Johanna von Koczian ist eine deutsche Schauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Horst Ossinger)

Sängerin Johanna von Koczian ist tot

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

Mit dem Kult-Hit "Das bisschen Haushalt...sagt mein Mann" traf Sängerin Johanna von Koczian in den 1970-ern den Nerv ihrer Zeit. Sie ist am 13. Februar 2024 im Alter von 90 Jahren in Berlin gestorben.

Johanna von Koczian war Schauspielerin, Sängerin, Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin in einer Person. Mit dem ein wenig provozierenden Schlager "Das bisschen Haushalt...sagt mein Mann" landete die Künstlerin 1977 einen Volltreffer. Dreimal in Folge war sie damit in der ZDF-Hitparade bei Dieter Thomas Heck zu Gast, der – passend zum Thema – während ihres Auftritts den Besen schwang und die Studiotreppe fegte.   

Johanna von Koczian bei einem Auftritt in der ZDF-Hitparade in den 1970er Jahren. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa | Walter Becher)
Johanna von Koczian bei einem Auftritt in der ZDF-Hitparade in den 1970er Jahren.

Bis zuletzt lebte Johanna von Koczian in einem Pflegeheim in Berlin. Sie hatte sich bereits vor einigen Jahren aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Nun ist sie im Kreise der Familie in Berlin gestorben.

In der Schlagerwelt zuständig für "Familie & Heim"

"Das bisschen Haushalt...sagt mein Mann" war nicht der einzige Schlager, mit dem Johanna von Koczian thematisch im Ressort "Familie und Heim" unterwegs war. Lieder wie beispielsweise "Aufsteh’n ist schön", "Ganz der Vater", "Rat‘ mal, wer zum Essen kommt" oder "Wenn das Fernseh’n kaputt ist" fielen in dieselbe Kategorie und jedes Mal  traf sie mit ihren Alltagsschilderungen den Nagel auf den Kopf – frei nach dem Motto "Die Mama wird’s schon richten".  

"Das hier ist die Geschichte, die Papa nicht gern hört, 
ich sing’ ganz leis’, damit es ihn nicht beim Fernseh’n stört… 
Der Gute glaubt doch ohne ihn geht nichts bei uns zu Haus, 
doch artet es in Arbeit aus, dann hält er sich da raus; 
und er ist stolz auf sich, er weiß: er hat ja mich!" 

Sängerin Johanna von Koczian umarmt den Entertainer Peter Alexander von hinten, während er am Klavier sitzt. Das Bild stammt aus einer Fernsehsendung aus dem Jahr 1977. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, United Archives)
Johanna von Koczian und Peter Alexander in der TV-Show "Peter Alexander präsentiert Spezialitäten" im Dezember 1977

Nachdem Peter Alexander sich mit dem Lied "Der Papa wird's schon richten" als Held des Alltags, Retter in der Not und Tausendsassa in allen Lebenslagen etabliert hatte, holte Johanna von Koczian wenig später mit dem Lied "Die Mama wird's schon richten" zum Gegenschlag aus. Darin hat sie alles mindestens ebenso gut im Griff und zudem hält sie stets ein Patentrezept für die Bewältigung der großen und größten Missgeschicke bereit.  

"Die Mama wird’s schon richten, die Mama macht’s schon gut, 
die Mama, die macht alles, was der Papa nicht gern tut. 
Die Mama wird’s schon richten, dafür ist sie im Haus, 
der lieben, guten Mama macht das gar nichts aus."

1974 berührte "Keinen Pfennig", der vertonte Briefwechsel zwischen Mutter und Sohn, vor allem viele Zuhörerinnen. Die Vorlage hierzu stammte aus Amerika und war bereits für die Country-Sängerin Tammy Wynette ein Hit. Die deutsche Adaption von Johanna von Koczian war Bestandteil ihrer Langspielplatte "Du bist mein Zuhause". Damit begann eine Reihe von erfolgreichen Veröffentlichungen im Schlagergenre, nachdem sie bislang nur sporadisch als Sängerin in Erscheinung getreten war.  

