Ernährung

Betrug bei Fisch-Importen: Forschungsteam verbessert Kontrolle

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Thomas Samboll
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Christian Burg

Speisefisch aus fernen Ländern ist oft falsch gekennzeichnet. Manche Arten können sogar giftig sein. Eine neue Datenbank soll helfen das Aufspüren falsch deklarierter Fische leichter machen. Oder kommen bald sogar Schnelltests für Fische?

Nicht immer lässt sich bei der Einfuhrkontrolle von Tropenfischen mit Sicherheit feststellen, ob es sich auch wirklich um die richtige Fischart handelt. Wissenschaftler;innen des Thünen-Instituts für Fischerei-Ökologie haben nun ein Kontrollverfahren entwickelt, das das Aufspüren falsch deklarierter Fische leichter machen soll.

Am Frankfurter Flughafen kommen nicht nur Flugpassagiere an, sondern auch Waren und Lebensmittel aus fernen Ländern. Fisch aus den Tropen zum Beispiel. Der wird wie alles andere auch bei der Einfuhrkontrolle genau unter die Lupe genommen: Steckt auch wirklich der Fisch drin, der auf der Verpackung steht? Hin und wieder wird das Kontroll-Team misstrauisch. Aus gutem Grund, so Reinhold Hanel vom Thünen-Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven:

„Die Kollegen aus Frankfurt haben 1.000 Proben für uns genommen von Fischimporten, die ihnen suspekt erschienen. Wo sie selber nicht mit Sicherheit sagen konnten, ob es sich bei den Fischen, die dort deklariert waren, um die echten Arten handelte. Und die haben dann biologische Proben von diesen Fischen genommen und haben sie uns zur Analyse geschickt. Und wir haben rausgefunden, dass es sich bei diesen Verdachtsfällen bei über 30 Prozent um Falsch-Deklarierungen handelte.“

Der "Rote Schnapper" ist besonders betroffen

Besonders auffällig waren die Proben des „Red Snapper“, zu Deutsch "Roter Schnapper". Ein teurer, barschartiger Tropenfisch mit großem Kopf und großem Maul, der bis zu einem Meter lang werden kann.

Roter Schnapper auf einem Teller (Foto: IMAGO, IMAGO / Westend61)
Der „Rote Schnapper“ gilt bei Fischfreunden als große Delikatesse. Nur selten wird aber der echte "Rote Schnapper" als "Roter Schnapper" verkauft.

In den Tropen gibt es nach Aussage von Reinhard Hänel verschiedene Arten von Schnappern . Die meisten oder viele davon seien rot. In Deutschland dürfe aber nur eine bestimmte Art als „Red Snapper“ verkauft werden.

„Unsere Untersuchungen zeigten beispielsweise, dass im Grunde über zwei Jahre am Frankfurter Flughafen kein einziger Import dieser Art, also des echten „Red Snappers“, den echten „Red Snapper“ enthielt. Sondern nur nahe verwandte Arten, wobei es sich ganz klar um Falsch-Deklarationen handelt."

Auch bei Meerbarben, Drückerfischen und Zackenbarschen gab es immer wieder Unstimmigkeiten, weiß die Fischereiexpertin Catherine Zucco von der Umweltschutzorganisation WWF: So gebe es bei den Zackenbarschen über 500 Arten, die sich zum Teil sehr ähnlich sehen. Und diese Arten seien dann schwer auseinanderzuhalten.

„Besonders schwierig ist die Identifikation der Art natürlich, wenn der Fisch bereits verarbeitet nach Deutschland kommt in Filetform. Dann sind die Identifikationsmerkmale wie der Kopf oder die Flossen nicht mehr vorhanden.“

Falsch-Deklarationen können gefährlich für den Verbraucher sein

Hinter den Falsch-Deklarationen kann pure Verwechslung stecken, betont Reinhold Hanel vom Thünen-Institut. So werde in den Herkunftsländern nicht immer nach biologischen Arten unterschieden wird, sondern teilweise von Fischern nur nach Formen.

Fischerboot von oben (Foto: IMAGO, IMAGO / UIG)
Hinter den Falsch-Deklarationen kann pure Verwechslung stecken, da in den Herkunftsländern nicht immer nach biologischer Art unterschieden wird.

