Eine neue Studie aus China sagt, der Erdkern drehe sich entgegen der Richtung der Erdkruste. Wissenschaftlich ist das allerdings umstritten. (Foto: IMAGO, imago/ANDRZEJxWOJCICKI/SCIENCExPHOTOxLIBRARY )

Geophysik

Studie: Erdkern dreht sich langsamer

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Thomas Hillebrandt
Thomas Hillebrandt, Redakteur und Reporter bei SWR Wissen aktuell (Foto: SWR, SWR, Christian Koch)
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Ralf Kölbel

Ein chinesisches Forschungsteam will herausgefunden haben, dass der Erdkern sich aktuell entgegen der Rotation des äußeren Erdkerns dreht und dabei langsamer geworden ist. Wissenschaftlich ist das allerdings umstritten.

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Wenn wir von oben auf den Nordpol schauen, rotiert die Erde äußerlich gegen den Uhrzeigersinn. Der innere Kern aber rotiert der neuen Studie entsprechend im Uhrzeigersinn. Das ist möglich, weil der innere metallische Kern von flüssigem Gestein umgeben ist.

Es gibt verschiedene Modelle zur Rotation des Erdkerns

Das Modell geht davon aus, dass die Rotation des Erdkerns regelmäßig die Richtung ändert. Das lässt sich an der Länge der Tage messen. Laut der Forschungsergebnisse aus China dauert eine Periode dabei um die 70 Jahre. Es gibt aber auch andere Modelle, in denen der Erdkern schon nach weniger als zehn Jahren kurz still steht, um dann die Richtung zu wechseln.

Thomas Hillebrandt aus der SWR Wissenschaftsredaktion beantwortet die wichtigsten Fragen. Für alle, die sich bei der Meldung an den Film "The Core" erinnern: Der Film wird dieses Jahr schon 20 Jahre alt. Aber da bleibt der Erdkern stehen und bringt das Magnetfeld der Erde total durcheinander.

Was wir bislang über das Innere der Erde wissen, stammt überwiegend aus seismologischen Beobachtungen. (Foto: IMAGO, IMAGO/Panthermedia)
Was wir bislang über das Innere der Erde wissen, stammt überwiegend aus seismologischen Beobachtungen.

Müssen wir uns jetzt Sorgen machen?

Thomas Hillebrandt: Wir müssen uns definitiv keine Sorgen machen. Es ist ein wunderbarer, sehr aufwendig gedrehter Trashfilm. Und damals war eben die Aussage, der Erdkern hört auf zu rotieren, das Magnetfeld bricht zusammen, und alles Leben auf der Erde ist in Gefahr. Das wird definitiv nicht passieren, da können wir uns schon sehr sicher sein.

Wie genau müssen wir uns diesen Aufbau der Erde und der Erdschichten vorstellen?

Thomas Hillebrandt: Im Groben ist es das klassische Bild der Zwiebel. Wir haben diesen inneren Kern. Der ist fest, mit rund zweieinhalbtausend Kilometern Durchmesser. Darüber kommt der äußere Kern, der ist flüssiger.

Dann kommt der untere Erdmantel und der obere Erdmantel und dann die Erdkruste. Wir können letztendlich von Glück sprechen, dass dieser Aufbau so ist. Der rotierende Erdkern funktioniert wie ein großer Dynamo, der ein Magnetfeld erzeugt, das uns vor der kosmischen Strahlung schützt. Insofern ist es gut, dass die Erde diesen Schalenaufbau hat.

Was genau haben die Forscher jetzt herausgefunden, was diese Rotation angeht?

Thomas Hillebrandt: Sie haben sich über einen langen Zeitraum seismische Wellen angeschaut, die von Erdbeben kommen. Das ist die einzige Möglichkeit in dieser Tiefe die Erde durchleuchten zu können. Bis zum Mittelpunkt der Erde sind es immerhin fast 6.400 Kilometer. Sie sagen, sie hätten herausgefunden, dass die Drehung des festen Erdkerns gegenüber des flüssigeren äußeren Kerns sich ein wenig verringert hat.

Diese relative Bewegung, das könnte man auch ablesen durch eine minimalste - wir reden da von tausendstel Sekunden - Verringerung der Rotationsgeschwindigkeit der ganzen Erde. Also, das sind die Aussagen dieser beiden Forscher. Es gibt allerdings Gegenmeinungen, die sagen, so viel wissen wir noch nicht. Die Interpretation muss nicht richtig sein. Also da ist sich die Wissenschaft zumindest noch nicht einig.

Vulkanausbrüche zeigen, dass es im Inneren unseres Planeten brodelt. (Foto: IMAGO, imago images/Addictive Stock)
Vulkanausbrüche zeigen, dass es im Inneren unseres Planeten brodelt.

Wie viel oder wenig wissen wir denn eigentlich über das Innenleben unseres Planeten im Vergleich zu anderen Gebieten?

Thomas Hillebrandt: Es gibt immer diesen Satz: Wir wissen mehr über das Weltall als über unsere Ozeane. Das ist so der Standardsatz, und das gilt für das Innere der Erde noch viel mehr. Also allein diese Größenordnung, also die tiefsten Bohrungen, wo man wirklich mal reingepikst hat. Da reden wir von zwölf bis vierzehn Kilometern.

Wie gesagt, sind es bis zum Mittelpunkt 6.400 Kilometer. Also die einzige Chance, etwas herauszufinden, ist wirklich durch die Analyse seismischer Wellen durch Erdbeben, die in den unterschiedlichen Schichten gebrochen werden und dann anders laufen, andere Laufzeiten haben. Da ist die Wissenschaft schon sehr weit. Da hat sich in den letzten hundert Jahren sehr viel entwickelt.

Aber im Vergleich zu dem, was wir jetzt über den Weltraum, über das Universum wissen, ist es immer noch ein großes Stück Wissenschaft, dass man da noch machen muss. Da wissen wir im Vergleich sehr, sehr wenig drüber.

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