Sie kommen aus den Tiefen unseres Sonnensystems: Asteroiden und Kometen. Normalerweise ziehen sie weit draußen im sogenannten Kuipergürtel oder zentraler im Asteroidengürtel ihre Bahnen um die Sonne. Manchmal aber nehmen sie Kurs Erde. Sie können aus Stein, Metall und/oder Eis bestehen. Große Exemplare sind eine Gefahr für das Leben auf der Erde. Ein Objekt von etwa zehn Kilometern Durchmesser, ein „globaler Killer“, traf vor rund 65 Millionen Jahren unseren Planeten. Die dadurch verursachten Verwüstungen und ihre klimatischen Folgen waren weltweit so gravierend, dass sie zum Aussterben der Dinosaurier führten.
Kein Einzelfall: Geologen haben weltweit bisher 150 riesige Einschlagskrater entdeckt. Die meisten sind durch die ständige Bodenerosion auf Erden kaum noch zu erkennen. Der Barringer–Krater in der Wüste des US-Bundestaates Arizona dagegen zeigt noch sehr deutlich die Wucht des Aufpralls. Er misst 1.200 Meter im Durchmesser. Auch in Deutschland finden sich riesige Krater: Der Hauptkrater im Nördlinger Ries in Bayern hat einen Durchmesser von 24 Kilometern!
Auch die Kleinen sind gefährlich
Globale Killer bedrohen uns derzeit nicht. Astronomen kennen mittlerweile die Flugbahnen der erdnahen großen Himmelsobjekte durch langjährige Beobachtungen genau und geben für die nächsten 200 Jahre Entwarnung. Allerdings: kleine Objekte unter 140 Meter Durchmesser sind eine ernstzunehmende Gefahr. Mit Einschlägen von Objekten der Größenklasse um 20 Meter ist statistisch alle hundert Jahre einmal zu rechnen.
Asteroidenabwehr
Im Auftrag der EU entwickelt ein internationales Wissenschaftlerteam im Projekt „NEOshield“ Abwehrstrategien. Doch wie hält man ein tausende Tonnen schweres Objekt auf, dass mit 10.000 Kilometern pro Stunde auf die Erde zufliegt?
Zunächst einmal müssen die Flugobjekte auf Kollisionskurs rechtzeitig identifiziert werden. Längst überwacht ein Netz von Teleskopen den Himmel. Doch die dunklen Brocken sind von der Erde aus nur schwer auszumachen – vor allem Objekte unter 100 Meter Größe. Trotzdem entdecken Astronomen durchschnittlich vier neue Asteroiden – pro Tag! Mittlerweile sind rund 12.000 Objekte bekannt, die der Erde theoretisch gefährlich werden können. 95 Prozent hiervon sind Asteroiden, die überwiegend aus Stein, aber auch aus Metall bestehen. Auf der Risiko-Liste der NASA stehen 494 erdnahe Objekte. Und das sind nur die, die wir kennen! Die zwei größten Asteroideneinschläge seit 1900 ereigneten sich beide ohne Vorwarnung:
- 1908 zerstörte ein circa 80 Meter großer Asteroid im sibirischen Tunguska ein Gebiet von der Größe des Saarlandes.
- 2013 explodierte am Himmel über dem russischen Tscheljabinsk ein nur 17 Meter großer Gesteinsbrocken. Die Energie eines direkten Einschlags hätte die 100.000 Einwohner zählende Stadt wohl vernichtet. So zerstörte allein die Druckwelle der Explosion viele Häuser und verletzte rund 1.500 Menschen.
Abwehrplan 1: Der Gravitationstraktor
Im Notfall wollen die Forscher des Projektes „Neoshield“ Asteroiden mit Kurs Erde von ihrer Bahn ablenken. Und zwar durch eine tonnenschwere Raumsonde, die neben dem Asteroiden herfliegt. Selbst deren vergleichsweise kleine Masse übt eine gewisse Schwerkraft auf den Asteroiden aus. Dadurch kann sie eine leichte Kursänderung seiner Flugbahn bewirken. Diese „Gravitationstraktor“ genannte Methode hat den Nachteil, dass sie viel Zeit benötigt, möglicherweise Jahrzehnte.