Es kann sich aber auch um ganz bewusste Täuschungen handeln, weiß Reinhold Hanel: „Dass eben hochpreisige Arten gegen niedrigpreisigere Arten ausgetauscht werden.“

Mit anderen Worten: Es geht um Betrug! Falsch deklarierte Fische können aber auch gefährlich für die Gesundheit sein. Tropische Arten aus der Karibik, dem Indischen und dem Pazifischen Ozean können z. B. ein Gift enthalten, das Magen-Darm-Probleme oder auch langwierige Nervenstörungen verursachen kann und nur sehr schwer nachweisbar ist. Man könne das immer erst nachher feststellen, weil es, so Reinhold Hänel, aus technologischer Sicht unmöglich wäre, alle Fische beim Import auf diese möglichen Vergiftungen zu testen.

„Gerade diese Arten, die fälschlicherweise als „Red Snapper“ nach Deutschland gelangen, die haben laut Literatur eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie mit solchen Giften in Berührung gekommen sind. Und damit ist auch ein gewisses Gefährdungspotential für den Verbraucher da, wenn man diese Fischarten konsumiert.“

Eine Datenbank zur Überprüfung der Fischart

Gängige Kontrollmethoden wie die Bestimmung einer Art anhand ihres Aussehens reichen also offenbar nicht mehr aus, um Falsch-Deklarationen zu verhindern. Sehr viel sicherer sind DNA-Analysen, also die Identifizierung einer Fischart anhand ihrer Erbinformationen.

Das Problem: Für viele Arten, die nach Europa importiert werden, fehlen eindeutige Angaben zu ihrer typischen Genstruktur. Deshalb können auch DNA-Analysen bislang nur begrenzt eingesetzt werden. Das Thünen-Institut für Fischerei-Ökologie hat deshalb jetzt eine Datenbank entwickelt, in der es für möglichst viele der rund 500 legal in Deutschland gehandelten Fischarten einen genetischen Fingerabdruck gibt.

„Bei unserer Datenbank ist es so, dass von jedem Individuum, von dem eine DNA-Sequenz hinterlegt wird, auch Bilder verfügbar sind und eine genaue Herkunft verfügbar ist. Wir haben so eine Art Produktblätter für die einzelnen Fischarten entwickelt. Und diese Kombination aus mehrfachen Angaben erlaubt es, – wir hoffen, dass es irgendwann auch gerichtsfest ist – dass wir exakte Angaben geben können, die es Lebensmittelkontrolleuren und anderen Kontrollorganen erleichtert, hier Falsch-Deklarationen aufzudecken.

Einfuhrkontrolle für Fischimporte (Foto: IMAGO, IMAGO / Le Pictorium)
Die Datenbank des Thünen-Instituts für Fischerei-Ökologie enthält den genetischen Fingerabdruck, Bilder und die genaue Herkunft für möglichst viele der rund 500 legal in Deutschland gehandelten Fischarten.

Bestenfalls kann die Herkunft der Importfische mithilfe der neuen Kombi-Datenbank aus DNA und Bildern in Zukunft so genau bestimmt werden, dass damit auch illegale Fänge auffliegen.

„Es ist so, dass weltweit geschätzt wird, dass bis zu 30 Prozent der Fänge illegal sind. Und das treibt natürlich auch die Überfischung an!“

Schnelltests für Fische

In Zukunft könnten Schnelltests am Flughafen die Importkontrolle noch weiter verbessern. Bis man Ruck-zuck vor Ort die DNA von Zackenbarschen, Schnappern und Co. ermitteln kann, wird es aber wohl noch ein bisschen dauern, räumt Forscher Reinhold Hanel ein: Dafür müsste, so Reinhold Hänel einein kleines Gerät entwickelt werden, „wo anhand einer kleinen Probe unten der Fischname oder der Name der Herkunftsart ausgespuckt wird“.

Soweit ist man leider wissenschaftlich noch nicht. Reinhold Hänel sieht als Fernziel, solche genetischen Analysen in Echtzeit durchführen zu können. Derzeit könne bei Verdachtsfällen meist erst im Nachhinein festgestellt werden, dass es sich um eine Falsch-Deklarierung handele.

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