Auch in der Region Trier sehen sich unternehmen zunehmend Cyberattacken ausgesetzt.

Cyberangriffe, Kinderpornografie und Waffenhandel im Darknet

Wie ein Cyberzentrum in BW digitale Ermittlungen erleichtern kann

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Christian Susanka

Die Landesregierung von Baden-Württemberg sieht sich gezwungen, auf die Kriminalität im Internet zu reagieren. Das Justizministerium denkt an ein Cyberzentrum.

Es sind schwierige Haushaltsverhandlungen der Landesregierung, die aktuell laufen: Mitten in einer Krise muss Baden-Württemberg seine Finanzplanung machen für die beiden kommenden Jahre. Und dass bei vielen Unwägbarkeiten: Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen, Steuerschätzung und Inflation und die Anforderungen und Zahlungen des Bundes, Stichwort Entlastungspaket Nummer drei.

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Kein generelles Fragezeichen wird allerdings an ein Projekt aus dem Justizministerium gemacht: ein Cyberzentrum für die Staatsanwaltschaften im Land. Angesichts der Bedrohungslage über das Internet und die steigenden Kriminalitätsraten von Hackerinnen und Hackern sieht sich die Landesregierung gezwungen, zu handeln.

"Unternehmen werden von Tätern erpresst"

Egal ob Cyberangriffe auf Wasserwerke oder Institutionen, egal ob Kinderpornographie oder Waffenhandel im Darknet. Längst ermitteln Staatsanwaltschaften auch digital - der Bedarf wächst, berichtet Thomas Pfeiffer, Leiter der Abteilung Cybercrime bei der Staatsanwaltschaft in Mannheim. Ein Grund seien auch die zahlreichen Angriffe auf mittelständische Unternehmen.

Wie diese digitalen Angriffe konkret ablaufen, beschreibt Pfeiffer so: "Indem Hacker von außen auf Systeme der Unternehmen Verschlüsselungssoftware aufspielen und es ihnen dann so gelingt, die Systeme der Unternehmen lahmzulegen. Und die Unternehmen werden dann von diesen Tätern erpresst, dass sie Lösegeld zahlen müssen."

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Immer mehr deutsche Unternehmen stehen im Fokus von Cyberkriminellen, die Zahl der Hackerangriffe steigt jedes Jahr drastisch an. Die Täter gehen dabei immer raffinierter vor und nutzen sogar Stimmenimitationen, um Geld und Daten zu erbeuten. In der Corona-Pandemie steigt außerdem für Arbeitnehmer im Homeoffice das Risiko, Opfer von Cyberattacken zu werden.

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"Mindestens so schlagkräftig wie die Kriminellen"

Die Justizministerin von Baden-Württemberg, Marion Gentges (CDU) will die Strafverfolgung im Internet stärken und wünscht sich dazu ein Cyberzentrum, das die bisherige Arbeit der Staatsanwaltschaften bündelt und verbessert. "Die Herausforderung im Bereich des Cybercrime sind so groß, dass wir eine große schlagkräftige Einheit brauchen, die in der Lage ist, die nötigen Ermittlungsinstrumentarien zu ziehen und auch über das technische Know-how verfügt, damit wir in dem Bereich mindestens so stark schlagkräftig sind, wie die Kriminellen", so Gentges.

Ermittler stärken, vernetzen und technisch ausstatten

Die Ermittlerinnen und Ermittler stärken und vernetzen, sie aber auch technisch so ausstatten, dass sie es mit international tätigen Kriminellen aufnehmen können - das ist in Baden-Württemberg ein breiter Konsens, berichtet auch Peter Seimer. Er ist ehemaliger Steuerfahnder beim Landeskriminalamt und aktuell Abgeordneter bei den Grünen im Landtag, Schwerpunkt Digitalisierung.

Seimer betont, jedem müsse bewusst und klar sein, dass das man ein wirklich hohes Risiko eingeht, wenn man im Cyberbereich eine Straftat begeht. Die Täterinnen und Täter sollten wissen, dass man da auch erwischt und strafrechtlich belangt werde. "Ich denke, das ist auch der richtige Weg", so Seimer.

Fachkompetenz an einem Ort zusammenführen

In Bayern, Hessen und in Nordrhein-Westfalen gibt es bereits Cyberzentren bei den Staatsanwaltschaften. Markus Hartmann, Leiter des Cybercrime-Zentrums in Köln, denkt, dass ein solches Zentrum auch den Ermittlerinnen und Ermittlern in Baden-Württemberg etwas bringen würde. "Was vor zwei Jahren Cybercrime war, ist heute möglicherweise schon ganz anders und die Justiz muss sich darauf einstellen, flexible Strukturen zu bilden. Eine Zentralisierung, das ist unsere Erfahrung in Köln, bringt den großen Vorteil, dass man Fachkompetenz an einem Ort zusammenführt."

Cybercrime sei ein sehr technisches Deliktfeld, betont Hartmann. Man brauche also Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die sich auf die Technik einließen und bis ins Detail der Technik gingen. Und diese müssten auch technische Ermittlungsmaßnahmen gemeinsam mit der Polizei umsetzen können. Das gehe in einer Zentralstelle sehr gut, so der Kölner Cybercime-Experte weiter. "Ich glaube, dass so eine Zentralisierungerwägung angesichts der gewandelten Cybercrime-Landschaft auch für Baden-Württemberg sicherlich viele Vorteile bringen kann."

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