"Ich kann Ihnen garantieren: Die Mondlandung hat stattgefunden." Das ist die klare Aussage von jemandem, der es wissen muss. Michael Butter ist Professor für amerikanische Literatur und Kulturgeschichte an der Uni Tübingen und forscht seit Jahren zu Ursachen und Wirkungen von Verschwörungstheorien. Die Theorie über die Mondverschwörung ist für ihn auch nach Jahrzehnten immer noch ein Thema: Sie erfordert keine komplizierten Erklärungen zu komplizierten Zusammenhängen, sondern beruft sich schlicht und einfach auf die Filmaufnahmen und Fotos vom Mond, die im Sinne der Verschwörungstheoretiker interpretiert werden.
Beweis und Gegenbeweis
Die scheinbaren visuellen Beweise für eine inszenierte Mondlandung funktionieren in Zeiten des Internets noch viel besser als vor 20 oder 30 Jahren. Die bekanntesten angeblichen Beweise dafür, dass die Apollo-11-Mondlandung im TV-Studio inszeniert war, sind die Flagge, die Sterne und die Schatten:
- Das Verschwörungsargument der wehenden Fahne: In einigen TV-Sequenzen scheint sich die von den Astronauten aufgestellte US-Fahne im Wind zu bewegen, auf den Fotos sind Wellen im Stoff zu sehen. Also wurde alles in einem TV-Studio mit Durchzug inszeniert? Erklärung: Auf den Filmaufnahmen ist zu sehen, dass sich die Flagge immer nur dann bewegt, wenn die Astronauten sie berühren. Beim Einrammen des kleinen Flaggenmastes in die Mondoberfläche wurden zudem Schwingungen ausgelöst. Durch die fehlende Atmosphäre wurden diese dann jedoch nicht, wie auf der Erde, schnell abgedämpft, sondern hielten länger an. Die vermeintlich durch Wind entstandenen Falten auf der Flagge sind Folge einer Panne beim Aufstellen: Die Astronauten konnten den Stab, der das obere Ende der Flagge nach außen abspreizt, nicht voll ausfahren. Dadurch wurde das Flaggentuch nicht gespannt, sondern bekam die sichtbaren Falten. Die NASA fand diesen „natürlichen“ Eindruck des Faltenwurfs so gut, dass in allen folgenden Apollo-Missionen die Querstange absichtlich verkürzt wurde.
- Das Verschwörungsargument der fehlenden Sterne: Auf keinem der NASA-Bilder sind am Himmel Sterne zu sehen. Sie müssten aber da sein. Sehen wir also nur eine schwarze Studiowand? Erklärung: Die Apollo-Astronauten landeten immer bei vollem Tageslicht auf dem Mond. Die Mondoberfläche leuchtete durch die einfallende Sonne daher so stark, dass das schwache Licht der Sterne dagegen nicht ankam. Außerdem hatte das damals benutzte Filmmaterial nur einen sehr begrenzten Kontrastumfang. Da man die Mondoberfläche und nicht die Sterne fotografieren wollte, wurden die Fotos mit kurzer Belichtungszeit und kleiner Blende aufgenommen. Für die im Vergleich zur stark reflektierenden Oberfläche nur sehr schwach leuchtenden Sterne war diese Belichtungszeit einfach zu kurz. Also sind sie auf den Fotos nicht zu sehen.
- Das Verschwörungsargument der schrägen Schatten: Auf einigen Aufnahmen vom Mond sind Schatten zu sehen, die nicht parallel zueinander verlaufen. Mit der Sonne als einziger Lichtquelle, die auch noch sehr weit entfernt ist, müssten aber alle Schatten parallel verlaufen – auch auf dem Mond. Gab es hier etwa mehrere Scheinwerfer? Erklärung: Dieses "Argument" ignoriert die Grundlagen der Perspektive. Parallele Linien auf einer dreidimensionalen Fläche wirken immer schräg, wenn sie in einem zweidimensionalen Medium dargestellt werden. Deswegen laufen auch Eisenbahnschienen am Horizont zusammen, obwohl sie garantiert immer parallel liegen. Das gilt auch auf dem Mond. Und die unterschiedliche Länge der Schatten liegt daran, dass der Untergrund nicht eben ist. Ein Schatten auf einer abfallenden Ebene wird immer und überall optisch verlängert, fällt ein Schatten auf einen Anstieg, wird er immer und überall optisch verkürzt.

