Bild Weihachtsmarkt (Foto: IMAGO, Wolfgang Maria Weber)

Mythen-Check

Science goes Weihnachtsmarkt

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AUTOR/IN
Annemarie Neumann
Luisa Hochschild
Isabell Erb
Ellen Diez

Eine Adventszeit ohne Weihnachtsmarkt – unvorstellbar. Doch wärmt Glühwein trinken wirklich? Und sind knusprige Pommes ungesund? Der Weihnachtsmarkt wissenschaftlich erklärt.

In diesem Jahr verzichten einige Weihnachtsmärkte wegen der Energiekrise auf Eisbahnen. Doch braucht man zum Schlittschuhlaufen wirklich eine Eisbahn? Und sind tatsächlich nur Kerzen aus Bienenwachs nachhaltig? Vier Weihnachtsmarkt-Mythen im Check:

Mythos 1: Glühwein wärmt

Wenn es auf dem Weihnachtsmarkt kalt ist, setzen viele Besucherinnen und Besucher auf heiße Getränke. Die Klassiker Glühwein und Kinderpunsch gehören vielerorts dazu. Aber verbreitet Glühwein nur weihnachtliche Stimmung oder wärmt er auch wirklich?

Dem Namen nach könnte man davon ausgehen, dass es einem durch Glühwein wärmer wird. Betrachtet man jedoch, wie sich der Glühwein auf den Körper auswirkt, kühlt der Körper langfristig eher aus. Denn wenn es kalt ist, verschließen sich die Blutgefäße in den Armen und Beinen, um als Schutzmechanismus die Wärme im Körper zu halten.

Wird Alkohol zum Beispiel in Form von Glühwein getrunken, verändert er das Kälteempfinden und erweitert die Blutgefäße. Der Zucker im Glühwein trägt dazu bei, dass der Alkohol besonders schnell im Körperkreislauf ankommt. Das Blut aus dem Körperinneren fließt an die Körperoberfläche. Dadurch entsteht ein kurzzeitig wärmendes Gefühl. Doch weil nun Wärme wird über die Haut abgegeben wird, sinkt die Körpertemperatur. Der eigentliche Schutzmechanismus gegen Kälte wird außer Kraft gesetzt.

Gruppe, die Glühwein trinkt (Foto: IMAGO, Panthermedia)
Durch Glühwein kommt es einem für einen kurzen Moment wärmer vor. Der Zucker und die Wärme des alkoholischen Getränks beschleunigen dieses Gefühl. Eigentlich ist dies aber ein Trugschluss.

Man kühlt mit Alkohol also eigentlich schneller aus als ohne. Immerhin werden die Hände an der warmen Tasse gewärmt. Doch wer sich wirklich aufwärmen möchte, sollte auf Heißgetränke ohne Alkohol setzen.

Mythos-Check: Wärmt Glühwein wirklich? Nein. Kurzzeitig entsteht ein wärmendes Gefühl, doch eigentlich kühlt man durch den Alkoholkonsum schneller aus.

Mythos 2: Pommes sind ungesund

Pommes sind frittierte Kartoffeln. Was das mit dem Thema zu tun hat? So ziemlich alles. Damit die Pommes ihren Geschmack bekommen, passiert chemisch so einiges. Was bedeutet das für die Gesundheit?

Am wichtigsten ist die sogenannte Maillard-Reaktion. Proteine und Zucker reagieren beim Erhitzen miteinander und bilden Röstaromen. Diese Reaktion passiert nicht nur beim Frittieren, sondern auch beim Backen oder Braten. Leider entsteht dabei auch Acrylamid. Dieses steht im Verdacht Krebs zu erzeugen. Bisher ist das aber nur bei Tieren bewiesen.

Besonders viel Acrylamid findet sich in den dunklen, verbrannten Stellen. Acrylamid ist aber nicht nur in Pommes enthalten, sondern in fast allen Lebensmitteln, die erhitzt werden. Um zu verhindern, dass zu viel Acrylamid in der Lebensmittelherstellung entsteht, hat die EU Richtwerte festgelegt. Deshalb werden die Pommes mittlerweile bei niedrigeren Temperaturen frittiert. Denn je höher die Temperatur, desto mehr Acrylamid entsteht.

Pommes-Fans können aufatmen: Solange man die dunklen, verbrannten Stellen weglässt, lassen sich die Pommes auf dem Weihnachtsmarkt getrost genießen.

Mythos-Check: Sind zu lange frittierte Pommes ungesund? Ja. Zu lange und zu heiß frittierte Pommes bekommen verbrannte Stellen. Diese enthalten viel Acrylamid.

Mythos 3: Nur Kerzen aus Bienenwachs sind nachhaltig

Was wäre die Advents- und Weihnachtszeit ohne Kerzen? Auf jeden Fall nicht dasselbe – zumindest, wenn man den pro Kopf Verbrauch im Jahr betrachtet. Mehr als zwei Kilo Wachs verbrennen wir in Deutschland durch Kerzen (Stand: 2018). Aber, wie nachhaltig ist das eigentlich? Die Antwort ist: Es kommt darauf an, denn Kerze ist nicht gleich Kerze. Es gibt große Unterschiede in der Herstellung – und deshalb auch in Sachen Nachhaltigkeit.

