„Quanten computing ist mehr als nur eine gute Idee“ –so lautete die Schlagzeile der New York Times, als Ende der 90er Jahre der erste Quantencomputer erfolgreich eingesetzt wurde.
Mittlerweile sind weltweit mehrere Dutzend Quantencomputer im Einsatz – bisher nur für Forschungszwecke. Der kürzlich eingeweihte IBM Quantencomputer am Standort Ehningen bei Stuttgart soll nun auch kommerziell nutzbar gemacht werden, um frühzeitig Fachkompetenzen für Quantencomputing aufzubauen.
In Zukunft sollen Quantencomputer imstande sein, komplexe Wechselwirkungen von Mehrteilchensystemen zu simulieren – beispielsweise, wie sich Moleküle bilden, bewegen und auseinanderfallen. Das könne zu Durchbrüchen in der Medizin und vielen weiteren Disziplinen führen.
Warum die Leistungsgrenze der Supercomputer erreicht ist
Prozessoren herkömmlicher Computer speichern und verarbeiten Information in Bits. Das steht für „binary digit“ – denn ein Bit kann genau zwei Zustände annehmen: Null oder Eins. Technisch sind Bits als elektrische Schalter – sogenannte Transistoren - eingebaut, die entweder an oder aus sind. Ein Prozessor verknüpft dann tausende Transistoren, um komplexe Information zu verarbeiten.
Das Problem: geläufige Prozessoren können nicht immer kleiner und leistungsfähiger gemacht werden, ohne dass Quanteneffekte die Technik untauglich machen. Genau diese Quanteneffekte nutzen Quantencomputer hingegen aus.
Wie funktioniert ein Quantencomputer?
Quantencomputer nutzen Quantenbits – kurz Qubits. Die werden durch Quantensysteme realisiert, beispielsweise durch Photonen. Misst man, in welchem Zustand sich das Quantensystem befindet, so gibt es auch hier – wie beim klassischen Bit – zwei Möglichkeiten. Der Unterschied: Das Quantensystem kann sich in einem beliebigen Überlagerungszustand der beiden Möglichkeiten befinden.
Das nennt man Superposition – bekannt durch Schrödingers Katze, die lebendig und tot zugleich ist. Ein Gedankenexperiment, das veranschaulicht, wie verrückt es in der Quantenwelt zugeht.
Die Superposition erlaubt es dem System, viele Rechnungen parallel auszuführen. Quantencomputer könnten so um ein Vielfaches schneller sein als herkömmliche Supercomputer – so weit die Theorie.
Was können Quantencomputer heute?
Aber: Noch berechnen die Quantencomputer vergleichsweise simple Matheaufgaben. Wegen der fremdartigen Arbeitslogik lassen sich herkömmliche Programme nämlich nicht einfach übertragen. Man muss ganz neue Quanten-Algorithmen entwickeln. Daran wird aktuell geforscht. Außerdem sind Qubits stark störungsanfällig und müssen aufwendig gekühlt werden.
Einweihung des ersten europäischen Quantencomputers
Mit dem IBM Q System One am Standort Ehningen bei Stuttgart hat die Fraunhofer-Gesellschaft Zugriff auf den ersten Quantencomputer, der nach Angaben von IBM auch außerhalb der Laborumgebung nutzbar ist. Rechnungen bewältigt er mittels 27 supraleitenden Qubits – damit befindet er sich im guten Mittelfeld.
Aber: Das Kompetenzzentrum »Quantencomputing Baden-Württemberg« rund um den ersten IBM-Quantencomputer auf deutschem Boden soll nicht nur der Weiterentwicklung des Quantencomputers selbst dienen. Auch kommerzielle Unternehmen sollen die Chance haben, eigenen Algorithmen zu entwickeln und zu testen. So könne das Potential von Quantencomputing in vielen Bereichen der Wirtschaft und Wissenschaft erprobt werden.
Sind Quantencomputer die Zukunft?
Wann genau die ersten Exemplare zur Lösung von Forschungsfragen eingesetzt werden und wieviel schneller sie im Vergleich zu unseren Supercomputer dann sind, bleibt abzuwarten. Und trotzdem: viele Forschende halten Quantencomputer für DIE Schlüsseltechnologie unserer Zeit. Schließlich schien ja auch die heutige Technologie vor wenigen Jahrzehnten noch unerreichbar.