Klassische Ausbildung als Sopranistin legte Grundstein für ihre Karriere

1959 kam ihre erste Gesangs-Platte mit der Musik zu dem Film "Jacqueline" auf den Markt: "Ich denke noch mit einem leisen Schaudern an die Lieder zurück, die ich in dem Film gesungen habe", erzählte die ausgebildete Sopranistin in einem Interview. "Sie waren nämlich nicht auf meine Stimmlage abgestimmt. Das eine war viel zu hoch und die anderen waren zu tief. Ich stand mitten im großen Synchronsaal, auf der einen Seite das Orchester und auf der anderen die Herren vom gesamten Stab. Und hinten ging der Produktionsleiter auf und ab und sah ununterbrochen zur Uhr." 

Schwarz-weiß-Bild von Sängerin und Schauspielerin Johanna von Koczian ("Das bisschen Haushalt...sagt mein Mann"). Sie hält einen Hut vor sich. (Foto: dpa Bildfunk, picture-alliance/ dpa /Foto: Konrad Gehr)
Johanna von Koczian1959 in dem Film "Bezaubernde Arabella".

Musik für die ganze Familie

"Meine erste Langspielplatte soll eine Platte für die ganze Familie sein", wünschte sich Johanna von Koczian und dem wurde ihr LP-Debüt von 1966 dann auch voll gerecht. "Meine kleine große Welt" war eine Platte für klein und groß. Die Palette reichte vom unvergänglichen "La Le Lu" bis hin zu Musical-Melodien, darunter "Chim-Chim-Cheree". Mit diesem Lied war ihr im Vorjahr der erste Single-Hit geglückt. 

"Soweit ich zurückdenken kann, die Musik habe ich immer geliebt. Nicht nur passiv als Zuhörerin, sondern schon von Kindheit an als Ausübende. Dass ich so spät erst mit der Musik an die Öffentlichkeit trat, liegt nur daran, dass mir die ganzen Jahre hindurch meine Theater- und Filmverpflichtungen nie die Zeit dazu ließen."

Vom Theater zum Film

Bereits in den frühen 1950-er Jahren hatte die Karriere von Johanna von Koczian am Theater begonnen. Ausgebildet am Mozarteum spielte sie zunächst bei den Salzburger Festspielen, später in Tübingen und Wuppertal. 1957 gab sie ihr Kinodebüt in dem Remake der Verwechslungskomödie "Viktor und Viktoria". Bereits ein Jahr später gelang ihr der Durchbruch mit Kurt Hoffmann’s Film "Wir Wunderkinder". Für diese Rolle wurde sie mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.  

Schwarz-weiß-Bild von Sängerin und Schauspielerin Johanna von Koczian ("Das bisschen Haushalt...sagt mein Mann") aus dem Film "Wir Wunderkinder" mit Hansjörg Felmy (rechts). Links im Bild ist Regisseur Kurt Hoffmann zu sehen. (Foto: dpa Bildfunk, picture-alliance/ dpa /Foto: Gerhard Rauchwetter)
Johanna von Koczian mit Hansjörg Felmy (r.) und Regisseur Kurt Hoffmann bei Proben zum Film "Wir Wunderkinder" (1958)

Johanna von Koczian schlägt Angebote aus Hollywood aus

Anfang der 1960er Jahre zählte sie zu den beliebtesten Filmschauspielerinnen Deutschlands und erhielt sogar Angebote aus Hollywood, welche sie aus privaten Gründen ablehnte. Dennoch wirkte sie nach 1962 nur noch in zwei Kinoproduktionen mit. In den Folgejahren erhielt sie viele interessante Angebote vom Fernsehen, hatte eigene Serien und war sogar kurzzeitig als Moderatorin der ZDF-Show "Erkennen Sie die Melodie" tätig. 