Kerzen aus Paraffin liegen im Nachhaltigkeitsvergleich beispielsweise ganz hinten. Sie werden aus Erdöl hergestellt und haben dadurch eine negative Umweltbilanz. Weil ihre Produktion billig ist, machen sie trotzdem etwa drei Viertel der verkauften Kerzen aus.

Etwas besser schneiden Kerzen aus pflanzlichen oder tierischen Fetten, dem Stearin, ab. Das Problem ist: Das Palmöl, das für die Produktion verwendet wird, muss aus Südostasien importiert werden. Umweltschützerinnen und Umweltschützer kritisieren außerdem, dass zum Anbau des Rohstoffs große Flächen Urwald gerodet werden. Immerhin brennen Kerzen aus Stearin aber länger und geben weniger schädlichen Ruß in die Luft ab.

Am nachhaltigsten sind – zumindest vermeintlich – Kerzen aus Bienenwachs. Aber auch diese haben einen Haken: Der Großteil des Bienenwachses muss importiert werden, weil zur Herstellung von Kerzen deutlich mehr Wachs benötigt wird, als Bienen produzieren können. Um ein einziges Kilogramm Wachs herzustellen, benötigt ein Bienenvolk ein ganzes Jahr. Dementsprechend sind Bienenwachskerzen aus Deutschland teuer und schwer zu finden.

Bild Bienenwachskerzen (Foto: IMAGO, Hubert Jelinek)
Wer Bienenwachskerzen aus Deutschland findet, ist in Sachen Nachhaltigkeit gut aufgestellt. Solche Kerzen können zum Beispiel bei Bio-Imkern erworben werden.

Wer also nachhaltige Kerzen kaufen möchte, sollte sich am besten an eine Bio-Imkerei aus der Region wenden. Man kann Kerzen aber auch leicht selbst herstellen, indem man zum Beispiel abgebrannte Kerzen recycelt. Dafür reicht es, die alten Kerzenstummel einzuschmelzen und neue, ganz eigene Kerzen daraus zu gießen oder zu ziehen.

Mythos-Check: Sind Bienenwachskerzen nachhaltig? Jein. Das kommt ganz darauf an, woher das Bienenwachs stammt. Doch Bio-Bienenwachs aus Deutschland ist teuer. Alternativ kann man alte Kerzen recyceln.

Mythos 4: Schlittschuhlaufen kann man nur auf Eis

Auf vielen Weihnachtsmärkten werden im Winter auch Schlittschuhbahnen aufgebaut. Normale Eislaufbahnen müssen allerdings aufwendig gekühlt werden, was viel Energie verbraucht. In Baden-Baden und vielen anderen Städten wurde deswegen eine Alternative ausprobiert: Eine Laufbahn aus Plastik.

Das Prinzip ähnelt dem einer normalen Eislaufbahn. Wenn die Kufen des Schlittschuhs über das Plastik reiben, entsteht Hitze, welche die Oberfläche der Laufbahn zum Schmelzen bringt. Die Kufen gleiten also auf einem dünnen Flüssigkeitsfilm – wie auch bei Laufbahnen aus Eis. Nur besteht die Gleitschicht bei der Plastiklaufbahn aus flüssigem Kunststoffmaterial und nicht aus Wasser.

Welche Unterschiede man zum Fahren auf Eis bemerkt, bleibt eher eine subjektive Wahrnehmung. In Baden-Baden zum Beispiel bemerken viele Besucherinnen und Besucher keinen großen Unterschied. Dem schweizer Hersteller „Glice“ zufolge sei in den ersten Minuten aber tatsächlich ein Geschwindigkeitsverlust spürbar, allerdings nur in geringem Ausmaß.

Schlittschuh fahren auf einer Plastikschlittschuhbahn (Foto: IMAGO, Lutz Sebastian)
Die Eisbahn wird auf einer ebenen Fläche aus einzelnen Platten zusammengesetzt. Ein Verriegelungssystem stellt sicher, dass der Übergang zwischen den Platten reibungslos verläuft.

Die Natur- und Umweltschutzorganisation WWF äußert noch einen anderen Kritikpunkt: Beim Fahren lösen sich kleine Plastikfäden von der Bahn ab, die dann als Mikro- oder Makroplastik die Umwelt verschmutzen. In Zeiten, in denen es auf's Energiesparen ankommt, ist die Eislaufbahn ohne Eis aber zumindest ein guter Anfang. Und auch klimabewusste Menschen bewerten die Plastikbahn positiv. Denn wenn weniger Energie aufgewendet werden muss, wird auch weniger CO2 emittiert.

Mythos-Check: Benötigt man zum Schlittschuhlaufen Eis? Nein. Es gibt inzwischen eine Alternative aus Plastik.

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