Tropfen an einer Spritze. (Foto: IMAGO, IMAGO / YAY Images)

Verfassungsgericht billigt Masern-Impfpflicht

Warum eine Masern-Impfung sinnvoll ist

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Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Lilly Zerbst

Die Masern-Impfpflicht in Kindertagesstätten bleibt. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden. Doch was macht die Masern eigentlich so gefährlich?

Seit März 2020 gilt die Impfpflicht gegen Masern für Kinder, die in einer Kindertagesstätte oder durch eine Tagesmutter betreut werden sollen. Dagegen haben Eltern Beschwerde eingelegt – ohne Erfolg. Denn die Masern-Impfung führe zu " einer erheblich verbesserten gesundheitlichen Sicherheit des Kindes", argumentiert das Bundesverfassungsgericht.

Hohe Ansteckungsgefahr bei Masern

Masernviren sind hochansteckend. Sie verbreiten sich durch Tröpfchen von Mensch zu Mensch und können in der Luft bis zu mehreren Stunden überleben. Fast jeder Kontakt zwischen einer ungeschützten Person und einem Erkrankten führt zu einer Ansteckung – selbst aus einigen Metern Entfernung.

Illustration der Reichweite von ausgeatmeten Aerosolen zwischen zwei Menschen bei einer Krankheitsübertragung durch Tröpfcheninfektion. (Foto: IMAGO, IMAGO / Science Photo Library)
Masernviren werden beim Sprechen, Husten oder Niesen zusammen mit dem Speichel herausgeschleudert. Sie können in der Luft bis zu zwei Stunden überleben.

Häufige Symptome einer Masern-Infektion

Das bekannteste Symptom der Masern ist ein fleckiger Hautausschlag. Daneben haben Erkrankte oft grippeähnliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schnupfen, Fieber, Husten oder auch eine Bindehautentzündung.

Schwere Folgeerkrankungen durch Immunschwächung möglich

Die Masern-Erkrankung schwächt das Immunsystem für mindestens ein Jahr. Deshalb steigt das Risiko für virale oder bakterielle Sekundärinfektionen. Schon bei einer von zehn an Masern erkrankten Personen treten Komplikationen auf: Am häufigsten sind Durchfall, Mittelohrentzündung und Lungenentzündung.

Bei einer von 1.000 Masernerkrankungen kommt es zu einer akuten Entzündung des Gehirns mit Schädigung von Nervenzellen. Bei 10 bis 20 Prozent der Patienten führt das zum Tod. Weitere 20 bis 30 Prozent leiden unter bleibenden Schäden des Zentralen Nervensystems, unter Behinderungen und teilweise auch Erblindung.

Illustration von Masern-Viren im Gehirn. (Foto: IMAGO, IMAGO / Science Photo Library)
Greift das Masernvirus das Hirn an, so kann es zu einer Enzephalitis kommen. Sie äußert sich wenige Tage nach Ausbruch des Hautsausschlags durch Kopfschmerzen, hohes Fieber, Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen. Betroffene können auch ins Koma fallen.

Masern können tödlich verlaufen

Besonders gefürchtet aber auch sehr selten ist eine Spätfolge der Masernerkrankung, bei der Masernviren fünf bis zehn Jahre nach der vermeintlich überstandenen Erkrankung Nervenzellen im Gehirn angreifen. Diese subakute sklerosierende Panenzephalitis verläuft immer tödlich und tritt bei bis zu elf von 100.000 Masernerkrankten auf. Das größte Risiko haben dabei Kinder. Das bedeutet: im schlimmsten Fall kann man an Masern sterben. Und Masern lassen sich nicht ursächlich behandeln, nur die Krankheitssymptome wie Fieber oder Schmerzen können durch entsprechende Medikamente gelindert werden.

Masern-Impfung verhindert Millionen Todesfälle

Aber gegen Masern kann gut und sicher geimpft werden. Hohe Impfquoten tragen zu einer deutlichen Eindämmung der Virus-Zirkulation bei. So ist von 2000 bis 2016 die Zahl der Masern-Todesfälle weltweit um 84 Prozent gesunken, so die WHO. Sie sagt: Masern-Schutzimpfungen konnten in diesem Zeitraum circa 20,4 Millionen Todesfälle verhindern.

Impfpass mit angekreuzter Masernimpfung (Foto: IMAGO, IMAGO / Christian Ohde)
Nach angaben des Robert Koch-Instituts waren 2019 rund 97 Prozent der Schulanfänger in Deutschland mindestens mit einer Dosis gegen die Masern geimpft. Zweifach geimpft waren knapp 93 Prozent. Um die Erkrankung auszurotten, müssen 95 Prozent der Bevölkerung immunisiert sein.

Impfung schützt vor Ansteckung

Die Masern-Impfung schützt sowohl vor einer Erkrankung als auch vor der Infektion, das Virus kann also nicht an andere weitergegeben werden. Das nennt man sterile Immunität. Die sterile Immunität ist das höchste Ziel der Impfstoffforschung, denn sie bedeutet eine Sackgasse für das Virus.

Mit der Masern-Impfung andere schützen

Mit der Masern-Schutzimpfung kann auch ein sogenannter Herdenschutz aufgebaut werden. Wenn 95 Prozent der Bevölkerung einen Schutz gegen Masern haben, ist auch der Rest der Menschen, der sich möglicherweise aus Krankheitsgründen nicht impfen lassen kann, mit geschützt.

Impfstoff erzielt hohe Wirksamkeit

Die Masernimpfstoffe sind Lebendimpfstoffe. Abgeschwächten Masernviren werden in embryonalen Hühnerzellen gezüchtet. Sie werden dann zusammen mit abgeschwächten Mumps- und Rötelnviren sowie oft zusätzlich in Kombination mit abgeschwächten Windpockenviren angeboten. Durch diese Drei- und Vierfachimpfungen spart man sich die vielen Einzelimpfungen.

Ein kleines Kind wird gegen die Masern geimpft. (Foto: IMAGO, IMAGO / photothek)
Eine erste Impfung gegen Masern wird Kindern zwischen 11 und 14 Monaten empfohlen. Besuchen sie eine Kindertagesstätte, so empfiehlt das Robert Koch-Institut bereits die Impfung ab 9 Monaten.

Laut zahlreichen, weltweit durchgeführten klinischen und Beobachtungsstudien wirkt eine einmalige Impfung bei Kindern und Jugendlichen bereits zu 92 Prozent gegen eine Maserninfektion. Da ein geringer Prozentsatz der Geimpften nicht auf die erste Impfung gegen Masern reagiert wird eine zweite Impfung empfohlen. Die erhöht die Wirkung auf 95 bis 100 Prozent. Nach der zweiten Impfung ist man in der Regel lebenslang immun.

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