Bananen mit überzogenen Kondomen (Foto: IMAGO, IMAGO / Westend61)

Mehr als Kondom und Vasektomie

Neue Verhütungsmethoden für Männer

Stand
AUTOR/IN
Mirjam Stöckel
Ulrike Till
ONLINEFASSUNG
Carla Vinetta Richter
Ralf Kölbel

Für Frauen gibt es eine große Anzahl an verschiedenen Verhütungsmitteln, für Männer nur zwei: das Kondom und die Vasektomie. Vielleicht kommt bald ein weiteres dazu.

Die Anti-Baby-Pille, Spiralen, das Hormon-Stäbchen, das Diaphragma, die symptothermale Methode, der Vaginalring und die Dreimonatsspritze sind alles Methoden, die Frauen nutzen können, um beim Geschlechtsverkehr zu verhüten. Männer können bis jetzt genau zwei zuverlässige Mittel nutzen, um eine Schwangerschaft zu verhindern: das Kondom – und die Vasektomie, also die Durchtrennung der Samenleiter. Das eine ist für viele störend – und das andere zu endgültig.

Tatsächlich existieren eine ganze Reihe an Ideen für Verhütungsalternativen auch für Männer – manche hormonell, manche hormon-frei. Sie alle haben sich aber bisher nicht am Markt durchgesetzt. In erster Linie, weil Geld für die Forschung und für Wirksamkeitsnachweise fehlt.

Ob die Pille für den Mann auch in der Praxis funktioniert, muss erst noch weiter erforscht werden. (Foto: IMAGO, IMAGO / YAY Images)
Ob die Pille für den Mann auch in der Praxis funktioniert, muss erst noch weiter erforscht werden.

Deshalb ist hormonelle Verhütung bei Männern schwierig

Bei Männern ist die hormonelle Verhütung viel schwerer als bei Frauen zu bewerkstelligen: Eine Verhütungspille muss bis zu 100 Millionen Spermien unterdrücken, und zwar nonstop, jeden Tag. Bei Frauen dagegen blockiert die Pille nur einmal im Monat den Eisprung, das lässt sich viel leichter erreichen.

Jetzt haben Forscher in den USA einen ganz neuen Ansatz für die Männerpille vorgestellt: Bisher haben Forscherteams vor allem mit Hormonen wie Testosteron gearbeitet, um eine Männerpille zu entwickeln – weil es da aber bisher immer starke Nebenwirkungen gab, haben Forschende an der Uni von Minnesota jetzt einen Wirkstoff ganz ohne Hormone getestet, allerdings erstmal nur bei Mäusen. Bei denen aber hat es super geklappt: Die Nager waren nach einem Monat zu 99 Prozent steril. Bedenkliche Nebenwirkungen sind dabei nicht aufgetreten.

Männliche Mäuse verloren durch die neue Methode zu 99 Prozent vorübergehend ihre Zeugungsfähigkeit. (Foto: IMAGO,  imago images / Nature Picture Library)
Männliche Mäuse verloren durch die neue Methode zu 99 Prozent vorübergehend ihre Zeugungsfähigkeit.

Neue Methode macht männliche Mäuse steril

Die Pille blockiert ein bestimmtes Protein in den Zellen: Dieses Protein bindet normalerweise Retinsäure, das ist eine Form von Vitamin A in den Zellen. Das Protein spielt eine wichtige Rolle beim Wachstum und der Differenzierung von Zellen – und es ist entscheidend für die Bildung von Spermien.

Mit dem Wirkstoff YCT529 konnte das Forscherteam die Spermienbildung bei den behandelten Mäusen stoppen. Wenn die Tiere die Pille nicht mehr bekamen, waren sie nach vier bis sechs Wochen wieder fruchtbar und konnten gesunden Nachwuchs zeugen. Frühestens im Sommer könnten erste Tests mit Freiwilligen starten.

