Corona-Schnelltest in einer Hand mit Handschuhen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Federico Gambarini)

Vorbereitung auf den Herbst

Baden-Württemberg fordert neue Corona-Verordnung vom Bund

Stand

Wie entwickelt sich die Corona-Pandemie im Herbst? Um sich für eine weitere Welle zu wappnen, fordert die grün-schwarze Landesregierung nun erneut dringend eine Verordnung vom Bund.

Die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen ist derzeit deutlich höher als in den beiden vorangegangenen Sommern in der Pandemie. Für den Herbst befürchten Fachleute eine weitere Welle mit sehr vielen Covid-19-Erkrankungen.

Am Dienstag haben Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Sozialminister Manfred Lucha (beide Grüne) das bisherige Corona-Management bilanziert und einen Ausblick auf mögliche, künftige Maßnahmen gegeben.

Kabinett bilanziert Corona-Politik der vergangenen Jahre

Der Sozialminister hatte dem Kabinett einen Bericht vorgelegt, um eine Bilanz aus den vergangenen Jahren zu ziehen. "Wir haben immer im engen Kontakt mit anderen Ländern und dem Bund gehandelt", sagte Kretschmann. In der Vergangenheit hatte sich die Landesregierung aber auch schon selbstkritisch gezeigt, wenn es um die Corona-Regeln im Land ging. Es werde eine verlässliche Datengrundlage benötigt, um auch Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. "Impfen bleibt der Schlüssel zur Pandemiebekämpfung", betonte Kretschmann.

BW-Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) (Foto: SWR)
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) sieht den Beginn einer "Sommerwelle" und rechnet mit einem Anstieg der Patientenzahlen.

Kretschmann: "Ich habe keine autoritären Gelüste"

Nun werden aber klare Vorlagen und Regelungen vom Bund benötigt. "Ich habe keine autoritären Gelüste und ich bin kein Fan von Ausgangssperren", sagte Kretschmann mit Nachdruck. Er sei lediglich ein Fan von einem umfangreichen Instrumentenkasten, zu dem insbesondere Maskenpflicht in Innenräumen, 3G/2G-Zugangsregeln, Testpflichten, Personenobergrenzen und Kontaktbeschränkungen gehören. "Ich bin ein Anhänger dessen, dass man die Instrumente einsetzt, wenn man sie benötigt." Nur so könne die Pandemie eingedämmt werden. Bislang habe man auch auf Ausgangssperren verzichtet, sondern nur Beschränkungen angeordnet.

Im Vergleich zu den vergangenen Jahren seien mittlerweile mehr Menschen geimpft und die Omikron-Variante habe bei Geimpften in der Regel selten schwere Verläufe, so der Ministerpräsident. Nach wie vor bleibe das Coronavirus aber unberechenbar. Umso wichtiger sei es, dass die Länder gewappnet sind.

Baden-Württemberg

Maskenpflicht und Ausgangssperren Kretschmann fordert: Bund soll Corona-Maßnahmen für Herbst ermöglichen

Baden-Württemberg fordert von der Bundesregierung schnelle Vorkehrungen für eine neue Corona-Welle im Herbst. Ministerpräsident Kretschmann erwähnt auch Ausgangssperren.

SWR1 Baden-Württemberg SWR1 Baden-Württemberg

Baden-Württemberg befindet sich in einer Sommer-Corona-Welle

Sozialminister Lucha ordnete die aktuelle Corona-Lage im Land als eindeutig ein. "Wir befinden uns im Moment am Beginn einer Sommerwelle", sagte Lucha. Momentan seien im Land die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 weiter auf dem Vormarsch. In vier bis fünf Wochen werde ein weiterer Anstieg der Varianten und somit auch eine höhere Patientenzahl in den Kliniken erwartet. Auf den Intensivstationen des Landes registrierte das Landesgesundheitsamt am Dienstag einen Anstieg auf 122 Covid-Patienten. Das ist ein Drittel mehr als in der Vorwoche.

Baden-Württemberg

Impfzentren bleiben zunächst geschlossen Mögliche Corona-Welle im Herbst: BW plant mit über 800.000 Impfdosen

Im Herbst droht eine neue Corona-Welle. Möglicherweise muss dann auch wieder massenhaft geimpft werden. Das Land Baden-Württemberg sieht sich dafür gut vorbereitet.

