Proteinprodukte (Foto: IMAGO, imago)

Ernährung

Proteinprodukte - lecker und sinnlos?

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Peter Kolakowski
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Ralf Kölbel

Proteinshakes, - riegel, -suppen und andere Fertiggerichte bringen den Herstellern Milliarden. Doch es gibt Zweifel am gesundheitlichen Nutzen diese Produkte.


Mit Protein angereicherte Produkte sind derzeit voll im Trend, - nicht nur bei Sporttreibenden, sondern auch bei "normalen", fitnessbewussten Verbraucher*innen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in Bonn hat allerdings aktuell erhebliche Zweifel am von der Werbung suggerierten Nutzen solcher Produkte angemeldet. Was ist drin und was ist dran an den Werbesprüchen? Kann man einige Produkte empfehlen, z.B. bei einseitiger Ernährung oder nach dem Sport? Welche gesundheitlichen Gefahren sind möglich?

Wenn man regelmäßig im Fitnessstudio hart trainiert, braucht der Körper mehr Protein- sprich Eiweiß für das Muskelwachstum, denken sich viele und wiederholen damit eigentlich nur, was auf den Packungen draufsteht: „Wer Leistung bringt, braucht mehr Eiweiß als sonst.“

Proteinprodukte sind derzeit voll im Trend. Doch sie versprechen mehr als sie halten. Und der Konsum von zu viel Eiweiß kann für den Körper auch eine Belastung sein. (Foto: IMAGO, imago images/Westend61)
Proteinprodukte sind derzeit voll im Trend. Doch sie versprechen mehr als sie halten. Und der Konsum von zu viel Eiweiß kann für den Körper auch eine Belastung sein.

Hoher Proteingehalt lässt sich gut als "gesund" verkaufen

Genau dieses umstrittene Argument machen sich längst nicht nur die Hersteller von sogenannter Sportlernahrung zunutze. Auch Anbieter von herkömmlichen Lebensmitteln werben seit kurzem mit extra hohen Proteingehalten: zum Beispiel von Suppen, Riegeln, Backwaren, Puddings oder Eis. Die Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl, Pressesprecherin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE hat diese Produkte genauer unter die Lupe genommen.

Aus der Fitnessbranche heraus seien diese Produkte auch in den Supermarktregalen gelandet. Protein habe, so Gahl, den Vorteil, dass es gut sättige und viele Menschen glauben, dass sie mit proteinreichen Lebensmitteln besser abnehmen können. Das hat nach Einschätzung von Ante Gahl den Trend ein bisschen befördert, dass proteinreiche oder sogenannte High-Protein-Produkte in den Markt kommen. Auf den gesamten Energiegehalt enthalten solche Produkte oft schon 20 Prozent Protein.
Hersteller werben mit Slogans wie „High Protein“, „reich an Protein“, „Proteinquelle“ – für eiweißreiche Produkte.

Viele Menschen glauben, man könne durch Proteinshakes und dergleichen abnehmen. Ganz so einfach ist das jedoch nicht. (Foto: IMAGO, imago images/YAY Images)
Viele Menschen glauben, man könne durch Proteinshakes und dergleichen abnehmen. Ganz so einfach ist das jedoch nicht.

Auch Leistungssportler benötigen weniger Protein als bislang vermutet

Doch wieviel Eiweiß der menschliche Körper genau braucht, darüber gibt es bis heute in der Ernährungs- und Sportwissenschaft keine eindeutige Antwort. Selbst Leistungssportler benötigen weniger Protein als gemeinhin angenommen, sagt Dr. Hans Braun, Leiter der Abteilung für Sporternährung an der Deutschen Sporthochschule Köln:

Der Proteinbedarf ist erstmal eine individuelle Größe und dann gibt es Empfehlungen zur Proteinzufuhr, die sind in der Tat so von 0,8 Gramm pro kg Körpergewicht für Normalbürger, die aber auch im Fitnesssport tätig sein dürfen und dann gibt es auch Hochleistungssportler, und da wird angenommen, dass deren Bedarf bis maximal zwei Gramm pro kg Körpergewicht sein soll.

