Bildung

Neue Bildungsstrategien der Neuen Rechten

Stand
Autor/in
Anja Braun
Onlinefassung
Lilly Zerbst

Neurechte Strömungen wollen stärkeren Einfluss auf die Bildung nehmen. Wie sie dabei in Deutschland und Frankreich vorgehen, untersucht ein Forschungsprojekt an der Uni Mannheim.

Der Auftritt der AfD auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart hat für Aufruhr gesorgt. Inzwischen reagierten die Didacta-Verantwortlichen auf den Wirbel um den Auftritt der AfD: Ab der nächsten Messe im Frühjahr 2026 in Köln werden politische Parteien grundsätzlich nicht mehr als Aussteller zugelassen. Aber das Ziel der AfD wurde deutlich: Sie wollen auf die Bildung stärker Einfluss nehmen.

An der Universität Mannheim ist gerade ein neues Forschungsprojekt gestartet, das die Bildungsstrategien der Neuen Rechten in Deutschland und auch der Nouvelle Droite in Frankreich unter die Lupe nimmt.

Einfluss auf Kindergärten, Schulen und Universitäten

Neurechte Bewegungen in Deutschland und Frankreich richten sich gezielt auf Bildungsangebote, um ihre politischen Positionen gesellschaftlich anschlussfähig zu machen. Neu daran ist , dass es nun ausgefeilte Bildungsprogramme gebe, sagt Thomas Wortmann, der darüber an der Uni Mannheim forscht.
Die Neuen Rechten würden nun ganz früh ansetzen. Sie versuchten bereits Einfluss darauf zu nehmen, was im Kindergartenalter passiert. Auch für Schulen und für Studierende würden alternative Bildungsprogramme entwickelt.

Die AfD sorgte auf der diesjährigen Bildungsmesse Didacta in Stuttgart für Aufruhr. Protestierende lehnten sich gegen das Bildungsprogramm der Partei.
Die AfD sorgte auf der diesjährigen Bildungsmesse Didacta in Stuttgart für Aufruhr. Protestierende lehnten sich gegen das Bildungsprogramm der Partei.

Bücher für Kinder über traditionelle Familienbilder

Dabei werden zum Beispiel Empfehlungen zusammengestellt, was Eltern ihren Kindern vorlesen sollen. Da wird zunächst ein positiv besetzter Anstoß genutzt, denn Vorlesen gilt als sehr hilfreich.

Doch diese Lesebände vertreten eine bestimmte Haltung, dort werden sehr deutlich traditionelle Familienbilder gezeichnet und die Inhalte wenden sich klar gegen Diversität. Diese Textempfehlungen gibt es bis ins Jugendalter, sagt Cornelia Ruhe, ebenfalls Forschende an der Uni Mannheim.

Die Bildungsstrategie der Neuen Rechten beinhaltet auch Buchempfehlungen für Kinder, die ein traditionelles Familienbild fördern.
Die Bildungsstrategie der Neuen Rechten beinhaltet auch Buchempfehlungen für Kinder, die ein traditionelles Familienbild fördern.

Außerdem wird dazu aufgerufen, dass Eltern das Lektüreprogramm ihrer Kinder in den Schulen sehr genau beobachten und immer hinterfragen sollten. Sie sollen die Widerstandskraft ihrer Kinder gegen zu moderne Texte stärken, indem sie mit ihnen kritisch über Themen wie Diversität und Migration sprechen, betont Forscherin Cornelia Ruhe.

Sommerakademien sollen Studierende rechts ausbilden

Auf die Studierenden zielen dann sogenannte Sommerakademien. Dort werden jedes Jahr Themen wie zum Beispiel Widerstand, Kolonialismus oder Migration behandelt. Für diese Plätze muss man sich bewerben. "Da wird eigentlich etwas kopiert, das wir aus der Universität kennen oder eben aus Begabtenförderungswerken", erklärt Thomas Wortmann.

In Deutschland hatte das Institut für Staatspolitik die rechten Sommerakademien ausgerichtet. Der Verein wurde letztes Jahr aufgelöst - vermutlich, um einem Verbot wegen rechtsextremer Umtriebe zuvorzukommen. Die Nachfolgeorganisation mit dem Namen Menschenpark ist ähnlich rechts gerichtet und will die Sommerakademien nun weiter betreiben.

Bildungsangebot gegen staatliche Institutionen gerichtet

Dabei geht es in den Bildungsstrategien der neuen Rechten in Deutschland genau wie in Frankeich vor allem darum, zu vermitteln, dass Kinder, Jugendliche aber auch Studierende in den Kindergärten, Schulen und Universitäten indoktriniert werden.

"Es gibt einen ganz starken Anti-Intellektualismus, der sich vor allen Dingen auf Institutionen richtet, in denen Wissen erlangt oder vermittelt wird. Und gegen die stellt man sich eben mit den eigenen Bildungsangeboten", erklärt der Mannheimer Forscher Wortmann.

Forschungsprojekt untersucht den Erfolg der rechten Bildungsstrategien

Wie erfolgreich diese Bildungsangebote der Neuen Rechten sind, ist bisher schwer zu ermessen, so die Forschenden der Uni Mannheim: Ihr Forschungsprojekt soll dabei mehr Klarheit bringen.

Vorarbeit für mögliche Regierungsbeteiligung rechter Parteien

Sicher ist jedoch, dass die Rechten ihre Bildungsstrategien auch als eine Art Vorarbeit verstehen. "Man arbeitet im Endeffekt schon an den Programmen, die dann auch flächendeckend eingesetzt werden können, wenn man in Positionen kommt und dann beispielsweise Einfluss auf Schulpläne haben könnte", versichert Wortmann.

Experten sehen die Bildungsstrategie der Neuen Rechten als Vorarbeit auf Zeiten mit möglicherweise mehr Einfluss, zum Beispiel auf das Schulsystem.
Experten sehen die Bildungsstrategie der Neuen Rechten als Vorarbeit auf Zeiten mit möglicherweise mehr Einfluss, zum Beispiel auf das Schulsystem.

Ziel ist also eine Blaupause, die die AfD oder der Front National in Frankreich im Falle von Regierungsverantwortung rasch umsetzen könnten. Den Umfang der dann möglichen Veränderungen im Bildungsbereich versuchen die Forschenden heute schon einzuschätzen. 

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