Artenschutz & Insektensterben

Blühpatenschaften - das ist wichtig!

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Susanne Henn
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Landwirte in Baden-Württemberg bieten Bürgerinnen und Bürgern an, Blühpatenschaften für Ackerflächen zu übernehmen. Klingt gut, ist aber nicht in jedem Fall sinnvoll. Darauf kommt es an:

Nicht erst seit dem Volksbegehren in Bayern für mehr Insektenschutz ist das Thema „Insektensterben“ ein großes Thema. Wir brauchen mehr Flächen, auf denen Insekten sich wohlfühlen, um den dramatischen Trend noch umzukehren – so viel ist klar. Als Mitschuldige an der jetzigen Misere gilt die konventionelle Landwirtschaft, die mit Monokulturen und Pestizideinsatz den Insekten das Leben schwer machen. Vielen Landwirte reagieren darauf und bieten sogenannte „Blühpatenschaften“ an.

So bietet auch der junge Landwirt Richard Kauffmann aus Fellbach bei Stuttgart Blühpatenschaften auf je 100 qm. Der Bedarf nach solchen Blühflächen wächst auch in der Bevölkerung.

Auf die richtige Samenmischung kommt es an

Die Idee ist gut, findet Andreas Haselböck, Insektenkundler am Naturschutzmuseum in Stuttgart, aber nur, wenn die Blühmischung stimmt. Richard Kauffmann hat sich für diese Mischung entschieden: Ringelblume, Borretsch, Kleearten, Sonnenblumen, Phacelia. Dass soviel wie möglich drin ist, dass auch über einen langen Zeitraum immer was blüht und den Insekten und Bienen zur Verfügung steht.

Das Gute an dieser Mischung ist zwar, dass keine Nutzpflanzen dabei sind, aber ideal, so meint Andreas Haselböck ist sie nicht. Phacelia (auch "Bienenfreund" oder "Bienenweide" genannt) und Sonnenblumen etwa seien hauptsächlich für Honigbienen attraktiv, aber viel dramatischer sei die Lage bei Wildbienen oder auch Schmetterlingen.

So gibt es, so Haselböck, zum Beispiel sehr viele Wildbienen, die speziell auf Glockenblumen angewiesen seien. Gut für seltene Insekten sind auch verschiedene heimische Wicken, und das mittlerweile etwas verteufelte Jakobskreuzkraut sei gerade für unsere heimischen Windbestäuber eine sehr wichtige Pflanze.

Pestizide in der Nachbarschaft sind schlecht für Insekten

Die von Bauern- und Raiffeisenverbänden angebotenen Mischungen sind oft nicht optimal, findet auch Jochen Goedecke vom NABU Baden-Württemberg. Aber neben dem richtigen Blühmischung ist für ihn auch noch etwas Anderes wichtig:

viele Nützlinge reagieren sehr empfindlich auf Pestizide. Das heißt, die Streifen sollten da ausgebracht werden, wo auch nicht gespritzt wird. Weil wenn man spritzen würde, wären diese Streifen schnell wieder tot.

Das Feld neben dem Blühacker von Richard Kauffmann gehört ihm nicht, aber er weiß, dass sein Nachbar in diesem Jahr in einem Projekt Weizen anbaut, bei dem Pestizideinsatz verboten ist. Aber wie es in den nächsten Jahren aussieht, weiß er noch nicht.

Blühpatenschaften (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / blickwinkel/F -)
Wer Insekten helfen will hat die Möglichkeit, "Blühpatenschaften" zu übernehmen. Da kommt es allerdings auf die richtige Saatenmischung an. Und in der Nachbarschaft sollten möglichst keine Pestizide versprüht werden.

Blühpatenschaften gegen das Insektensterben

Aus Naturschutzsicht ist das nicht ideal, gut allerdings ist, dass Landwirt Kauffmann die Fläche fünf Jahre lang als reine Blühfläche erhalten will: Dann muss er sie aber wieder umbrechen, damit sie den Ackerstatus nicht verliert. Allerdings plant er dann, ein anderes Feld für Blühpatenschaften anzubieten. Vorausgesetzt, es finden sich genug Paten. Für die gibt es ihr Engagement allerdings nicht umsonst. 50 Euro pro Jahr möchte Richard Kauffmann. Das – so sagt er – hat er gut kalkuliert.

Im Netz werden solche Patenschaften auch günstiger und teurer angeboten. Einen allgemeinen Richtwert gibt es nicht, sagt dazu der Bauernverband, jeder Landwirt muss selbst durchrechnen, was er stattdessen mit Ackerbau verdient hätte. Mehr sollte eine Patenschaft aber nicht kosten.

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Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)