Im Moment tüfteln die Wissenschaftler aber noch an der endgültigen Version ihres Wirkstoffs für die Männerpille. Bei den ersten Testreihen geht es dann nur um die Sicherheit: Es kann sein, dass die Blockade der Andockstelle für Retinsäure doch erhebliche Nebenwirkungen hat. Und ob das Mittel Spermien beim Mann so sicher stoppt wie bei Mäusen, ist genauso offen. Kann also gut sein, dass das Ganze floppt -- vielleicht aber ist es auch der entscheidende Schritt zur ersten Pille für den Mann.

Neben dem Kondom gibt es bislang kaum zuverlässige Verhütungsmethoden für den Mann. (Foto: IMAGO, IMAGO / McPHOTO)
Neben dem Kondom gibt es bislang kaum zuverlässige Verhütungsmethoden für den Mann.

Studien sind teuer

Warum gibt es noch keine weiteren Alternativen für Männer? Hauptgrund dafür ist, dass sich niemand findet, der die teuren und großen Studien finanziert, die für eine Zulassung nötig wären. Öffentliche Forschungsgelder sind extrem knapp – und die Pharmaindustrie hat praktisch kein Interesse. Erst recht, wenn es um Verhütungsmethoden ohne Hormone geht.

In den USA sammelt Heather Vahdat deshalb mit ihrer Non-Profit Organisation „Male Contraception Initiative“ Spenden – und investiert diese dann in Forschung an hormonfreien Verhütungsmitteln. Dabei steht im Fokus, dass es Verhütungsmethoden für Männer sind, die wieder rückgängig zu machen sind.

Es geht nicht um darum, weibliche und männliche Verhütung gegeneinander auszuspielen. Es geht darum, die Palette an Verhütungsmethoden für alle zu vergrößern.

Mit neuen Verhütungsmitteln für Männer würde sich die Zahl ungewollter Schwangerschaften – rund 120 Millionen jährlich – verringern, sagt Vahdat – und damit auch Überbevölkerung, Armut und Hunger.

Durch zuverlässige Verhütungsmethoden für Männer könnte weltweit die Zahl ungewollter Schwangerschaften reduziert werden. (Foto: IMAGO, IMAGO / agefotostock)
Durch zuverlässige Verhütungsmethoden für Männer könnte weltweit die Zahl ungewollter Schwangerschaften reduziert werden.

Was kommt vielleicht bald auf den Markt

Die größten Zulassungschancen gibt Heather Vahdat speziellen Gelen, die in die Samenleiter gespritzt werden. Diese funktionieren dort quasi als Sieb: Sie filtern die Spermien aus dem Ejakulat heraus und halten sie zurück. Die Entwicklung von zwei dieser Gele hat Vahdats Initiative bereits gefördert; eines soll im Lauf des Jahres am Menschen getestet werden.

Es wird jedoch vermutlich noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis Menschen sie kaufen können.

Eine mögliche zukünftige Option: Der Verhütungsslip

Thibault Vetter, 27 aus Straßburg, redet über Verhütung für Männer so ungeniert wie andere übers Wetter. Genauer: über den Verhütungsslip. Seit drei Jahren verhütet er mit dieser Methode und er nimmt an einer Studie zu diesen Slips teil.

Das ist ein ganz normaler Slip – nur mit einem Loch vorn. Dort zieht man den Penis und auch die Hodenhaut durch. Damit zwingt man die Hoden, in die Leiste hoch zu steigen. Dort werden sie wärmer – und das führt dazu, dass die Spermienproduktion verhindert wird.

Zunächst war dies ein wenig unangenehm und man muss zunächst herausfinden, wie genau man den Slip trägt. Aber Thibault Vetter sagt, dass das nichts ist im Vergleich zu den Unanehmlichkeiten, die manche Frauen durch manche Verhütungsmethoden haben.

Noch stehen die Ergebnisse dieser Studie aus, aber bei regelmäßigen Spermiogrammen hat Vetter festgestellt, dass keine Spermien mehr nachweisbar sind. Die Spermienproduktion wurde also komplett gehemmt. Für ihn funktioniert die Hose also perfekt.

Stand
AUTOR/IN
Mirjam Stöckel
Ulrike Till
ONLINEFASSUNG
Carla Vinetta Richter
Ralf Kölbel