Artenschutz

Wildbienen schützen: Das ist im Garten zu beachten

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Zu häufiges Mähen schadet der Artenvielfalt – dabei können Gärten ein wichtiger Rückzugsort für Wildbienen sein. Was hilft den Insekten wirklich?

Mit dem Frühling beginnt für viele die Zeit der Gartenarbeit: pflanzen, jäten, mähen. Doch gerade das regelmäßige Rasenmähen kann der Artenvielfalt schaden – vor allem den Insekten.

Eine Studie der Universität Würzburg zeigt, dass Privatgärten ein großes Potenzial für den Schutz von Wildbienen bieten: In den Gärten von 40 Dörfern wurden fast 250 verschiedene Arten nachgewiesen. Darüber, was Gartenbesitzerinnen und -besitzer tun können um den Wildbienen im Frühling zu helfen, hat Dominik Bartoschek aus der SWR-Umweltredaktion mit dem SWR gesprochen.

Wie steht es aktuell um die Wildbienen?

Jochen Steiner, SWR: Vor ein paar Jahren hat das Insektensterben Schlagzeilen gemacht, auch um die Wildbienen stand es nicht so gut. Wie sieht es denn da aktuell aus?

Dominik Bartoschek: Ja, da hat sich aktuell eigentlich nicht viel dran geändert. Es steht nicht wirklich gut um die Wildbienen. Ungefähr die Hälfte der Arten, die in Deutschland erfasst sind, gelten aktuell als bestandsgefährdet oder sogar schon ausgestorben. Und nur ein gutes Drittel gilt als ungefährdet. Also da sieht man schon, wenn man Wildbienen schützen will, gibt es einiges zu tun.

Ein Insektenhotel für Bienen und Wildbienen im Garten.
Insektenhotels aus dem Baumarkt sind kritisch zu sehen: Sie helfen nur wenigen Wildbienenarten und sind oft mangelhaft verarbeitet. Gesplitterte Bohrlöcher und weiches Holz können die Insekten gefährden.

Können Insektenhotels Bienen schützen?

SWR: Wenn wir den Wildbienen helfen wollen, dann fallen wir uns da oft zuerst die Insektenhotels aus dem Baumarkt ein. Wieviel können die wirklich helfen, die Wildbienen zu schützen?

Bartoschek: Diese künstlichen Nisthilfen aus dem Baumarkt sind wirklich ein sehr umstrittenes Thema. Zum einen, weil sie nur sehr wenigen Wildbienenarten helfen. Wir haben in Deutschland ungefähr 600 Wildbienenarten, und davon nisten etwa Dreiviertel im Erdboden. Also für die ist so ein Bienenhotel erstmal ohnehin überhaupt nicht geeignet.

Diese Bienenhotels nutzen dann nur solche Arten, die darauf spezialisiert sind, bestehende Hohlräume zu nutzen, um darin ihre Eier abzulegen. Und das nur etwa zehn Prozent aller Wildbienenarten. Also, das ist nicht wirklich viel.

Gartentipp Insektenhotel bauen - Materialien und Standort

Was sind gute Nisthilfen für Instekten? Angebohrtes Holz und hohle Stängel eignen sich perfekt als Insektenhotel. Es gibt nur ein paar Kleinigkeiten, die Sie unbedingt beachten sollten.

Insektenhotels aus dem Baumarkt sind oft mangelhaft oder sogar gefährlich

Bartoschek: Zum anderen sind sie auch deshalb umstritten, weil sie oft sehr schlecht verarbeitet sind. Die Zeitschrift Öko-Test hat das jetzt kürzlich mal untersucht. Man hat Nisthilfen aus dem Baumarkt gekauft und hat diese von Insektenexperten begutachten lassen. Und dabei kam heraus, dass wirklich kaum etwas Empfehlenswertes dabei war.

Die Niströhrchen oder die Bohrlöcher waren teils sehr schlecht gearbeitet und sind gesplittert. Das bedeutet Verletzungsgefahr für die Tiere. Da waren also oft unnütze Elemente dabei, die vielleicht schön aussehen, aber den Bienen gar nichts bringen. Da wurde oft viel zu weiches Holz verwendet, das dann zu Splittern droht. Das bedeutet, diese Produkte helfen in vielen Fällen nicht nur nicht, sondern sie können im schlimmsten Fall sogar schaden.

Deswegen sollte man sich vorher erkundigen, wenn man ein Bienenhotel aufhängen will: Wie sollte das aussehen? Wie sollte das verarbeitet sein? Wieviel sollte ich dafür ausgeben? Das sollte man sich wirklich gut überlegen, bevor man das kauft und dann in den Garten hängt.

Eine Wildbiene, die im Gegensatz zu anderen Bienen nicht im Garten, sondern im Sand nistet. Genauer gesagt handelt es sich um eine Sandbiene.
Die Sandbiene gehört zu den etwa 450 Wildbienenarten in Deutschland, die im Erdboden nisten. Anders als einige ihrer Verwandten nutzt sie daher keine künstlichen Nisthilfen wie Bienenhotels.

