Afrikanischer Zwergkrallenfrosch (Foto: IMAGO, IMAGO / blickwinkel)

Amphibien

Forschende lassen Gliedmaßen von Fröschen nachwachsen

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Vinetta Richter
Vinetta Richter, Reporterin und Social Media Redakteurin SWR Wissen aktuell (Foto: SWR, SWR, privat)

Der Menschheitstraum von Gliedmaßen, die nach der Amputation nachwachsen ist für manche Tiere bereits Realität. Jetzt haben Forschende einen Weg gefunden, diese Fähigkeit auch auf andere Tiere übertragen zu können.

Jedes Jahr werden in Deutschland über 50.000 Menschen Körperteile amputiert, weshalb sie danach eine Prothese tragen müssen.

Gemeinsamkeiten von Meeresschnecken, Lurchen und Würmern

Einige Tiere wie der Schwanzlurch Axolotl, die Meeresschnecke „Elysia marginata“ oder auch der Regenwurm sind jedoch in der Lage ein Körperteil nachwachsen zu lassen, wenn sie es verlieren. Diese Regenerationsfähigkeit steckt in ihren Bindegewebszellen und ist noch in vielem ein Rätsel für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Auf dem Forschungsgebiet der nachwachsenden Gliedmaßen wurden bereits verschiedene Methoden von Forschenden ausprobiert. Von elektrischer Stimulation über Zelltransplantation bis zur Stimulierung von wichtigen molekularen Signalwegen stieß man an die Grenzen des Möglichen bei Tieren, die sowieso schon eine Regenerationsfähigkeit besitzen.

Axolotl im Aquarium (Foto: IMAGO, IMAGO / agefotostock)
Die Schwanzlurche Axolotl besitzen regenerative Fähigkeiten.

Afrikanischen Krallenfröschen sollen Gliedmaßen wachsen

Der Mensch hingegen kann sich zwar oberflächlich von selbst heilen, etwa bei kleinen Schnitten in der Haut, wir sind jedoch nicht in der Lage Körperteile nachwachsen zu lassen. Dies gilt auch für afrikanische Krallenfrösche.

Biologinnen und Biologen der Tufts University in den Vereinigten Staaten wollten herausfinden, ob sie nicht doch irgendwie den Körper der Frösche dazu bringen können, Beine nachwachsen zu lassen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Tufts University erfanden etwas Neues – einen tragbaren Mini-Bioreaktor gefüllt mit verschiedenen Medikamenten, den man an der Wundstelle der Amputation anbringt. Diesen Bioreaktor, genannt „BioDome“, testeten sie an 115 Fröschen.

Im BioDome steckte eine Mischung aus Seidenproteinen, verschiedenen Medikamenten und Hormonen. Dazu gehörten Hormone, die ein Wachstum des Gewebes anregen sollten. Außerdem Medikamente gegen Entzündungen und zur Hemmung von Narbenbildung.

Direkt nach der Amputation wurde der BioDome an den Amputationsstumpf angenäht. 24 Stunden lang blieb er dann am Körper der Frösche, sodass die Medikamente in den Organismus eindringen konnten. Danach wurde er wieder entfernt.

Frösche mit neuen Beinen im Labor

Dann wurden die behandelten Tiere im Labor, 18 Monate lang beobachtet und regelmäßig untersucht. Dabei stellten die Forschenden fest, dass den Fröschen tatsächlich neue Hinterbeine wuchsen. Histologisch gesehen enthielten die regenerierten Gliedmaßen all das was ihre amputierten Vorgänger besaßen - Nerven, glatte Muskeln und Blutgefäße. Die Knochen bildeten sich erneut, allerdings nicht im vollen Umfang. Außerdem fehlten zwischen den Zehen der Frösche noch die Schwimmhäute. Doch trotzdem konnten sie sich nach dieser Therapie wieder genauso fortbewegen, wie sie es taten, bevor ihnen die Hinterbeine amputiert wurden.

Zellentwicklung bei Fröschen (Foto: IMAGO, Michael Levin)
Bei den Fröschen wuchsen über 18 Monate hinweg neue HInterbeine nach.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass durch einen kurzen, gezielten chemischen Impuls durch den BioDome der Körper der Frösche in einen anhaltenden regenerativen Zustand versetzt werden kann und dann wieder Beine bei ihnen wachsen.

Bedeutend an dieser Methode ist, dass sie keine Gentherapie oder Stammzellentransplantation erfordert. Stattdessen bewirkt der BioDome Veränderungen auf molekularer, zellulärer und genetischer Ebene. Das langfristige Ziel der Forschenden ist es, dass diese Technik irgendwann beim Menschen genutzt werden kann und funktioniert.

Unser Ziel ist es, Wege zu finden, mit Zellgruppen zu kommunizieren, um sie zu komplexen Aktivitäten zu veranlassen, ohne den Prozess mit Transgenen oder Stammzellen zu steuern.