Schwierige Debatte mit Verschwörungsgläubigen
Jedes dieser Phänomene hat eindeutig physikalische Ursachen und auch jedes weitere Verschwörungsargument ist längst widerlegt. Doch warum lassen sich Verschwörungstheoretiker bis heute nicht davon abhalten, diesen Argumenten zu glauben und sie weiter zu verbreiten? Amerikanist Butter verweist hier auf Studien aus den USA: "Die Studien zeigen, dass überzeugte Verschwörungstheoretiker, wenn man sie mit schlüssigen Gegenbeweisen konfrontiert, danach noch stärker an ihre Theorien glauben als vorher. Denn man stellt die Identität dieser Verschwörungstheoretiker massiv in Frage. Diese aber definiert sich über den Glauben an die Verschwörungstheorien."
Das sorgt dafür, dass eine argumentative Auseinandersetzung mit Verschwörungsgläubigen nahezu sinnlos ist. Daher nimmt etwa die NASA die Skeptiker größtenteils schlichtweg nicht ernst und reagiert auf viele Vorwürfe nicht, denn, das hat man gelernt, auf jedes rational-physikalische Argument folgt dann ein verschwörerisches "aber".
Wer hat’s erfunden?
Am Anfang steht Bill Kaysing. Der 1922 geborene US-Amerikaner arbeitete als Autor, schrieb Bücher über Landwirtschaft, Kochen und Steuern sparen. Von 1957 bis 1963 arbeitete er als Leiter der technischen Dokumentation für eine NASA-Zulieferfirma, die Triebwerke für die Saturn-V-Rakete baute. Kaysing war kein Ingenieur oder Wissenschaftler, nannte sich aber „NASA-Insider“ und fand im verschwörungsgläubigen Amerika sein Publikum. Das war durch die politischen Ereignisse der 1960er und 70er Jahre bereits schwer verunsichert: John F. Kennedy Martin Luther King und Robert Kennedy waren ermordet worden, der Vietnam-Krieg eskalierte und Richard Nixon stürzte über die Watergate-Affäre. Irgendwie traute man "denen da oben" alles zu.
Kampf zwischen Gut und Böse
1976 erschien Kaysings Buch "We never went to the Moon", in dem er all seine angeblichen Argumente darlegte. Damit begann die Geschichte der Mondverschwörungstheorie. Seine treuen Fans glauben bis heute an die Thesen des 2005 verstorbenen Kaysing. Seine Aussage, die Mondlandung sei im Auftrage der NASA inszeniert gewesen, passt bis heute ins Weltbild von Verschwörungsgläubigen. "Um erfolgreich zu sein, müssen Verschwörungstheorien eine einfache, aufregende Geschichte erzählen, am besten vom Kampf zwischen Gut und Böse", erklärt Michael Butter.
Im Fall der Mondlandungsverschwörungstheorie ist der Kern der Geschichte, dass die "böse" US-Regierung das "gute" amerikanische Volk betrogen hat. Das klang vor über 40 Jahren glaubhaft, denn für viele Amerikaner war es damals einfach unvorstellbar, dass man es schaffen könnte, auf dem Mond zu landen. Die Mondlandungsverschwörungstheorie stieß also in ein Erklärungsdefizit und hat Erklärungen geliefert, wenn auch völlig abstruse.
Ähnliches ist bei den Ereignissen vom 11. September passiert. Viele Menschen konnten diese Anschläge einfach nicht fassen und daher musste es eine Verschwörung der Regierung sein. Tendenziell, so sagt Michael Butter, sind Männer empfänglicher als Frauen für Verschwörungstheorien jeder Art, Ältere etwas empfänglicher als Jüngere und etwas weniger Gebildete tendenziell empfänglicher als Gebildete.

Zu viele Mitwisser für eine Verschwörung
Doch warum gibt es bis heute nicht den endgültigen Beweis für eine Verschwörung? Immerhin haben im Laufe von über zehn Jahren nachweißlich zeitweise 400.000 Menschen am Projekt Mondlandung gearbeitet. Das sind eine ganze Menge möglicher Zeugen. Der Physiker David Grimes von der Universität Oxford hat 2016 umfassend berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine große Verschwörung auffliegt. Das hängt zum Beispiel von der Anzahl der Personen ab, die eingeweiht sein müssen, von ihrer Verschwiegenheit und von der Länge des Zeitraums, den die Verschwörung überdauern soll.
Mit einer übersichtlichen Formel hat Grimes die Wahrscheinlichkeit für das Aufrechterhalten einer Weltverschwörung abgeschätzt. Sein Ergebnis: Es ist praktisch ausgeschlossen, dass eine Verschwörung mit tausenden Mitwissern über Jahrzehnte unentdeckt bleibt. Einer oder eine redet immer.
Daher lässt sich zwar über den Sinn und Unsinn der bemannten Raumfahrt und insbesondere der Mondlandungen streiten, aber eines bleibt eine Tatsache: Die Apollo-Astronauten waren auf dem Mond, der Adler ist tatsächlich gelandet und die Mondlandungen haben stattgefunden.