Abwehrplan 2: Die Killersonde
Sollte wenig Zeit bleiben wollen die „Neoshield“-Forscher einen Asteroiden mit einer Killersonde beschießen, sozusagen kosmisches Billard spielen. Der Impakt, also der Einschlag, soll den Asteroiden von seiner Bahn ablenken. Der Masseauswurf, den der Einschlag hervorruft, könnte dabei die Aufschlagsenergie verstärken. In der Schwerelosigkeit wirkt dieser Masseauswurf wie ein Rückstoß, ähnlich wie der eines Düsentriebwerks. Das Fraunhofer Institut für Kurzzeitdynamik (Ernst Mach Institut) in Freiburg erforscht diese auftretenden Kräfte mit einer Hochgeschwindigkeitskanone: Ein Projektil (die Raumsonde) wird dafür mit einer Geschwindigkeit von 10.000 Kilometer pro Stunde auf einen Sandstein (den Asteroiden) abgefeuert. Die Versuche zeigen, dass das herausgeschleuderte Material die Energie durch den Einschlag selbst mindestens um den Faktor zwei erhöhen kann.
Praxistest im All – die AIDA Mission
Um die theoretischen Berechnungen auch in der Praxis überprüfen zu können, beabsichtigen die Forscher einen Praxistest durchzuführen. Geplant ist, dass 2020 ESA und NASA den Zwillings-Asteroiden „Didymos“ und „Didymoon“ angreifen. Während eine Sonde das Manöver beobachtet und per Lander Proben des Asteroiden nimmt, wird eine zweite, 330 Kilo schwere Sonde direkt auf dem 170 Meter großen „Didymoon“ einschlagen. Aus dem Versuch sollen Daten gewonnen werden, wie stark ein Impakt, also ein Einschlag, eine Kursänderung bewirken kann.
Bahnablenkung – Gefahr für das Nachbarland?
Politisch ist jede Bahnkorrektur eine Herausforderung! Eine Nation, die hierzu in der Lage ist, könnte eine Nachbarnation in Gefahr bringen. Wer darf dann entscheiden, welche Abwehrmaßnahmen getroffen werden? Seit einigen Jahren ist die UNO damit beauftragt, Entscheidungskriterien für diesen Fall zu entwickeln. Bisher ohne Ergebnis. Für die Wissenschaft stellt sich deswegen die wichtige Aufgabe, Bahnkorrekturen möglichst genau und zuverlässig vorausberechnen zu können.
Abwehrplan 3: Feuer frei
Bei porösen oder sehr großen Asteroiden oder Kometen könnte der Einschlag einer Killersonde verpuffen. Auch wenn ein Asteroid zu spät entdeckt werden sollte, wäre nicht genug Zeit für eine Bahnkorrektur. In diesen Fällen bliebe nur eine ungenaue und sehr riskante Abwehrmethode: Der Beschuss mit Atomraketen. Zum einen ist der Start der Atomraketen mit Gefahren verbunden, zum anderen könnten große Bruchstücke des Asteroiden die Erde an verschiedenen Stellen treffen, wie der Kugelhagel einer Schrotflinte. Anders als in Hollywoodfilmen sind sich die Experten daher einig, dass der Einsatz von Atombomben nur in höchster Not infrage kommt.
Entscheidend für die Wahl der Mittel sind die verbleibende Zeit und eine möglichst genaue Kenntnis darüber, was da aus den Tiefen unseres Sonnensystems auf uns zurast, so die Forscher. Aus diesem Grund plant die NASA 2016 einen Flug zum Asteroiden „Bennu“. Ein Lander soll Bodenproben zur Erde bringen. Bennu ist 510 Meter groß und kommt der Erde 2182 gefährlich nahe.
Apophis – eine reale Gefahr
2004 entdeckten Astronomen einen Asteroiden, den sie später Apophis nannten, dem ägyptischen Gott der Rache. Der 315 Meter große Brocken soll die Erde in nur 31.000 Kilometer Entfernung passieren! Astronomisch gesehen ein Katzensprung. Der Termin steht schon fest: Freitag der 13. April 2029. Ein Einschlag ist kurzfristig nicht zu befürchten, aber: Apophis kommt regelmäßig wieder. Und durch die Anziehungskräfte der Erde (genauer den sogenannten Jarkowski-Effekt) wird sich seine Bahn im Laufe der nächsten 1.000 Jahre der Erde weiter annähern. Ein Einschlag ist dann nicht mehr auszuschließen. Spätestens dann, vielleicht aber auch schon viel eher, sollte die Menschheit in der Lage sein, auch einen großen Asteroiden zuverlässig abzuwehren.