Privatgärten als wichtige Rückzugsorte für Wildbienen

SWR: Also Augen auf bei der Wahl des Insektenhotel. Schauen wir mal vom Insektenhotel in den Garten: Wie groß ist denn der Beitrag, den wir Gartenbesitzer zum Schutz der Wildbienen beisteuern können?

Bartoschek: Der ist schon ziemlich groß, also das sollte man nicht unterschätzen. Und zwar deshalb, weil viele Wildbienen in der freien Landschaft, vor allem auf dem Land, heute oft Probleme haben, noch geeignete Lebensräume zu finden. Und das liegt unter anderem daran, dass viele Wildbienen einen sehr kleineren Radius von wenigen hundert Metern haben. Honigbienen können dagegen oft sehr weit fliegen.

Wenn jetzt aber auf dem Land die Äcker zum Beispiel immer größer werden oder wenn Lebensräume durchschnitten werden von Verkehrswegen oder von Gewerbeflächen, dann haben Wildbienen einfach immer mehr Probleme, Lebensräume zu finden.

Gärten haben da aber den Vorteil, dass sie einfach sehr kleinteilig sind. Also wenn man sich so eine Schrebergartenkolonie vor Augen hält oder so eine Reihenhaussiedlung, da liegt wirklich Garten an Garten und jeder ist so ein bisschen anders. Und da ist einfach die Wahrscheinlichkeit groß, dass in diesem beschränkten Radius, der Wildbienen auch ein Garten dabei ist, der den Lebensraum oder die ökologische Nische bietet, die sie genau braucht.

Eine Wildbiene landet auf der Blüte einer Zierquitte. Verschiedene Pflanzen im Garten sind besonders wichtig für die Artenvielfalt unter Bienen.
Im Gegensatz zu Honigbienen haben Wildbienen nur einen kleinen Aktionsradius von wenigen hundert Metern. Deshalb müssen in ihrem Lebensraum stets ausreichend blühende Pflanzen für die Versorgung mit Pollen und Nektar vorhanden sein.

Welche Pflanzen sind für Wildbienen besonders wertvoll?

SWR: Kann ich denn bei der Bepflanzung des Gartens darauf achten, dass es auch zum Beispiel für Wildbienen geeignet ist?

Bartoschek: Ja unbedingt. Und das ist eigentlich gar nicht so schwierig. Man muss einfach bedenken, dass Wildbienen, weil sie so weite Strecken nicht zurücklegen können, um Nahrung zu suchen, immer genügend blühende Pflanzen in ihrer Umgebung haben müssen. Also sie brauchen immer Pollen und Nektar, für den sie nicht allzu weit fliegen müssen.

Und dann ist auch noch entscheidend, dass das Angebot an Blüten möglichst vielfältig ist. Denn man muss sich eines vor Augen halten: Zwei Drittel der Wildbienenarten sind Generalisten, also die können mit mehr oder weniger jeder Blüte was anfangen. Aber ein Drittel aller Wildbienenarten sind ganz stark spezialisiert auf eine Pflanzenfamilie oder im extremsten Fall sogar nur auf einer einzige Nahrungspflanze.

Es gibt zum Beispiel die Zaunrüben-Sandbiene. Die sammelt Pollen, wie der Name schon sagt, eben nur von der Zaunrübe. Also das ist eine extrem kleine ökologische Nische, die sie besetzt. Und das bedeutet aber natürlich auch: Wo es keine Zaunrübe gibt, da gibt es dann auch keinen Zaunrüben-Sandbiene. Und solche Beispiele gibt es mehrere.

Deswegen ist es aus Wildbienen-Sicht so wichtig, möglichst viele Pflanzenarten im Garten zu haben. Denn je mehr Pflanzen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine dabei ist, die so eine ökologische Nische von Wildbienen bedient. Es gibt diesen Spruch „Vielfalt produziert Vielfalt“, und der gilt im Fall der Wildbienen ganz besonders.

Eine Wiese mit einer großen Vielfalt an Blumen, für eine große Artenvielfalt an Bienen und Wildbienen.
Diese artenreiche Blumenwiese bietet verschiedenen Wildbienenarten genau das, was sie zum Leben brauchen. Je größer die Pflanzenvielfalt, desto besser die Chancen, dass jede Wildbienenart ihre ökologische Nische findet.

Warum selteneres Rasenmähen der Artenvielfalt hilft

SWR: Und dann ist es auch noch sinnvoll, nicht jede Woche den Rasen ordentlich zu mähen, oder?

Bartoschek: Genau. Das klappt ja nicht immer, weil viele im Garten etwa Fußball spielen oder die Sonnenliege aufstellen wollen. Aber wo das klappt, kann das natürlich sinnvoll sein.

Die Pflanzen, die dann dort wachsen, werden zwar vielleicht nicht die sein, die die absoluten Spezialisten unter den Wildbienen anlocken. Aber auch hier gilt wieder: Vielfalt produziert Vielfalt. Also je mehr Pflanzen da wachsen, wo vorher nur Gras war, desto besser ist es für die Artenvielfalt.

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