Kostenlose Bürgertests nur für bestimmte Gruppen

Ab Juli gibt es für alle auch in Baden-Württemberg keine kostenlosen Corona-Bürgertests in Teststellen und Apotheken. Gratis bleiben die Schnelltests nur für bestimmte Risikogruppen. Alle anderen müssen drei Euro Eigenanteil bezahlen, wenn sie sich an einer offiziellen Station testen lassen wollen. "Die ersetzen wir nicht und zwar in keinem der Länder", betonte Lucha. Die Länder sind verantwortlich mit den Testangeboten an Schulen und Kitas.

"Es müssen keine weiteren Teststellen zugelassen werden", sagte der Sozialminister weiter. Ausnahmen gibt es auch für Menschen, die einen Angehörigen im Alten- oder Pflegeheim besuchen wollen. Auf die Frage, wie man sich vor Missbrauch von kostenlosen Bürgertests schützen wolle, wies Lucha darauf hin, dass es die Aufgabe von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sei, dafür eine Lösung zu finden. Wichtig sei, dass die Verordnung nun komme. Danach könne man im Zweifel nachsteuern.

"Ich rechne auch mit der Vernunftsbegabung der Menschen. Es geht ja auch um ihre Gesundheit."

"In Portugal gibt es keine Todesfälle bei Personen mit vierter Impfung", sagte der Sozialminister mit Blick auf eine vierte Impfung. Man müsse aber selber sorgsam sein und zum Arzt gehen und den Kontakt zu Dritten meiden.

Schüler und eine Lehrerin in Präsenzunterricht in Rheinland-Pfalz (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Oliver Dietze)
Der baden-württembergische Sozialminister betonte, dass alles getan werde, damit Schulen im Herbst geöffnet bleiben.

Corona-Herbst: Schulen im Land sollen geöffnet bleiben

"Wir werden alles dafür tun, die Schulen offen zu halten. Das ist unser oberstes Ziel", betonte Lucha. Beispielsweise solle das Kinderimpfen hochgefahren und ein Hygienekonzepte vorbereitet werden. Unterricht solle stattfinden, ob mit oder ohne offenen Fenstern könne er nicht sagen. "Das ist das geringste Problem der Schulen. Wichtig ist, dass der Unterricht stattfindet." Und sich die Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte nicht infizieren.

Am 1. Juli ist eine umfassende Anhörung rund um Prognosen und Entwicklung der Corona-Pandemie in Baden-Württemberg angesetzt. Dort soll es auch einen Ausblick auf den Herbst und Winter geben. Ebenfalls findet am Freitag eine Sonder-Gesundheitsministerkonferenz statt.

Corona-Strategie in BW für den Herbst

Das baden-württembergische Sozialministerium wird in den nächsten Wochen insgesamt vier Expertenanhörungen öffentlich durchführen und auf dieser Grundlage dem Ministerrat noch vor der Sommerpause zur weiteren Strategie für den Herbst und Winter berichten, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung. Berücksichtigt werden dabei auch die Stellungnahmen und Gutachten, die auf Bundesebene erstellt werden.

Das sind die Themen der Anhörungen:

  • Surveillance (Anmerkung SWR: auf Deutsch "Überwachung"): Daten sollen jederzeit zeigen, wo und wie sich das Virus ausbreitet, um es gezielt zu bekämpfen.
  • Impfen: Die Impfkampagne wird fortgesetzt. Nach einer Anpassung der Impfstoffe auf Omikron könnte es auch zu einer zweiten Booster-Impfung kommen.
  • Experten-Hearings: Auf Grundlage von Expertenmeinung und Daten soll das Corona-Management für den Herbst vorbereitet werden.
  • Infektionsschutzgesetz: Baden-Württemberg drängt den Bund weiterhin, die Eckpunkte für das neue Infektionsschutzgesetz noch vor der Sommerpause vorzulegen.

Mehr zum Thema

Baden-Württemberg

Gemeinsame Initiative mit weiteren Bundesländern 2G, Testpflicht und Kontaktbeschränkungen: BW will Möglichkeit für schärfere Corona-Maßnahmen

Die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen ist eines der letzten Überbleibsel aus der jüngsten Corona-Wellen. Doch die Inzidenzen steigen. Vier Bundesländer machen nun massiv Druck auf die Ampelkoalition in Berlin.

Baden-Württemberg

Landesregierung bereitet sich auf mögliche Welle vor Corona-Impfstrategie im Herbst: Das plant Baden-Württemberg

Mit einem neuen Buchungssystem soll die Nachfrage nach Corona-Impfungen besser gesteuert werden. Es soll einige Vorteile mit sich bringen.

Stand
AUTOR/IN
SWR