Ein 3D-Drucker druckt die Zahl "3" und den Buchstaben "D" in blauem Plastik. (Foto: IMAGO, IMAGO / Panthermedia)

Raumfahrt

Terran 1: So funktioniert der 3D-Druck der Rakete

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David Beck
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Lilly Zerbst

Schicht für Schicht hat das Unternehmen Relativity Space viele Bestandteile seiner Terran 1 Rakete gedruckt. Sie ist die erste größtenteils 3D-gedruckte Rakete.

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"Wir brechen für heute ab, danke fürs Mitspielen"

Mit diesen Worten beendete der für den Start zuständige Clay Walker am Mittwoch den ersten Startversuch von Terran 1. Das Problem: Der Treibstoff in der zweiten Stufe wurde zu warm. Für einen Jungfernflug ist ein solcher Abbruch aber nichts besonders. Die Entwickler wollen sichergehen, dass alles auch wirklich ganz sicher funktioniert.

Am Samstag, den 11. März 2023, dann der nächste Startversuch: Die Triebwerke wurden bereits gezündet, ehe technische Störungen erneut den Start verhinderten. Erst trat ein Problem mit der „Automatisierung“ auf, dann mit dem Treibstoffdruck.

Das Unternehmen Relativity Space teilte mit, bald einen neuen Starttermin für den Jungfernflug bekanntgeben zu wollen.

The team went HARD today and we intend to do so during our next attempt. More to come on the new launch date and window soon. #GLHF pic.twitter.com/VVyrfF09sL

"Try and Error" - Entwicklung nach Vorbild des Silicon Valley

Etwa fünf Jahre dauerte die Entwicklung. Das ist nicht viel für eine hochkomplexe Maschine, die in Zukunft knapp eineinhalb Tonnen Fracht in den Erdorbit schießen soll. Ein Vorteil in der Entwicklung war sicherlich, dass einzelne Teile schnell gedruckt, getestet, weiterentwickelt und wieder gedruckt werden konnten.

Dieses ständige Ausprobieren und Verbessern wird auch als der Geist des Silicon Valley bezeichnet. Dort wird in der Softwareentwicklung ständig eine neue Version getestet. Für einen solchen prototypenbasierten Entwicklungsansatz eignet sich auch der 3D-Drucker ideal: Neue Teile mit kleinsten Veränderungen können schnell hergestellt werden.

Rakete wird zunächst "falsch" gedruckt

Doch der Druck ist nicht immer präzise: Wer schon einmal mit einem 3D-Drucker gearbeitet hat weiß, dass das Ergebnis oft nicht die gewünschten Maße hat. Durch die Hitze des frisch aufgeschmolzenen Materials können sich darunter liegende, bereits ausgehärtete Schichten wieder verziehen.

Ein 3D-Drucker druckt ein rotes Plastikelement schichtweise. (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Wire)
Egal ob daheim mit Plastik gedruckt wird oder wie im Fall der Rakete mit einer eigens entwickelten Aluminiumlegierung, bei einem 3D-Druck wird das Ausgangsmaterial geschmolzen und Schicht für Schicht aufgetragen. Dabei kann es zu Verzerrungen des bereits abgekühlten Materials kommen. IMAGO / ZUMA Wire

Was im Hobbybereich lediglich frustriert, könnte in der Raumfahrt zu einem Scheitern der Mission führen. Relativity Space löst dieses Problem mit aufwändigen Computersimulationen des Druckprozesses. Die Rakete wird dabei erstmal „falsch“ gedruckt. Durch die Hitze am Druckkopf ziehen sich die unteren Schichten dann in die richtige Form. Trotzdem ist das ein Grund mehr beim ersten Start von Terran 1 möglichst vorsichtig zu sein.

US Flugaufsichtsbehörde gibt Okay zum Start

Grundsätzlich sollte die Terran 1 flugfähig sein, das befindet zumindest die US-amerikanische Flugaufsichtsbehörde FAA. Sie hat der Rakete die Lizenz zum Flug ins All erteilt. Allein das ist schon ein Meilenstein für das Unternehmen, egal wie der Start dann verlaufen wird.

Zukunft des 3D-Druck: Raketenherstellung auf Mond und Mars?

Welche Zukunft 3D-gedruckte Raketen haben, lässt sich noch nicht absehen. In einem zugegebenermaßen noch sehr fantasievollen Zukunftsszenario aber könnten sie einen Platz finden: Anstatt irgendwann ständig Raketen zu bauen, die von der Erde zum Mars fliegen, landen und wieder zurückfliegen können, könnte es effizienter sein auf dem Mars Raketen zu drucken. So könnte bereits eine kleine Mars-Kolonie eine größtenteils automatisierte Raketenfabrik betreiben.

Computergrafik vom Planeten Mars im Weltall. (Foto: IMAGO, IMAGO / blickwinkel)
Mit 3D-Druckern ließen sich vielleicht irgendwann sogar auf dem Mars Raketen produzieren. IMAGO / blickwinkel

Bis es so weit ist, muss aber erstmal die Terran 1 zeigen, dass sie es bis in den Erdorbit schafft. Nächstes Jahr soll dann die deutlich größere Terran R starten. Mit der will Relativity Space zum Mond und auch schon zum Mars fliegen.

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Ökologie Sind Häuser aus dem 3D-Drucker nachhaltig?

Tatsächlich kommen diese Häuser mit einem Öko-Versprechen. Gegenüber einem herkömmlichen Massivbauhaus verbrauchen sie zum einen weniger Material. Das liegt daran, dass das Druckmaterial direkt vor Ort angemischt wird, und zwar nur so viel, wie benötigt wird. Im konventionellen Bau fahren Lastwagen den Beton zur Baustelle, der wird verarbeitet, und dabei bleibt immer sogenannter Restbeton übrig. Es wird also beim klassischen Massivbau mehr Material verbraucht, in dem Punkt schneiden 3D-gedruckte Häuser besser ab. Ein zweiter Pluspunkt gedruckter Häuser ist, dass das Material recycelt und zum Beispiel als Füllmaterial im Straßenbau verwendet werden kann. Von Johannes Postler | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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