Welt-Malaria-Tag

Kampf gegen Malaria – Impfstoff-Forschung aus Tübingen

Stand

Von Autor/in Ulrike Till

Heute (25. April) ist Welt-Malaria-Tag. Der Kampf gegen die Tropenkrankheit ist mühsam und langwierig. Ein Durchbruch durch neu eingeführte Impfstoffe gegen Malaria lässt noch immer auf sich warten. Ein Zentrum der weltweiten Forschung an einer wirksamen Schutzimpfung ist das Tropeninstitut der Uni Tübingen.

Malaria wird durch Mücken übertragen – genauer gesagt durch Parasiten, die durch den Stich bestimmter Mücken ins menschliche Blut gelangen. Unbehandelt ist Malaria lebensbedrohlich, in schweren Fällen kommt es zu hohem Fieber, Krampfanfällen und Atemnot.

Wenn man frühzeitig Medikamente gibt, lässt sich die Tropenkrankheit aber gut behandeln. Noch viel besser wäre es natürlich, man könnte sich mit einer Impfung komplett davor schützen.

Ein sicherer Schutz vor Malaria ist schwer zu erreichen

Zwei Impfstoffe kommen bei Kleinkindern in Afrika bereits zum Einsatz, doch sie wirken nur eingeschränkt. Ein rundum sicherer Schutz ist schwer zu erreichen, erklärt Professor Peter Kremsner, Direktor des Tropeninstituts am Uniklinikum Tübingen:

"Der Malariaparasit ist ein sehr komplexer Organismus. Das ist nicht wie ein Virus – SarsCov2 war ein Mickymaus-Projekt im Vergleich zu plasmodium falciparum. Das sind über 3.000 Gene, die alle grundsätzlich infrage kommen als Antigen für eine Impfstoffentwicklung oder Kombinationen davon."

Die schon verfügbaren Impfstoffe Mosquirix und R21 nutzen ein Protein auf der Oberfläche des Parasiten. Das Team um Professor Kremsner setzt dagegen auf einen abgeschwächten Lebendimpfstoff.

Stechmücke, die Malaria überträgt, auf einem Arm. Übertragen wird der Malaria-Erreger beim Stich einer infizierten Anopheles-Mücke über deren Speichel.
Übertragen wird der Malaria-Erreger beim Stich einer infizierten Anopheles-Mücke über deren Speichel.

Um die Wirksamkeit zu testen, wurden Freiwillige in mehreren Studien gezielt mit Malaria infiziert – eine Premiere in Deutschland:

"Da sind wir mit etwas Kniezittern zur Ethikkommission gegangen. Aber wir haben interessanterweise sehr positive Nachricht bekommen. Und zwar hat man uns gesagt, natürlich ist das ein Experiment, das, wenn es nicht ordentlich durchgeführt wird, kritisch sein kann. Aber genau so soll man und muss man die Medizin weiterbringen."

Bisherige Impfstoffe gegen Malaria für Mäuse versagen beim Menschen

Für Mäuse, so Kremsner, gebe es bereits jede Menge tolle Impfstoffe gegen Malaria – die dann beim Menschen versagt haben. Richard Kraft, freier Mitarbeiter beim SWR, hat als Student in Tübingen vor einigen Jahren bei einer der Studien mitgemacht. Er erinnert sich noch genau:

"Spannenderweise hab ich dann auch Malaria bekommen. Das war eine Überraschung für mich. Es war auch relativ spät, ich glaub so 12 Tage nachdem ich infiziert wurde. Ich hatte auch einen relativ milden Verlauf, was dazu passt, dass ich schon eine Immunisierung bekommen hatte, die dann vielleicht, aber nicht stark genug war. Als die Diagnose kam, habe ich natürlich auch direkt Chloroquin bekommen. Nach zwei Tagen ging’s mir dann auch wieder gut."

Tests des Impfstoffs in Afrika enttäuschen

Im getesteten Impfstoff steckten durch Bestrahlung abgeschwächte Malaria-Parasiten – bei Probanden, die vorher noch nie mit Malaria in Kontakt gekommen waren, lag die Schutzwirkung laut den Forschenden nach drei Impfungen im Schnitt bei 85 Prozent. Es gab demnach keine bedenklichen Nebenwirkungen. Bei Testreihen in Afrika waren die Ergebnisse jedoch enttäuschend:

"Allerdings haben wir gesehen, dass bei Kindern in Afrika – wir sind gerade dabei, das zu publizieren, eine Studie, die wir in Gabun gemacht haben – es nicht so einfach ist. Da kriegen wir mit dem gleichen Impfschema das nicht in ausreichendem Maße hin. Wahrscheinlich brauchen wir noch höhere Impfstoffdosen."

Das Grundproblem: Afrikanische Kinder hatten meist schon Kontakt mit Malaria. Außerdem sind sie häufig mit Würmern infiziert – beides erschwert die Impfung. Peter Kremsner sieht daher die größten Chancen für einen möglichen Lebendimpfstoff in der Reisemedizin, also als Schutzimpfung für Touristinnen und Touristen.

Impfung eines Kleinkindes in Afrika. Bei afrikanischen Kindern ist der Erfolg von Impfungen gegen Malaria bisher nicht besonders hoch. Das liegt auch daran, dass sie oft schon mit dem Malaria-Erreger in Kontakt gekommen sind.
Bei afrikanischen Kindern ist der Erfolg von Impfstoffen gegen Malaria bisher nicht besonders hoch. Das liegt auch daran, dass sie oft schon mit dem Malaria-Erreger in Kontakt gekommen sind.

Weitere Ansätze in Impfstoff-Forschung gegen Malaria sind vielversprechend

Mit einer zweiten in Tübingen erprobten Variante ließen sich sogar noch bessere Ergebnisse erzielen, nämlich dann, wenn die Probanden zusätzlich zu den Malariaparasiten sofort auch das Medikament Cloroquin bekamen. Die Schutzwirkung war hervorragend, aber die Nebenwirkungen waren deutlich stärker. Deshalb setzt das Tübinger Forschungsteam nun auf eine dritte Methode:

"Wir gehen deshalb jetzt einen dritten Weg mit genetisch veränderten Parasiten, wo zwei Gene des Parasiten plasmodium falciparum ausgeschaltet sind. Und das hat wenigstens in der Theorie so einen guten Erfolg und in Vorversuchen, in präklinischen Versuchen, dass wir jetzt auf diese eigentlich eleganteste und beste Variante hoffen."

Schon dieses Jahr soll in Tübingen eine erste klinische Studie dazu starten. Neben der Sicherheit soll gleich auch die Wirksamkeit des neuen Ansatzes geprüft werden. Vielleicht ist das dann der erste Schritt zu einer wirksamen Reiseimpfung gegen Malaria.

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Ulrike Till
Portraitbild von Ulrike Till, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Leila Boucheligua