Die Weltreligionen

Judentum

Stand

Ursprung

Das Judentum ist die älteste der drei Religionen, die alle an denselben einzigen Gott glauben. Es ist ungefähr 4000 Jahre alt. Das Christentum gibt es seit 2000 Jahren, den Islam seit fast 1400 Jahren. Die meisten Jüdinnen und Juden leben als Minderheiten in den Ländern, wo sie wohnen und deren Staatsangehörigkeit sie haben. Nur in Israel ist die Mehrheit der Staatsbürger jüdischen Glaubens.

Nach dem Glauben der Juden schloss Gott einen Bund, also einen Vertrag mit Abraham. Abraham lebte in Mesopotamien, dem heutigen Irak.Gott versprach Abraham, seine Nachkommen zu einem großen Volk zu machen und ihnen ein Land zu geben. In der Bibel wird dieses Land oft das "Gelobte Land" genannt. Dafür verlangte er von Abraham, aufzuhören, an die vielen Götter seines Volkes zu glauben und nur noch ihn als einzigen Gott anzuerkennen.

Die wiederaufgebaute Synagoge in Berlin (Foto: Colourbox)
Die wiederaufgebaute Synagoge in Berlin.

Jüdin oder Jude ist jedes Kind, das eine jüdische Mutter hat, egal, ob die Mutter gläubig ist oder nicht. Manche Glaubensrichtungen erkennen als Juden auch an, wer einen jüdischen Vater und eine andersgläubige Mutter hat. Am achten Tag nach der Geburt bekommen die Kinder ihren Namen. Viele Eltern lassen ihre Jungen beschneiden, das heißt die Vorhaut des Penis wird entfernt. Wie im Islam ist dies das äußere Zeichen für den Bund mit Gott.

Jude mit Kippa (Foto: Colourbox)
Ein Jude zeigt mit dem Tragen seiner KIppa seine Ehrfurcht und Demut gegenüber Gott: "Bedecke Dein Haupt, so dass der Segen Gottes auf Dir ruht", heißt es im Talmud

Ob das Kind später gläubig wird und nach den Geboten lebt, spielt keine Rolle: nach dem Verständnis des Judentums ist es allein durch seine Abstammung sein Leben lang Jude oder Jüdin. So kann man verstehen, warum Jüd*innen von einem "jüdischen Volk" sprechen, das von Gott auserwählt wurde und ihm gegenüber besondere Pflichten hat. Jungen werden mit 13 Jahren Bar Mizwa, "Sohn der Pflicht", das wird mit einem Fest gefeiert. Mädchen werden mit 12 Jahren Bat Mizwa, "Tochter der Pflicht". Ein Fest gibt es für die Mädchen nur in manchen Gemeinden. Bar Mizwa und Bat Mizwa sind religionsmündig, das heißt, sie werden als erwachsene Mitglieder der Gemeinde angesehen. Zur jüdischen Religion kann sich auch jemand bekennen, der keine jüdischen Eltern hat. Er oder sie muss an den Gott Abrahams glauben und die Gebote der Thora beachten.

Heilige Schriften

Thorarolle (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Roland Weihrauch)
Eine ausgestellte alte Thorarolle

Die wichtigste Heilige Schrift des Judentums ist die Thora. Sie erzählt von der Erschaffung der Welt, Noah und der Sintflut, Abraham und Moses. Es wird von den Wanderungen und Kriegen des "Auserwählten Volkes", der Nachkommen Abrahams erzählt. Die Thora ist Teil der Hebräischen Bibel, die die Christen Altes Testament nennen. Die ältesten Teile der Thora sind ungefähr 3000 Jahre alt. Viele Autoren arbeiteten über Jahrhunderte hinweg daran, die mündlich überlieferten Geschichten aufzuschreiben. Eine andere wichtige Schrift ist der Talmud, der mit Erklärungen und Geschichten hilft, die Bibel zu verstehen.

Religiöse Gebote

Gläubige Jüdinnen und Juden bemühen sich, die Gebote der Thora zu befolgen. Zu den Geboten gehört das tägliche Gebet, das Studium der Thora, Speisevorschriften und viele Gebote, die das Zusammenleben regeln. Am Sabbat dürfen orthodoxe Jüd*innen kein Feuer anzünden, das heißt heute auch: keine elektrischen Geräte einschalten. Deshalb wird das Essen am Freitag vorbereitet und warmgehalten. Der Sabbat gehört ganz der Ruhe und dem Gebet, es sei denn, jemand befindet sich in Lebensgefahr.Speisen, Kleidung und andere Produkte müssen koscher, das heißt "rein" sein nach den Vorschriften der Thora. Fleisch und Milchprodukte dürfen zum Beispiel nicht zusammen gekocht werden.

