Dürre Bäume auf trockenem, staubigem Waldboden (Foto: SWR)

Klimawandel und Trockenheit

Was wird aus unserem Wald - Naturwald oder Savanne?

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AUTOR/IN
Axel Weiß
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Heidi Keller

Die Wälder im Südwesten sind seit Jahren schwer unter Druck: Der Klimawandel und lange Trockenzeiten haben zu massiven Waldschäden geführt. Welche Maßnahmen können dem Wald helfen?

Wenn es nach der Landesgeschäftsführerin des BUND Baden-Württemberg Sylvia Pilarsky-Grosch geht, ist die wichtigste Hilfsmaßnahme für die heimischen Wälder, sich vom Wald als Einnahmequelle, als kommunale oder private Sparkasse zu verabschieden. Den Wald sieht sie durch den Klimawandel so vorgeschädigt, dass alles unterbleiben sollte, was Schäden weiter verstärkt.

Schwere Maschinen im Wald verdichten den Boden

Dazu gehört vielerorts die kommerzielle Holznutzung. Schwere Maschinen - beispielsweise zur Holzernte - verdichten die Böden, sie können damit weniger Wasser speichern, das wiederum fördert die Trockenheit. Wenn aber die bisherige Holznutzung unverändert weitergeht, so sorgt sich der Bund für Umwelt- und Naturschutz, „werden auch weiter schwere Maschinen eingesetzt werden und damit der Wald weiter belastet“.  

Naturschützer: Keine Kahlschläge und Baumarten, die sich selbst durchsetzen

Wichtig ist für Umweltschützer, dass das kühlende Kronendach eines ausgewachsenen Waldes möglichst erhalten bleibt, damit der Waldboden nicht dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt und damit erhitzt wird. Auch große Kahlschläge, wie sie derzeit bundesweit vielerorts zu sehen sind, sollten möglichst unterbleiben. Hier besteht an nicht wenigen Stellen die Gefahr, dass sich langfristig nur noch Gesträuch und Gestrüpp aber keine hohen Wälder mehr bilden, weil der Boden austrocknet und Humus verloren geht.

Das Problem: Niemand weiß derzeit, wie sich angepflanzte neue Bäume in den nächsten Jahrzehnten mit den sich ändernden Klimaverhältnissen arrangieren werden - oder eben nicht. Daher möchten Naturschützer den Wäldern ihre Vermehrung am liebsten so weit als möglich sich selbst überlassen statt durch massive Aufforstungen von vorneherein stark in die Naturverjüngung einzugreifen.

Forstministerium: Mischwald und resistente, auch ausländische Baumarten

Unklar ist, wie Temperaturveränderungen, wie Wassermangel und längere Trockenzeiten auf die Baumarten langfristig wirken, welche - vielleicht auch neuen - Schädlinge wie Insekten oder Pilze sich ausbreiten können. Natürlich gibt es Hoffnungsträger für "Zukunfts-Baumarten" wie etwa die ursprünglich aus Nordamerika stammende Douglasie statt der Fichte - doch auch da existieren inzwischen Zweifel, etwa an der erhofften hohen Trockenstress-Resistenz.

Klar ist: Der Waldumbau weg von monotonen Fichtenforsten in klimaangepasste und stabile Mischwälder steht für das baden-württembergische Forstministerium im Vordergrund. „Bei der Wiederbewaldung müssen wir noch stärker auf Vielfalt an Baumarten und auch Baum-Herkünften setzen. So haben wir die Chance, auch bei fortschreitendem Klimawandel eine bessere Anpassung unserer Baumbestände zu erzielen“, sagte Minister Peter Hauk anlässlich einer Waldbegehung in Tauberfranken.

Umweltschützer: Heimische Baumarten, weniger Holzeinschlag, Rotwild-Jagd

Der Naturschutzbund Nabu steht nicht-heimischen Baumarten freilich skeptisch gegenüber. Pläne aus dem Forstministerium, durch Trockenheit, Stürme und Borkenkäfer geschädigte Waldflächen hälftig mit nicht-heimischen Baumarten bepflanzen zu können, lehnt der Nabu Baden-Württemberg ab.

„Wir müssen den Wald als komplexes Ökosystem verstehen und seine Selbstheilungskräfte stärken. Dies kann am besten durch eine Reduktion der Holzernte, weniger schwere Maschinen und die konsequente Bejagung des Rehwilds erfolgen“, sagt Johannes Enssle, Nabu-Vorsitzender und selbst Förster. Pauschale Klimawandel-Flächenprämien für Waldbesitzende, wie sie derzeit diskutiert werden, seien der falsche Weg. Nötig sind für Enssle stattdessen mehr Personal für Beratung, Holzaufarbeitung und Stärkung privater Forstbetriebsgemeinschaften oder auch Investitionshilfen für wald- und bodenschonende Holzerntetechniken.

Waldrefugien im Staatswald für urwaldartiges Wachstum

Einige Maßnahmen zu mehr Ökologie in den Wäldern und damit auch zu mehr Stabilität enthält die neue Förderrichtlinie des Landes zum Wald. So sollen etwa kleine Waldstücke aus der Nutzung genommen werden. Zumindest im Staatswald, der etwa ein Viertel der 1,4 Millionen Hektar Wald in Baden-Württemberg ausmacht, wird es in Zukunft verbindlich mehr ökologisch wichtige Altbäume und Tothölzer geben. Landesweit werden dazu meist in älteren Waldbeständen sogenannte Waldrefugien ausgewiesen. Auf diesen im Schnitt eins bis drei Hektar großen Flächen sollen die Bäume bis zum Zerfall sich selbst überlassen bleiben. Zusammen mit kleineren „Habitat-Baumgruppen“ entstehen so ökologische Trittsteine für zahlreiche Tierarten. Bis 2022 sollen rund 12.000 Hektar solcher Waldrefugien im Staatswald ausgewiesen werden.

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Wichtig für die Wald-Ökologie: "Schonen, schonen, schonen."

Ob und wie sich die Wälder im Südwesten tatsächlich mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf Dauer arrangieren können oder nicht, ist eine offene Frage. Niemand weiß das, zu komplex sind die ökologischen Zusammenhänge, das Zusammenspiel von Wetter, Bodenverhältnissen, Pflanzen-, Tierwelt und Nutzungsverhalten durch den Menschen. Für einen möglichst schonenden Umgang mit den Wäldern plädiert deshalb der BUND-Waldexperte László Máraz. Patentlösungen für die Wälder gibt es nicht, sondern nur an die jeweiligen Örtlichkeiten angepasste Strategien: „Oberste Maxime muss sein: Schonen, schonen, schonen! Weiteren Stress durch massive Nutzung verkraften viele Wälder nicht.“

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