Selbst Leistungssporter benötigen weniger Protein als bislang vermutet wurde. (Foto: IMAGO, imago images / Panthermedia)
Selbst Leistungssporter benötigen weniger Protein als bislang vermutet wurde.

Mehr Protein als nötig

Die Hersteller von oft sehr teuren High-Protein-Produkten werben vor allem mit dem Argument, dass sie dem Muskelabbau entgegenwirken und gleichzeitig mehr sättigen sollen. High-Protein-Produkte liefern aber meist mehr Protein, als überhaupt nötig ist. Überflüssiges Protein baut der Körper zwar ab. Bei Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion kann viel Protein allerdings problematisch sein und zu einer Verschlechterung führen.

Für den gesunden Menschen spiele eine höhere Proteinzufuhr wahrscheinlich keine Rolle im Hinblick auf gesundheitliche Folgen, erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Überschüssiges Protein wird über die Nieren abgebaut

Überschüssiges Protein, das wir aufnehmen, muss allerdings auch wieder ausgeschieden werden. Dabei entsteht Harnstoff als ein Abbauprodukt. Dieser Harnstoff muss über die Nieren ausgeschieden werden. Wer sich proteinreich ernährt, sollte deshalb viel trinken.

Überflüssiges Eiweiß wird als Harnstoff über die Nieren ausgeschieden. (Foto: IMAGO, imago images/Shotshop)
Überflüssiges Eiweiß wird als Harnstoff über die Nieren ausgeschieden.

Ernährungswissenschaftler Hans Braun ist der Meinung, High-Protein-Produkte seien aus ernährungsphysiologischer Sicht vollkommen überflüssig. Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutze, bekomme genug Protein und könne sich das Geld für die meist teureren Produkte sparen.

High-Protein-Produkte machen aus Sicht des Ernährungswissenschaftler Hans Braun keinen Sinn, wenn man schon 70-80 Gramm Protein so über die Nahrung zu sich nehme. Allein schon 100 Gramm Fleisch haben 20-25 Gramm Protein. Damit decke man schon ein Drittel des Tagesbedarfs. Im Restaurant oder in der Kantine sind die Steaks oft 200 g schwer, damit hätte man schon zwei Drittel gedeckt, auch über Brötchen, Brot, Hülsenfrüchte. Und von daher gebe es keinen Grund, diese High-Proteinprodukte zu nehmen.

Unsere Nahrung enthält in den meisten Fällen schon eine ausreichende Menge an Proteinen. Eine zusätzliche Zufuhr mit Proteinshakes und dergleichen könnte unter Umständen sogar schädlich sein. (Foto: IMAGO, imago images/YAY Images)
Unsere Nahrung enthält in den meisten Fällen schon eine ausreichende Menge an Proteinen. Eine zusätzliche Zufuhr mit Proteinshakes und dergleichen könnte unter Umständen sogar schädlich sein.

Eiweißlieferanten aus natürlichen Quellen sind meist besser

Hinzu kommt: Viele High-Protein-Produkte sind hochverarbeitete, in Großküchen zusammengesetzte Lebensmittel mit oft vielen Zutaten. Wer häufig zu diesen Produkten greift, isst weniger Gemüse, Obst und Nüsse – das kann zu einem Mangel an sekundären Pflanzenstoffen, Nähr- und Ballaststoffen führen. Mögliche Folgen sind Übergewicht, ernährungsbedingte Krankheiten und ökologische Nachteile, warnt Antje Gahl.

Wir haben, so Gahl, viele Möglichkeiten, uns über natürliche Lebensmittel sehr gut mit Protein ausreichend zu versorgen.Nicht nur tierische Lebensmitteln wie Milchprodukte oder Fleisch enthalten viele Protein, sondern auch Linsen, Erbsen, Haferflocken, Kartoffeln, Sojaprodukte oder auch Algen, die sehr gut zur Versorgung beitragen.

Viele Proteinprodukte stammen aus der Fabrik. (Foto: IMAGO, imago images/Imaginechina-Tuchong)
Viele Proteinprodukte stammen aus der Fabrik.
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