Die meisten Betroffenen haben bereits im Alltag bemerkt, dass ihr Gedächtnis nicht mehr so zuverlässig ist wie früher, bevor sie die Diagnose bekommen: Alzheimer. Betroffen sind davon in Deutschland rund 700.000 Menschen, das Risiko daran zu erkranken steigt mit dem Alter.
Heute weiß man: die Schädigung des Gehirns durch die Erkrankung beginnt bereits Jahre vor den ersten Symptomen. Und eine Therapie, die das wieder rückgängig machen könnte, gibt es aktuell nicht. Das liegt auch daran, dass man diese Erkrankung noch nicht vollständig verstanden hat.
Medikamente sollen Fortschreiten der Erkrankung bremsen
Doch es gibt Medikamente, die zumindest dafür sorgen sollen, dass das Fortschreiten der Erkrankung gebremst wird. Länger selbstständig leben, sich länger an den aktuellen Wochentag erinnern, an die Namen der Liebsten - das wäre eine echte Erleichterung.
Die Namen der Mittel, die hier Hoffnung machen, klingen alle sehr ähnlich: Aducanumab, Lecanemab, Donanemab. Das "mab" am Ende steht für "Monoclonal Antibody" - sie bestehen also aus Antikörpern. Diese Antikörper wiederum sollen Jagd auf das Protein Beta-Amyolid machen.
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Aufgabe der Medikamente: Protein Beta-Amyolid zu fassen bekommen
Welche Rolle dieses Protein bei der Entstehung von Alzheimer spielt, ist noch nicht genau verstanden. Doch klar ist: Es bildet kleine Klumpen, sogenannte Plaques, die sich im Gehirn von Patientinnen und Patienten ansammeln und so irreversible Schäden anrichten.
Die Antikörper in den Medikamenten sollen das Protein Beta-Amyolid zu fassen kriegen und so entweder verhindern, dass sich neue Plaques anlagern - oder sogar alte Ablagerungen entfernen. In der Theorie klingt das einleuchtend. Zwei der Mittel sind außerdem in den USA bereits für die Behandlung zugelassen: Aducanumab seit 2021, Lecanemab seit diesem Sommer.
In der Praxis noch zu früh für Euphorie
Doch für die große Euphorie ist es in der Praxis zu früh. Denn die Antikörper in den Medikamenten tun zwar ihren Job: Sie fangen das Beta-Amyloid ab. Doch das allein hilft den Betroffenen nicht - wichtig ist es für sie vor allem, einen Unterschied im Alltag zu spüren. Gemessen werden kann dieser bei Alzheimer-Patienten mit einer Skala: Wie selbstständig kann jemand noch leben? Wie orientiert ist er noch? Leider ist der Unterschied auf dieser Skala zwischen Betroffenen, die die aktuell zugelassenen Mittel nehmen, und anderen, die ein Placebo-Mittel erhalten, nicht sehr beeindruckend.
Die Zulassung von Aducanumab in den USA war daher auch sehr umstritten, in der EU scheiterte ein Zulassungsversuch. Bei Lecanemab steht die Entscheidung über die Zulassung in der EU noch aus. Hier gibt es tatsächlich eine statistisch signifikante Verlangsamung der Symptome. Doch der Effekt ist so klein, dass Fachleute bezweifeln, dass man ihn im Alltag spüren würde.
Hoher Aufwand ist ein weiterer Nachteil
Gleichzeitig ist der Aufwand für alle Beteiligten sehr hoch: Die Antikörper werden als Infusion gegeben, die Patienten müssen also alle zwei Wochen in die Klinik oder Spezialambulanz kommen. Dazu gibt es regelmäßige Gehirn-Scans, um schwerwiegende Nebenwirkungen wie Gehirnschwellungen oder -blutungen zu kontrollieren, die in den Studien immer wieder vorkamen. Dazu kommt: Die Antikörper-Therapie ist teuer, ob Krankenkassen sie übernehmen würden, ist unklar.
Neuer Kandidat "Donanemab" macht Hoffnung
Vor wenigen Monaten kam dann ein weiterer "mab"-Kandidat dazu: In einer Pressemitteilung erklärte der Pharmakonzern Lilly, ihr Alzheimer-Medikament Donanemab würde die klinische Verschlechterung der Erkrankung verlangsamen - und zwar um 35 Prozent im Vergleich zur Placebogruppe. Die Patientinnen und Patienten waren außerdem 40 Prozent weniger dabei beeinträchtigt, ihren Alltag zu meistern.
Mittlerweile wurden diese Ergebnisse auch in einer Fachzeitschrift veröffentlicht und sind damit besser als die Daten von Lecanemab. Aber auch hier gilt: Die Demenz schreitet weiter vorran - aber etwas langsamer. Für viele Fachleute ist das ein wichtiges Zeichen: Offenbar geht es bei der Suche nach einer Alzheimer-Therapie in die richtige Richtung!
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Aber: Auch Donanemab hat Risiken
Doch noch laufen weitere Studien zu Donanemab. Und Linda Thienpont, Wissenschaftliche Leiterin der Alzheimer Forschung Initiative, warnt weiterhin vor allzu großen Erwartungen: Auch Donanemab sei kein Gamechanger, nicht DER große Durchbruch. Es könne die Alzheimer-Krankheit weder heilen noch stoppen, wenn auch den kognitiven Abbau verlangsamen.
Außerdem, darauf weisen viele Fachleute hin, dürfe man auch die Nebenwirkungen nicht aus dem Blick lassen: Während der Studie mit Donanemab sind wahrscheinlich drei Menschen auf Grund der Behandlung gestorben. Damit dieses Risiko in Kauf genommen werden kann, müsse auf der anderen Seite ein echter Nutzen der Therapie stehen.