Raumfahrt

Europa bringt neue Raumfahrtprojekte auf den Weg

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Guido Meyer
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Ralf Kölbel

Alle drei Jahre blickt Europa in die Sterne. Dann treffen sich die für Raumfahrt zuständigen Forschungs-, Wissenschafts und Wirtschaftsminister, um die Pflöcke für Europas Zukunft im All einzuschlagen.

Im spanischen Sevilla hat der ESA-Ministerrat über die Zukunft der europäischen Raumfahrt beraten. Der Rat ist jenes Gremium, in dem sich die für Raumfahrt zuständigen Minister der Mitgliedstaatem der europäischen Weltraumbehörde ESA versammeln, um über die Finanzierung von Projekten in den kommenden 3 Jahren zu entscheiden. Geht es nun Richtung Mond und Mars?

Der europäische Raumgleiter Space RIDER

An Europas Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guyana schoss vor knapp fünf Jahren eine europäische Vega-Rakete den Prototypen eines schwarz-weiß gekachelten europäischen Raumgleiters ins All.

Dieser Raumgleiter sieht zwar ein wenig so aus wie die US-Space Shuttles. Aber er ist kleiner und billiger, als es die amerikanischen Raumfähren waren.

Space RIDER (Foto: Pressestelle, ESA)
Der Space RIDER hat Ähnlichkeit mit einem Mini-Shuttle.

Es ist kein Space Shuttle. Dazu ist es mit seinen fünf Metern zu kurz. Aber es ist eine fliegende Nutzlastplattform, auf der Experimente für zwei Monate dem offenen Weltraum ausgesetzt werden können.

Die Experimente an Bord des Space RIDERs werden aus den Bereichen Erdbeobachtung und Telekommunikation stammen, ergänzt durch Versuche in der Schwerelosigkeit, die unbemannt ablaufen können.

Das Neue für Europa besteht in der Möglichkeit, diese Experimente auch wieder zurückzubekommen. Die Versuche werden also zunächst ins All transportiert, landen dann mit dem Space RIDER wieder und werden schließlich zurückgeschickt an die Labore.

Nach den Beschlüssen der ESA-Minister soll Europas neuer Raumgleiter in Serie gehen und in den 2020-er Jahren erstmals ins All starten. Dann soll auch Baubeginn sein für das sogenannte Lunar Gateway - das astronautische Sprungbrett zum Mond. Das Gateway ist eine kleine Raumstation, die nicht um die Erde kreisen soll, sondern um den Mond. Wissenschaftliche Experimente an Bord sind nicht geplant.

Wenn man sich vorstellt, man will den Mount Everest besteigen, dann macht man erst einmal ein Basiscamp, wo die ganzen Nahrungsmittel hingeliefert werden können. Und dann kann man die eigentliche Expedition anfangen, die dann auf den Gipfel geht.

Und der Mond sei in diesem Vergleich der Mount Everest, findet Markus Landgraf vom europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC im holländischen Noordwijk. Die ESA wird die NASA beim Bau des Gateways unterstützen und könnte im Gegenzug die Möglichkeit erhalten, in den 2020-er Jahren an Bord eines amerikanischen Raumschiffs einen Europäer oder eine Europäerin zum Mond zu bringen.

Gateway mit besonderer Umlaufbahn

Die Mond-Umlaufbahn des aus einzelnen Modulen aufgebauten Gateways sieht aus wie eine große Ellipse. Ihr nächster Punkt ist ungefähr 4.000 km, der entfernteste Punkt ca. 75. 000 km von der Mondoberfläche entfernt.

Ganze sechs Tage dauert es, den Mond auf dieser Ellipse einmal zu umkreisen – und damit doppelt so lange wie der eigentliche Flug zum Mond. Dies zeigt, wie langgestreckt diese Umlaufbahn ist. Solch ein Orbit ist sehr stabil, muss aber dennoch von Zeit zu Zeit nachgebessert werden. Für das Zurechtschubsen der Umlaufbahn braucht das Gateway Treibstoff. Den Nachzufüllen ermöglicht das europäische Modul namens ESPRIT.

Diese Abkürzung steht für European System Providing Refuelling, Infrastructure and Telecommunications – und genau das soll ESPRIT leisten: Auftankmöglichkeit, allgemeine Infrastruktur für die Station und Telekommunikation. Außerdem will sich Europa am Bau eines internationalen Wohnmoduls für das Gateway beteiligen. Hier sollen sich bis zu drei Personen für zwei bis drei Monate aufhalten können. Läuft alles nach Plan, soll das erste Bauteil des Gateways schon 2022 ins All geschickt werden.

ESPRIT wird getestet. (Foto: Pressestelle, ESA / Arnauld Probst)
Die Struktur von ESPRIT wird im Tauchbecken getestet.

Europäischer Mars-Rover geplant

Und dann geht’s auf zum Mars. Sanjay Vijendran ist am europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC zuständig für die robotische Erforschung des Mars. Im kommenden Jahr soll der ExoMars-Rover zum roten Planeten aufbrechen und in der Folge ein weiterer europäischer Rover gebaut werden, der Gesteinsproben auf der Marsoberfläche einsammeln kann.

Auch wenn der europäische ExoMars-Rover noch gar nicht geflogen ist, haben wir durch seine Entwicklung bereits all das gelernt, was wir für den Bau eines Rovers zum Einsammeln von Marsgestein können müssen.

3-D Modell eines Marsrovers in Aktion. (Foto: Pressestelle, ESA)
3-D Modell eines Marsrovers in Aktion.

Das US-Fahrzeug wird im kommenden Jahr starten. Auf dem Mars angekommen, soll es dreißig bis vierzig Bodenproben an verschiedenen Stellen einsammeln. Und die müssen dann irgendwie zur Erde kommen, betont Barbara Spagnoli. Die Weltraumingenieurin arbeitet für den italienischen Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern Leonardo in Rom.

Ein zweiter, kleinerer Rover aus Europa sammelt die Proben von der Marsoberfläche ein. Dann deponiert er sie innerhalb einer Rakete, die vorher separat zum Mars geflogen ist. Diese Rakete startet anschließend mit den Gesteinsproben in Richtung Mutterschiff in der Mars-Umlaufbahn.

Das Mutterschiff – das letzte Element einer solchen dreigeteilten Mars Sample Return Mission. Und das einzige, das selbst gar nicht mit dem Mars in Berührung kommt. Es wartet in der Umlaufbahn und fliegt mit den Proben zur Erde zurück. Auch dieses Bauteil, das Mutterschiff, will die ESA zu einer Mars Sample Return Mission beisteuern - ziemlich ehrgeizige Projekte der bemannten und unbemannten Raumfahrt also, die Europas Know How im All in den kommenden Jahren ganz schön auf die Probe stellen werden.

So soll das Mars Saple Return System funktionieren. (Foto: Pressestelle, ESA)
So soll das Mars Saple Return System funktionieren.
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