Gebet

Ein betender jüdischer Jugendlicher an der Klagemauer (Foto: picture-alliance / Reportdienste, imageBROKER | Klaus-Werner Friedrich)
Beim Bar Mitzwa Fest betet ein 13jähriger Jugendlicher an der Klagemauer mit Gebetsriemen um den Arm und auf der Stirn, um die religöse Mündigkeit zu erhalten. (Jerusalem, Israel)

Für eine*n fromme*n Jüd*innen beginnt der Tag mit dem Morgengebet. Um sich ganz auf das Gebet zu konzentrieren, legt er einen Gebetsschal um und schlingt sich schmale Riemen um Kopf und Arm. Wichtig ist auch ein kleines Käppchen, die Kippa. Den Kopf zu bedecken ist ein Zeichen des Respektes vor Gott. Genau umgekehrt sehen es die Christ*innen: wer sich im Gebet an Gott wendet, soll die Kopfbedeckung abnehmen. Zum feierlichen Gebet versammmelt sich die jüdische Gemeinde in der Synagoge. Mindestens zehn erwachsene Männer müssen da sein, damit ein Gottesdienst stattfinden kann. Ein Vorbeter liest auf hebräisch aus der Thora vor. Jede jüdische Gemeinde besitzt eine handgeschriebene Thorarolle, die sehr sorgfältig behandelt wird.

Der Davidstern (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Godong | Julian Kumar)
Der Davidstern

Nach dem Tod

Jüd*innen glauben, dass nach dem Tod vor Gott alle Menschen gleich sind. Nach ihrer Überzeugung steigt die Seele eines Menschen nach seinem Tod zu Gott auf und lebt dort weiter. Auf dem Weg zu Gott wird die Seele von Sünden und anderen unangenehmen Überbleibseln aus dem Leben befreit.

Nach jüdischem Glauben können Freunde und Angehörige dabei helfen, die Seele eines Verstorbenen zu „reinigen“. Dazu beten sie nach dem Todestag elf Monate lang an jedem Tag das Kaddisch und ab und zu auch andere Gebete für den Toten. Auch an jedem Jahrestag gehört das Beten des Kaddisch zu den Geboten im Judentum.

Wichtige Feste

Rosch ha-Schanah:

Im Herbst feiern die Jüd*innen Rosch ha-Schanah, das Neujahrfest. An Neujahr richtet Gott über die Menschen - ob sie Gutes oder Schlechtes getan haben. Zehn Tage haben die Gläubigen dann Zeit, Buße zu tun, zu bereuen und um Vergebung zu bitten. Am Ende dieser Bußzeit hoffen sie dann auf Versöhnung und ein gutes Jahr. Ein Brauch ist es, an Neujahr ein Stückchen Apfel in Honig zu tauchen und zu sprechen: "Möge dieses Jahr so süß sein wie der in Honig getauchte Apfel."

Jom Kippur:

Am zehnten Tag nach dem Neujahrfest feiern die Jüd*innen das Versöhnungsfest, den höchsten jüdischen Feiertag. An diesem Tag vergibt Gott den Gläubigen ihre Sünden Gott gegenüber. Die Erwachsenen fasten an diesem Tag und gehen zum Gebet in die Synagoge.

Chanukka:

Chanukkah-Fes (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Robert B. Fishman)
Kantor Jakow Zelewitsch entzündet die Kerzen auf dem Chanukkah-Fest der jüdischen Gemeinde in Herford

Ende November Anfang Dezember beginnt Chanukka, das Lichterfest. Die Jüd*innen erinnern damit an die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels, "Chanukka" bedeutet übersetzt auch "Weihung". Das Fest dauert acht Tage. Jeden Abend werden von links nach rechts die Kerzen eines neunarmigen Leuchters angezündet. Die Kinder bekommen Geschenke und Süßigkeiten.

Purim:

Dieses Fest erinnert daran, wie Esther die persischen Jüd*innen vor den Vernichtungsplänen ihres mächtigen Feindes Haman rettete. Esther berichtete dem König von Hamans Plänen und erhielt seine Hilfe. Purim ist ein fröhliches Fest, an dem sich die Kinder verkleiden. Wenn in der Synagoge bei der Lesung aus der Thora der Name Hamans erwähnt wird, dürfen sie sogar mit Rasseln Krach schlagen.

