Pareidolie

Warum wir in Milchschaum oder in Wolken Gesichter sehen

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AUTOR/IN
Franziska Ehrenfeld
ONLINEFASSUNG
Ralf Kölbel

Zwei Punkte und ein Strich darunter: Das muss ein Gesicht sein, denkt unser Gehirn. Darum sehen wir sie ständig – ob im Kaffeeschaum, im Käse oder bei Autos. Aber warum ist das so?

Die berühmteste Gesicht, das gar keins ist, ist wohl das sogenannte "Marsgesicht". 1976 schickte die Sonde "Viking 1" ein Foto eines erodierten Bergs auf dem Mars zur Erde. Viele glaubten darauf ein dunkles Auge, Nase, Mund und sogar eine Frisur um das Gesicht zu erkennen.

Die Entdeckung des "Marsgesichts" von Cydonia beruhte auf einem recht unscharfen Foto. (Foto: IMAGO, imago/NASA)
Die Entdeckung des "Marsgesichts" von Cydonia beruhte auf einem recht unscharfen Foto.

Pareidolie: Überall Gesichter

Das Phänomen nennt sich Pareidolie. Unser Gehirn sortiert visuelle Informationen in Schubladen, die es kennt – es hat also quasi eine permanent laufende Gesichtserkennung.

Eine australische Studie von 2020 zeigt, dass „vorgetäuschte“ Gesichter die gleichen visuellen Mechanismen im Gehirn aktivieren wie echte. Dass unser Gehirn Formen so großzügig als Gesicht registriert, könnte daran liegen, dass das Erkennen anderer wichtig für unser Zusammenleben ist. Vor allem früher spielte das auch fürs Überleben ein zentrale Rolle – damit wir Feinde und potenziell gefährliche Tiere rechtzeitig erkennen konnten. Es hatte also einen evolutionären Vorteil, Gesichter zu erkennen.

Gesichter lassen sich beispielsweise in Wolken, Milchschaum, Gullideckeln, Bäumen oder auch in Marskratern erkennen. (Foto: SWR, SWR/Ilyas Buss)
Gesichter lassen sich beispielsweise in Wolken, Milchschaum, Gullideckeln, Bäumen oder auch in Marskratern erkennen.

Gesichtserkennung ist angeboren

Laut einer britischen Studie aus dem Jahr 2017 ist uns diese Fähigkeit angeboren. Wir müssen nicht einmal echte Gesichter gesehen haben, damit der Pareidolie-Effekt eintritt. Denn schon ungeborene Babys reagieren auf Punkte, die wie ein Gesicht angeordnet sind! Die wurden in den Mutterleib hineinprojiziert und die Föten wandten sich auffällig oft dem konstruierten Gesicht zu. Wurde die Projektion umgedreht, reagierten die Ungeborenen nicht.

Wenn wir Gesichter in Gegenständen erkennen, wissen wir zwar, dass diese nicht lebendig sind. Aber wir können einfach nicht umhin, ein Gesicht wahrzunehmen – und ihm soziale Qualitäten wie eine Blickrichtung zuzuschreiben.

Dass wir an manchen Gegenständen Gesichter erkennen, ist uns wohl schon angeboren. (Foto: SWR, SWR/Ilyas Buss)
Dass wir an manchen Gegenständen Gesichter erkennen, ist uns wohl schon angeboren.

Auch Autos haben "Gesichter"

Das Automobil-Design spielt mit der Pareidolie. Jedes Auto bekommt seinen eigenen Gesichtsausdruck. Sportwagen schauen oft grimmig, Kleinwagen eher niedlich drein. Vielleicht fällt es deshalb manchen Menschen so schwer, ihr Auto zu verkaufen oder gar verschrotten zu lassen. Immerhin schaut es uns tagtäglich mit seinen großen Scheinwerfer-Augen an.

Die Scheinwerfer mancher Autos erinnern an die Augen eines Gesichtes. (Foto: IMAGO, imago)
Die Scheinwerfer mancher Autos erinnern an die Augen eines Gesichtes.
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