Etwa jede zehnte eingeschleppte Tier- und Pflanzenart wird in Deutschland zum Problem – viele verdrängen andere heimische Arten und verstärken damit das Artensterben, auch mit direkten Folgen für uns Menschen. So haben invasive Arten weltweit von 1981 bis 2020 milliardenschwere Schäden verursacht - geschätzt etwa 17 Milliarden US-Dollar. Sie entstehen durch Ernteverluste oder auch durch neue Krankheiten.
Invasive Arten sind mit ein Grund für das Artensterben
In Deutschland könnten nebenbei ganze Tierarten aussterben, weil sich invasive Arten ausbreiten – wie zum Beispiel der Kalikokrebs entlang des Rheins. Der Allesfresser verputzt die Eier von vielen Amphibien und wird zum immer größeren Problem.
Gemeinsam mit Naturschützern am Rhein auf der Suche nach den gefräßigen Kalikokrebsen
Mitten in der Nacht sucht der Biologe Paul Thomas nach den gefräßigen Kalikokrebsen, die sich hier in der Oberrhein-Region immer weiter ausbreiten. Jetzt im Dunklen sind die eingewanderten Kalikokrebse besonders aktiv. Kalikokrebse leben eigentlich in den USA, aber sind hier wahrscheinlich ausgesetzt worden und haben sich dann immer weiter ausgebreitet.

Kalikokrebse breiten sich immer weiter aus
Allein in diesem 60 Meter langen Tümpel leben Tausende, eigentlich ist solch ein Gewässer ein Paradies für Amphibien. Doch viele solcher kleinen Biotope hat der Kalikokrebs schon zerstört, wie hier in einem kleinen Gewässer südlich von Karlsruhe: Bis zu 60.000 Kalikokrebse haben hier im Winter mal gelebt. Irgendwann war alles aufgefressen, sodass sich die Kalikokrebse gegenseitig verschlungen haben. Die Krebse können mehrere Stunden am Stück über Land wandern, breiten sich stärker aus – mit immer größeren Auswirkungen: So zerstören sie die Lebenräume anderer, möglicherweise bedrohter Arten.

Kalikokrebs gefährdet Wiederansiedlung der Sumpfschildkröte
Ganze Naturschutzprojekte sind gefährdet, wie in Lauterburg an der französischen Grenze in der Nähe von Karlsruhe. Ein deutsch-französisches Forschungsteam versucht hier mit viel Aufwand die am Oberrhein ausgestorbenen Sumpfschildkröte wiederanzusiedeln. Immer wieder werden neue Schildkröten freigelassen. Doch der Kalikokrebs macht den Schildkröten und den Naturschützern das Leben immer schwerer.

Wir sehen uns mit der Tatsache konfrontiert, dass wir es mehr mit invasiven Arten zu tun haben als mit den Sumpfschildkröten. Und das ist natürlich extrem frustrierend als Naturschützer.
Die Krebse können die Schildkröten zwar nicht essen, zerstören aber einen Teil der wichtigen Lebensräume.
Dieser Tümpel ist extra angelegt worden für die Schildkröte vor vielen Jahren im Rahmen von dem Sumpf-Schildkröten-ohne-Grenzen-Projekt und innerhalb kurzer Zeit war hier der Kalikokrebs und hat die Oberhand gewonnen. Am Anfang war hier ein wunderschönes Gewässer, mit ganz vielen Pflanzen, mit ganz vielen Insekten im Wasser und das Wasser war ganz klar. Und sobald der Kalikokrebs hier Einzug gehalten hat, wurde es eine trübe Suppe!
Über eine Million Euro hat das Projekt gekostet – ein Rückschlag für das Schildkrötenprojekt, aber vor allem eine Katastrophe für die Amphibien.
Wie steht es um die heimischen Amphibien?
Die Hälfte der heimischen Amphibienarten gilt in Deutschland aktuell als gefährdet und steht auf der Roten Liste.
Die Situation der Amphibien rund um Karlsruhe ist relativ schlecht. Das liegt am Flächenverbrauch, an der Zerschneidung von Lebensräumen und zum anderen natürlich auch an den invasiven Arten!
Die Naturschützerin zeigt uns, was auf dem Spiel steht. Hier in einem Gebiet südlich von Karlsruhe gibt es noch keinen Kalikokrebs. Frösche und verschiedene Molcharten finden hier noch ein Rückzugsgebiet. Ein Lebensraum, der für die Amphibien extra angelegt wurde. Denn die Amphibien stehen vor allem wegen den wachsenden Städten unter starkem Druck, der Kalikokrebs kommt jetzt als Gefahr noch dazu.
Dieser Teich ist noch Kalikokrebs-frei, aber jedes Mal, wenn der Biologe Paul Thomas hierherkommt, hat er Angst, hier zum ersten Mal einen Kalikokrebs zu sehen. Der gebürtige Australier erfasst für das Land Baden-Württemberg, wie gut oder schlecht es den Amphibien geht. Früher in Australien hat er schon erlebt, was invasive Tierarten anrichten können. Der Kalikokrebs könnte hier in Deutschland aber ganze Amphibienarten verdrängen, sagt der Biologe.
Können wir die Amphibien vor den Kalikokrebsen schützen?
Zumindest lokal, an kleinen Tümpeln können Amphibien vor Kalikokrebsen geschützt werden, sagt ein Forschungsteam der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Sie haben einen befallenen Tümpel mit Kies aufgeschüttet. Baumstämme bilden als Ring einen Schutzwall gegen die Allesfresser und sollen so den Kalikokrebsen den Weg versperren.

Und heute ist klar – der Einsatz hat sich gelohnt. Vor drei Jahren war der Tümpel noch eine braune Suppe, vollständig von den Krebsen besetzt. Heute ist das Wasser wieder klar - voller Vielfalt. Auch die Laubfrösche sind zurück. Mit viel Aufwand können also kleine Tümpel vor den Kalikokrebsen geschützt werden. Doch nur eine undichte Stelle und ein befruchtetes Weibchen reicht aus, dass im Laufe eines Jahres tausende Krebse ein Gewässer wieder besiedeln.
Ein Faktor ist auch der Mensch
Immer wieder werden Kalikokrebse in Gewässern entdeckt, wo sie eigentlich gar nicht sein können.
Natürlich kommen diese Tiere aus irgendwelchen Aquarien. Und das Aussetzen von Flusskrebsen ist eigentlich generell das große Problem!
Heißt: Menschen helfen dem Kalikokrebs bei seiner Ausbreitung, sie setzen ihn aus. In den vergangenen Jahren konnte sich der Krebs vor allem entlang des Rheins immer weiter ausbreiten, mit noch nicht absehbaren Folgen vor allem für die Amphibien. Sie sind durch den Kalikokrebs noch stärker gefährdet.