Frauen im Judentum

In der Thora steht, dass Frauen sich den Männern unterordnen sollen. Moderne jüdische Glaubensgemeinschaften meinen aber, dass die Gebote angepasst werden müssen an die Entwicklung der modernen Gesellschaft. Frauen sollen gleichberechtigt mit Männern sein, auch im religiösen Leben. Sie dürfen also aus der Thora lesen, gemeinsam mit den Männern beten und es gibt seit einigen Jahrzehnten, vor allem in den USA, auch Rabbinerinnen. Rabbiner sind die Lehrer und Prediger der Gemeinden, sie schlichten auch Streitfälle.Streng orthodoxe jüdische Männer dagegen danken Gott im Morgengebet dafür, dass sie nicht als Frauen zur Welt gekommen sind. Ihre Frauen sollen sich um die Einhaltung der Gebote im Haus und um die Erziehung der Kinder kümmern. In der Synagoge beten sie getrennt von den Männern und sie dürfen nicht aus der Thora vorlesen. Eine verheiratete Frau verbirgt ihr Haar in der Öffentlichkeit unter einer Perücke oder einem Kopftuch.

Andersgläubige

Jüd*innen versuchen nicht, andere zu ihrem Glauben zu bekehren. Sie lebten Jahrhunderte lang als friedliche Minderheit überall auf der Welt. Manche nahmen einen anderen Glauben an, um sich ganz an ihre neue Heimat anzupassen, aber sehr viele hielten am jüdischen Glauben fest.

Antisemitismus

Holocaust-Mahnmal in Berlin (Foto: Colourbox)
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, kurz Holocaust-Mahnmal, in der historischen Mitte Berlins erinnert an die rund sechs Millionen Juden, die unter der Herrschaft Adolf Hitlers und der Nationalsozialisten ermordet wurden.

Der Begriff Antisemitismus bezeichnet die ablehnende Haltung gegenüber Jüd*innen. Seit ungefähr 300 nach Christus wurden Jüd*innen vor allem in Ländern, in denen mehrheitlich Christen lebten, oft als unerwünschte Fremde und nicht als gleichberechtigte Bürger behandelt. In vielen Städten mussten sie in Ghettos leben, Angriffe auf ihr Leben oder ihren Besitz blieben häufig straflos. Dass Vorurteile, Misstrauen und Hass nie aufgehört hatten, zeigte sich, als die deutschen Nationalsozialisten die Vernichtung der europäischen Jüd*innen, den "Holocaust" oder hebräisch "Shoa", planten und durchführten.

Palästina

Immer wieder wurden die Jüd*innen aus Palästina vertrieben, dem Land, das Gott ihnen nach ihrem Glauben versprochen hatte. Im Jahre 70 nach Christus zerstörten die Römer Jerusalem, die Hauptstadt des damaligen Königreichs Judäa. So kam es, dass die Jüd*innen sich im Lauf der Jahrhunderte über die ganze Welt zerstreuten.

Klagemauer und Felsendom in Jerusalem (Foto: Colourbox)
Klagemauer und Felsendom in Jerusalem.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wollten nur wenige Jüd*innen, die den Holocaust überlebt hatten, wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Wie sollten sie vergessen, dass viele nichtjüdische Nachbarn weggeschaut hatten bei dem Unrecht, das ihnen geschehen war. Viele gingen nach Palästina, dem Land, das Gott ihnen nach ihrem Glauben versprochen hatte. Schon seit dem 19. Jahrhundert waren Jüd*innen dorthin ausgewandert.

Palästina stand seit 1916 unter britischer Verwaltung. Die Briten versprachen den Jüd*innen einen eigenen Staat, Israel. Aber auch den dort schon lange lebenden Palästinensern, Arabern muslimischen Glaubens, hatten sie das Land versprochen. Der Staat Israel wurde 1948 gegründet. Israel ist ein weltlicher Staat, Gerichte und Gesetzgebung sind unabhängig von der Religion. Aber weil die meisten Bürger*innen Israels Jüd*innen sind, gibt es Politiker, die das politische Leben nach den Geboten der Thora regeln wollen.Viele Palästinenser wurden bei der Gründung Israels von dem Land, auf dem sie lange gelebt hatten, vertrieben. Hier liegt eine Ursache für die Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern, dessen Ende alle friedliebenden Menschen auf beiden Seiten herbeisehen.

Besonderheiten

Warten auf den Messias

Jüd*innen erwarten den Messias, den Erlöser, der ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit bringen wird. Den Messias haben Propheten in der Hebräischen Bibel angekündigt.Die Christen, die an denselben Gott glauben wie die Jüd*innen, meinen, dass Jesus Christus dieser Messias ist.

Weitere Religionen

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AUTOR/IN
SWR