Arzneipflanzen haben Wirkung und Nebenwirkung
Am Klinikum Nürnberg versuchen Krebsmediziner und Naturheilexperten Licht ins Dunkel zu bringen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebshilfe hat der Arzt Markus Horneber zahlreiche Studien zu begleitender Krebsbehandlung ausgewertet. Er ist überzeugt: Pflanzenpräparate können das Wohlbefinden der Patienten steigern. Trotzdem ist Vorsicht geboten: "Mit pflanzlichen Präparaten herumzuexperimentieren kann gefährlich sein, weil wir zum Teil Pflanzen haben, die stark wirksam sind. Sie können mit anderen Substanzen - Medikamenten - wechselwirken, sodass das Medikament abgeschwächt oder verstärkt wird." Beispiel Johanniskraut: Es regt den Stoffwechsel an. Dadurch wird eine Chemotherapie besser vertragen. Auf der anderen Seite aber wirkt das Mittel auch nicht mehr so gut!
Oder Extrakt aus Grüntee: Eigentlich gesund und stärkend, doch er kann die Wirkung einer Chemotherapie ebenfalls herabsetzen.
Auch Ernährung kann Einfluss auf Krebstherapie haben
Auch bei pflanzlichen Präparaten ist also Vorsicht geboten. Ebenso können bestimmte Nahrungsmittel wie etwa Grapefruit die Wirkung von Medikamenten negativ beeinflussen. Trotzdem können begleitende Maßnahmen sinnvoll sein, wenn man sie vernünftig einsetzt. "Wir sehen den Hauptnutzen darin, dass sich die Menschen in dieser Phase der Therapie stärken können und vielleicht die eine oder andere Nebenwirkung vermindert werden kann. Was wir nicht für möglich halten, ist, dass hiermit einfach ein Krebs bekämpft werden kann", erklärt Dr. Horneber vom Klinikum Nürnberg.
So berichten manche Brustkrebspatientinnen, dass sie bei der Einnahme von Mistelpräparaten die Chemotherapie besser vertrugen, da die Nebenwirkungen geringer waren. Trotzdem sollte bei jedem Präparat zunächst ein Facharzt um Rat gefragt werden, denn bei bestimmten Krebsarten kann Mistel sogar das Krebswachstum fördern, wie etwa bei Lymphdrüsenkrebs.
Qi-Gong sorgt für mehr Lebensqualität
Einen größeren Einfluss als Präparate hat die Lebensführung insgesamt, sagen Experten. Dazu gehören auch Sport und Entspannung. Eine Krebsdiagnose und eine anschließende Chemotherapie sind ein massiver Schock für Körper und Psyche. Das weiß auch Dr. Yanqing Wellenhofer-Li vom Münchner Klinikum rechts der Isar.
Sie möchte Krebspatienten zeigen, wie sie wieder zu mehr Ruhe kommen und die Kräfte des eigenen Körpers mobilisieren können. Ihre Methode: Qi-Gong, die chinesische Bewegungstherapie. "Durch Qi-Gong können wir den Krebspatienten helfen, ihr Immunsystem zu stärken und die Selbstheilungskräfte anzuregen – und damit insgesamt ihre Lebensqualität erhöhen", weiß die Ärztin für Chinesische Medizin. Einige Patienten berichten, dass sie während der Qi-Gong-Sitzung ihre Krankheit für einige Momente vergessen können. Auch die Atmung wird tiefer, die Herzfrequenz ruhiger.
Komplementärmedizin als Begleitung zur Krebstherapie
Deutschlandweit bieten inzwischen zahlreiche Krebszentren komplementäre Behandlungsmethoden an. Wassergüsse nach Kneipp, Atemtherapie, chinesische Akupunktur. Auch das kann helfen, Schmerzen einer Krebsbehandlung zu lindern sowie die Entspannung und das gesamte Wohlbefinden zu steigern. Die Deutsche Krebshilfe fördert inzwischen den Aufbau eines deutschlandweiten Netzes "Komplementärmedizin in der Onkologie" (KOKON). Unter der Leitung der Onkologie des Klinikums Nürnberg sind daran die Charité Berlin, die Universitätskliniken Hamburg Eppendorf, München und Rostock, die Universitäten Frankfurt und Greifswald, das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg, die Kliniken Essen-Mitte und Fürth, die Medizinische Hochschule Hannover sowie die Klinik für Tumorbiologie in Freiburg beteiligt.
Auch wenn eine notwendige Krebstherapie durch diese begleitenden Behandlungen niemals ersetzt werden kann, möchte Markus Horneber vom Klinikum Nürnberg Patienten und Krebsmediziner ermutigen, sich mit den zusätzlichen Möglichkeiten zu beschäftigen. Immer in Absprache und individuell auf den jeweiligen Patienten abgestimmt. Dann kann Komplementärmedizin durchaus dazu beitragen, die schwierige Zeit während oder nach einer Krebstherapie leichter zu bewältigen.