalls bis zur Räumung.

Die Rodung von Teilen des Dietenbachwaldes könnte nach der Zwangspause weitergehen. Und zwar schon in den in den kommenden Tagen. Damit rechnen das Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald" und eine Gruppe von Baumbesetzern. Gemeinsam haben sie am Montag mit einer Mahnwache begonnen. Sie wollen "ausharren" und ihr Wäldchen verteidigen - jeder auf seine Art und Weise. Die einen am Wegrand, die anderen in zehn Metern Höhe.

In zehn Metern Höhe tront ein Baumhaus der Waldbesetzer.
Seit Monaten wohnen Aktivisten am Rande des Dietenbachwaldes. Ihre Schlafstätte: Baumhäuser in weiter Höhe.

Baumbesetzer im Dietenbachwald bereiten sich auf den "Ernstfall" vor

Eine junge Frau hat gerade das Wäldchen betreten. Auf ihrem Rücken ein großer Rucksack, vor ihrem Gesicht ein schwarzer Schal. Sie will nicht erkannt werden. Auch ihren richtigen Namen verrät sie nicht. Vorbei an umgestürzten Bäumen und kargen Sträuchern macht sie sich gerade auf zum Camp der Waldbesetzer im Langenmattwäldchen, dass zum Dietenbachwald gehört.

Die Frau ist eine von rund 20 jungen Menschen, die sich momentan im Camp aufhalten. Sie kommen aus Freiburg und anderen Orten in Deutschland. Wie viele von ihnen unter oder auf den Bäumen schlafen, wollen sie nicht verraten. Aber schon jetzt sind es mehr Menschen als in den vergangenen Wochen. Gemeinsam warten sie auf eine mögliche Rodung des Wäldchens.

Im Langmattenwäldchen, dass zum Dietenbachwald gehört, haben Aktivisten mit einer Mahnwache begonnen.
So sah das Camp im Dietenbachwald Ende Januar aus. Aktuelle Aufnahmen lassen die Baumbesetzer aus "strategischen Gründen" nicht mehr zu.

Auch bei Minusgraden im Baumhaus übernachtet

Das Camp existiert schon seit mehreren Jahren. Es ist zum Treffpunkt für alle Rodungsgegner und zur Schlafstätte für die Baumbesetzer geworden. Seit mehreren Wochen wohnt hier auch ein Mann um die 30, mit schwarzen Fingernägeln. Er nennt sich "Redpack". Seine wahre Identität will er nicht verraten. Diesen Winter hat "Redpack" selbst bei minus neun Grad in einem der Baumhäuser geschlafen.

Ich bin immer noch hier. Ich bin Freiburger. Und beschütze den Wald, weil es um jeden Baum geht.

Meistens komme es zu dem Punkt, dass die Polizei uns aus den Bäumen holen muss, sagt "Redpack". Für ihn sei ihr Widerstand auch Symbolik. Er und die anderen Baumbesetzer wollen zeigen, dass sie sich für die Natur einsetzen. Deshalb nehmen auch sie an der Mahnwache teilnehmen.

Es geht schon an die Substanz, wenn man nicht weiß, wann es los geht.

Im Langmattenwäldchen, dass zum Dietenbachwald gehört, haben Aktivisten mit einer Mahnwache begonnen.
Am Rande des Wäldchens haben Waldbesetzer ein Lager aus Baumhäusern errichtet. Sie wollen nicht erkannt werden. Unter ihnen auch "Redpack".

Warum rechnen die Protestierenden mit einer Rodung?

Der Grund für den neu aufgekommen Protest: Teile des Langmattenwäldchens sollen nach den aktuellen Plänen für eine Gashochdruckleitung gerodet werden. Dabei handelt es sich um eine 25 Meter lange Schneise. Die Rodungen für die neue Leitung hatte die Stadt Freiburg eigentlich im Oktober 2023 geplant. Die wurden aber gestoppt. Der Grund war ein Eilantrag des Naturschutzbundes NABU, dem auch vom Verwaltungsgericht Freiburg stattgegeben wurde. Laut Gericht hätte geprüft werden müssen, ob es eine Alternative für den Verlauf der Leitung - abseits des Waldes - geben könnte.

Inzwischen prüft das Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Fall. Der Naturschutzbund Freiburg (NABU), die Baumbesetzer und das Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald!" rechnen mit einer baldigen Entscheidung des Gerichts. In den nächsten ein bis zwei Wochen könnte es so weit sein. Bis dahin wollen die Protestierenden im Wäldchen "ausharren".

Im Langmattenwäldchen, dass zum Dietenbachwald gehört, haben Aktivisten mit einer Mahnwache begonnen.
Das Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald" will nun jeden Tag von 8 bis 16 Uhr am Wegrand informieren. Ganz rechts sitzt ihr Sprecher Christian Zissel.

Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald" beginnt Mahnwache

300 Meter entfernt von den Baumbesetzern befindet sich der Waldweg, der vom Stadtteil-Rieselfeld ins Wäldchen führt. Dort sind regelmäßig Fußgänger, Joggerinnen oder die Kinder des Waldkindergartens unterwegs. Direkt am Weg steht seit Montagmorgen ein Tisch - Ankerpunkt der angemeldeten Mahnwache. Auf ihm liegen Infomaterial und Listen mit Unterschriften. Darüber hängen meterlange Stoffbanner. Eins mit dem Titel: "Dieti bleibt".

Am Tisch sitzt Christian Zissel. Seit Jahren ist er Teil des Aktionsbündnisses "Hände weg vom Dietenbachwald". Denn ihm sei das Wäldchen als Naherholungsort wichtig. Zudem würden im Wald schützenswerte Tiere wie die Haselmaus leben. An seinem freien Tag wolle hier am Rande des Wäldchens die Menschen darüber informieren, was für ihn in Freiburg nicht richtig läuft.

"Uns ist dieser Wald wichtig und wir wollen ihn erhalten."

Auch für Christian Zissel kann es jeden Tag so weit sein, dass die Rodungen für die neue Gashochdruckleitung weitergehen. Er befürchtet, dass die Motorsägen sofort wieder angesetzt werden, sollte sich das Gericht gegen den Antrag des NABU entscheiden. Denn im Sommer dürfte der Wald nicht mehr gerodet werden.

Im Langmattenwäldchen, dass zum Dietenbachwald gehört, haben Aktivisten mit einer Mahnwache begonnen.
Die ersten Bäume wurden Ende Januar markiert. Das ärgert die Protestierenden, denn noch gibt es kein Gerichtsurteil.

"Wir sind nicht gegen den neuen Stadtteil, aber für den Wald."

Das Aktionsbündnis hat die Mahnwache bis zum Ende des Monats angemeldet. Solange wollen Christian Zissel und die anderen jeden Tag von 8 bis 16 Uhr über die möglichen Rodungen für die neue Gasleitung informieren. Inmitten von markierten Bäumen.

Drohnenaufnahmen zeigen weite Felder, im Vordergrund ein karger Wald. Plakate und Baumhäuser sind dort wage zu erkennen.
Rechts vom Wäldchen wird einmal der neue Stadtteil Dietenbach stehen. Die dortigen Baumhäuser und Plakate erkennt man sogar mit der Drohne.

Die Pläne für den neuen Stadtteil Dietenbach stehen jedoch weitestgehend. Das sehen jeden Tag auch die Protestierenden. Denn nur wenige Meter entfernt vom Langmattenwäldchen graben Bagger schon Erde für den neuen Stadtteil um.

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