Straßenschild mit Tempolimit 30 kmh wegen Lärmschutz (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/imageBROKER)

Leise Reifen, Flüsterasphalt, Tempo 30

Das hilft wirklich gegen Verkehrslärm

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AUTOR/IN
Stefan Tiyavorabun

Am Verkehrslärm sind nicht nur Motor und Auspuff schuld. Beim PKW übertönen Reifen- und Fahrbahnlärm ab Tempo 30 das Röhren der Maschinen. Dagegen lässt sich etwas tun.

Der Straßenverkehr ist die größte Lärmquelle im Land. Jeder Zweite muss tagsüber einen Pegel von 55 Dezibel erdulden. Zweieinhalb Millionen Menschen müssen sogar 65 Dezibel ertragen, so als wären sie in unmittelbarer Nähe zu einem Staubsauger. Und das ist auch der Wert, ab dem der Krach nicht nur stört, sondern auch gesundheitsgefährdend wirken kann.

Das Dröhnen der Motoren ist dabei oft nicht einmal das größte Problem. Beim Auto übertönt das Abrollgeräusch der Reifen bei normaler Fahrweise etwa von Tempo 30 an den Motorenlärm und bei LKW ab etwa 60 Stundenkilometern. Nur bei Motorrädern ist der Motor auch bei höheren Geschwindigkeiten meist die größte Lärmquelle.

Ohren auf beim Reifenkauf

Dabei können die Reifen erheblich dazu beitragen, den Verkehrslärm zu reduzieren. Gummimischung, Aufbau und Profil lassen sich lärmmindernd optimieren. Der zusätzliche Vorteil für den Fahrer: Leise Reifen sorgen auch im Innenraum des Fahrzeuges für weniger Lärm und dementsprechend mehr Fahrkomfort. Dabei sind sie grundsätzlich ebenso sicher, umweltfreundlich und nicht einmal teurer als andere Modelle. Eine gute Hilfe beim Reifenkauf ist das von der EU verordnete offizielle Etikett. Es zeigt auf einen Blick wie laut die Reifen rollen.

EU-Reifenlabel: leise Reifen (Foto: SWR)
Eine schwarze Schallwelle signalisiert, dass die Reifen die aktuellen EU-Grenzwerte um drei Dezibel oder mehr unterschreiten. Dies sind die leisesten Reifen. Bild in Detailansicht öffnen
Das EU-Reifenlabel: Standardreifen (Foto: SWR)
Zwei schwarze Streifen weisen darauf hin, dass das externe Rollgeräusch des Reifens den aktuell geltenden EU-Grenzwerten entspricht oder um bis zu 3 dB darunter liegt. Bild in Detailansicht öffnen
Das EU-Reifenlabel: laute Reifen (Foto: SWR)
Drei schwarze Schallwellen bedeuten, dass der Reifen den bis 2016 geltenden Grenzwerten entsprach. Sie haben das lauteste Abrollgeräusch. Die zulässigen Unterschiede umfassen neun Dezibel, was in etwas einer Halbierung des Lärms entspricht. Bild in Detailansicht öffnen

Breitreifen: Achtung Mogelpackung

Doch die Symbole sagen nicht die ganze Wahrheit, denn breite Reifen dürfen einen Dezibel mehr Lärm verursachen als schmale Reifen und bekommen dennoch keine Abstriche beim Lärmsymbol. Ehrlicher sind daher die Angaben in Dezibel auf dem Reifenlabel. Die angegebene Lautstärke bezieht sich auf ein vorbeirollendes Auto bei Tempo 80.

Fotograf: Ingo Wagner (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Reifengrößen - SWR-Projekt #zuLAUT)
Normale Reifen sind leiser als Breitreifen

Der flüsternde Asphalt

Aber nicht nur Reifen, sondern auch Fahrbahnbeläge können den Verkehrslärm reduzieren. Lautes Kopfsteinpflaster gibt es zwar kaum noch, aber auch beim Asphalt gibt es große Unterschiede. So gibt es bereits seit Jahren einen offenporigen Asphalt. Dieser sogenannte "Flüsterasphalt" besteht zu einem Viertel aus Hohlräumen, die aus dem Reifen ausströmende Luft und somit auch Schall schlucken. Dadurch lässt sich der Lärm um ein Drittel bis zur Hälfte reduzieren.

Das Problem dabei: Der Flüsterasphalt ist teurer, seine Wirkung lässt mit der Zeit nach und er verschleißt deutlich früher als herkömmliche Fahrbahnen. In einem Pilotprojekt auf der A9 bei München war der lärmmindernde Straßenbelag bereits nach sieben Jahren verschlissen. Auch auf der A8 zwischen Karlsruhe und Karlsbad musste der Belag nach häufigeren Unfällen ausgetauscht werden. Doch inzwischen sind die Materialien besser geworden und werden vermehrt eingesetzt.

Fotograf: Uli Deck (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Flüsterasphalt auf der A8 - SWR-Projekt #zuLAUT)
Flüsterasphalt auf der A8 zwischen Karlsruhe und Karlsbad

Besonders belastete Straßenabschnitte können saniert werden, wenn bestimmte Lärmgrenzen überschritten werden. So gelten beispielsweise für Wohngebiete an Bundesstraßen 67 Dezibel tagsüber und 57 Dezibel nachts als Grenzwerte für die Sanierung.

Lärmbremse Tempolimit

Eine billige, aber bei vielen Autofahren nicht sonderlich populäre Maßnahme ist die Begrenzung der Geschwindigkeit. Ein Reifen mit Luftfüllung lässt sich mit der Membran eines Lautsprechers vergleichen, die beim Rollen ständig angeregt wird. Und je schneller ein Reifen rollt, desto lauter dröhnt er. Tempo 30 statt der üblichen 50 Stundenkilometern innerorts bringt laut Umweltbundesamt eine Reduzierung um zwei bis fünf Dezibel.

Tempo 30 für 40 Anwohner

Die Hürden für die Absenkung der Geschwindigkeit auf bestehenden Straßen waren dabei lange Zeit auf ein relativ hohes Niveau festgelegt. Erst wenn tagsüber 70 Dezibel und nachts 60 Dezibel überschritten werden, darf das Tempolimit innerorts von 50 auf 30 Stundenkilometer herabgesetzt werden. Allerdings hat die Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee gezeigt, dass es auch anders gehen kann.

Sie sorgte sich um das Wohl der Anwohner an der B31 im Ort und wollte Tempo 30 bei einer Belastung von 55 und nicht erst bei 60 Dezibel. Erst weigerte sich das Verkehrsministerium. Mit ihrer Klage vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof bekam die Gemeinde jedoch Recht.

Das Gericht folgte der Argumentation der Gemeinde und billigte ihr einen entsprechenden Ermessensspielraum zu. Jetzt müssen die Autofahrer von nachts 22 Uhr bis morgens 6 Uhr langsamer fahren und das für etwa 40 besonders betroffene Anwohner.

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Stefan Tiyavorabun