Dem Theater schenkte sie am meisten Aufmerksamkeit

Schwerpunkt ihrer Arbeit blieb jedoch stets das Theater. Sie spielte die großen Klassiker wie Kleist, Lessing oder Shakespeare und viele Boulevard-Stücke, mit denen sie auch auf Tournee ging. Zudem zeigte sie ihr Können in Musical-Aufführungen wie beispielsweise "My Fair Lady" oder "Kiss me, Kate" und gab literarische Abende. Neben alledem fand sie noch Zeit, erfolgreich dem Beruf der Schriftstellerin nachzugehen. Neben Romanen verfasste sie mehrere Kinder- und Jugendbücher

Die Schauspielerin Johanna von Koczian in dem Theaterstück "Oskar und die Dame in Rosa". (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa | Jens Ressing)
Johanna von Koczian 2008 in dem Theaterstück "Oskar und die Dame in Rosa".

Ihr Erfolgsrezept: Volle Konzentration auf eine Sache

Ob es in Anbetracht ihrer Vielseitigkeit wohl ein Erfolgsrezept gab? Vielleicht ihre Einstellung, dass sie alles was sie anpackte, gründlich anging. "Ich bin ein Mensch, der immer nur eine Kartoffel schält" erklärte sie in einem Interview. "Niemals zwei Sachen zur gleichen Zeit, denn absolute Konzentration gehört zu meinem Beruf."  

Die schönsten Plattencover von Johanna von Koczian

Plattencover Johanna von Koczian (Foto: SWR, Polydor (Coverscan) -)
Im UFA-Film "Jacqueline" spielte Johanna von Koczian unter der Regie von Wolfgang Liebeneiner die Titelrolle. Ihre Filmpartner waren Walther Reyer und Götz George und für die Musik zeichnete Franz Grothe verantwortlich. Der Soundtrack zum Film erschien auf dieser EP.
Plattencover von Sängerin und Schauspielerin Johanna von Koczian ("Das bisschen Haushalt...sagt mein Mann"). (Foto: SWR, Philips (Coverscan) -)
Ihr kommerziell größter Plattenerfolg stammte aus der Feder des Komponisten Henry Mayer. Der Single folgte eine gleichnamige LP und als Produzent zeichnete ihr Ehemann Wolf Kabitzky verantwortlich.
Plattencover Johanna von Koczian "Mama wird's schon richten" (Foto: SWR, Ariola (Coverscan))
1982 nahm Johanna von Koczian diese "Antwortplatte" auf. Im Background wirkten (wie beim "Papa") Ralph Siegel als Komponist und Bernd Meinunger als Texter mit.

Steckbrief – Johanna von Koczian

Geboren:30. Oktober 1933 als Johanna von Kóczián-Miskolczy in Berlin
Gestorben:13. Februar 2024 in Berlin
Familie:1. Ehe mit dem Regisseur Dietrich Haugk, Scheidung 1961
1966 Heirat mit dem Manager und Musikproduzenten Wolf Kabitzky, 2004 verstorben
1972 Geburt von Tochter Alexandra
Fernsehen (Auszug):1964 Minna von Barnhelm
1969 "Stewardessen" (TV-Serie)
1978 "Café Wernicke" (TV-Serie)
1987-90 "Praxis Bülowbogen" (TV-Serie)
außerdem mehrfach Rollen in "Derrick", "Tatort" oder "Die Landärztin"
Film (Auszug):1959 "Serenade einer großen Liebe" (mit Mario Lanza)
1961 "Unser Haus in Kamerun" (mit Götz George und Horst Frank)
1962 "Straße der Verheißung" (mit Mario Adorf)
Theater:2010 gab sie ihre letzte Theater-Premiere in "Glorious". Hier verkörperte sie die herrlich schräge Millionärin Florence Foster-Jenkins, die sich selbst zur Opern-Diva ernannt hatte. Berühmtheit erlangte diese durch ihre Auftritte vor erlesenem Publikum, bei denen sie Arien zum Besten gab, ohne dabei einen einzigen Ton zu treffen.
Autorin (Auszug):Abenteuer in der Vollmondnacht
Der geheimnisvolle Graf
Die Fee, die keiner haben wollte
Sommerschatten
Auszeichnungen (Auszug):Berliner Kunstpreis
mehrfach "Goldener Vorhang"
"Goldene Maske"

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