Neandertaler-Komet mit bloßem Auge sichtbar (Foto: IMAGO, /ZUMA Wire)

Astronomie

Neandertaler-Komet bald mit bloßem Auge sichtbar?

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Uwe Gradwohl
Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Antonia Weise

In den letzten Januartagen steigt die Chance, am Nordhimmel den Kometen C/2022 E3 (ZTF) entdecken zu können - und das möglicherweise ohne Fernglas.

Er wird gelegentlich "Neandertaler-Komet" genannt: ein Brocken aus Eis und Staub, der auf einer sehr langgestreckten Umlaufbahn um die Sonne fliegt und den inneren Bereich unseres Sonnensystems vor ca. 50.000 Jahren letztmals besuchte. Möglicherweise haben ihn auch die damals noch lebenden Neandertaler am Eiszeit-Himmel erblickt. Jetzt ist er wieder da und möglicherweise für kurze Zeit mit bloßem Auge, mit Sicherheit aber mit einem einfachen Fernglas zu sehen.

Wo und wann ist der Komet zu sehen?

Um den Kometen zu sehen, muss man nach Norden schauen. Dort sind die beiden Sternbilder Großer Wagen und Kassiopeia zu erkennen. Kassiopeia wird auch Himmels-W genannt, da fünf sehr auffällige Sterne wie der Buchstabe "W" angeordnet sind. Zwischen dem Großen Wagen und dem Himmels-W ist der Komet zu entdecken, der wie ein etwas verwaschener Stern aussieht.

Die besten Chancen ihn zu sehen bestehen in der letzten Januarwoche und in den ersten Februartagen. Danach wird der Vollmond den immer blasser werdenden Kometen überstrahlen.

Kassiopeia am Himmel (Foto: picture-alliance / Reportdienste, / BSIP)
Das Sternbild Kassiopeia ist für uns in Mitteleuropa das ganze Jahr über sichtbar.

Was ist am Himmel genau zu erkennen?

Auf vielen Bildern ist der Komet mit einem langen Schweif und einer grünlichen Koma um seinen Kern herum zu sehen. Solche Fotos enstehen jedoch durch Langzeitbelichtungen von 30 Sekunden bis zu über einer Stunde Dauer - da kann das menschliche Auge nicht mithalten. So sieht der Komet für uns eher wie ein verwaschener Fleck aus und ist beim schnellen Hinschauen fast nicht von anderen Sternen zu unterscheiden. Am recht hellen Nachthimmel über einer Stadt oder in Siedlungsnähe ist es erst recht schwer ihn zu entdecken. Nur abseits von Siedlungslichtern ist das Grün des Kometen und eventuell auch sein zarter Schweif zu erkennen. Schon ein einfaches Fernglas ist bei der Kometensuche ein tolles Hilfsmittel.

Weshalb heißt der Komet C/2022 E3 (ZTF)?

Früher wurden Kometen nach ihren Entdeckern benannt. Heute werden so viele Schweifsterne entdeckt, dass sie mit einem codierten Namen getauft werden. Der aktuelle Komet heißt deshalb C/2022 E3 (ZTF).

2022 benennt das Entdeckungsjahr. Das C vornedran steht für den Kometentyp, der da gerade aus dem All anfliegt. In diesem Fall ein Komet mit langer Umlaufdauer. Danach folgt ein Buchstabe, der den Halbmonat bezeichnet, in dem der Komet entdeckt wurde. Die beiden Hälften des Januars sind die Halbmonate A und B, die des Februars C und D und das E in C/2022 E3 bedeutet, dass der Komet der dritte war, der in der ersten Märzhälfte entdeckt wurde. Das Kürzel ZTF am Schluss ist das Namenskürzel für ein Forschungsprogramm am Palomar-Observatorium in den USA, die Zwicky Transient Facility, welches den Himmel ständig systematisch absucht und neben vielen anderen auch diesen Kometen gefunden hat.

Das Sternbild Großer Wagen (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Das Sternbild Großer Wagen ist ein Teil des Großen Bären (Ursa Maior).

Woher kommt der Komet?

C/2022 E3 braucht auf seiner Bahn 50.000 Jahre für eine Runde um die Sonne, das sind, wenn man´s halbiert, 25.000 Jahre Flugzeit von "ganz weit draußen" bis in Sonnennähe. Und mit "ganz weit draußen" ist ein Gebiet gemeint, wo noch Reste aus der Entstehungszeit des Sonnensystems im All kreisen - große Brocken aus gefrorenem Gas und Staub. Wenn sie in Sonnennähe kommen, taut das Gas auf, verdampft und das Sonnenlicht regt die Gasmoleküle zum Leuchten an.

Das Grün von C/2022 E3 stammt wahrscheinlich von Kohlenstoffmolekülen. Da diese Moleküle recht schnell zerfallen, fehlt dem Schweif die grüne Farbe, nur nahe um den Kometenkern herum ist sie zu erkennen. Da der letzte Vorbeiflug von C/2022 E3 in Erdnähe noch zur Zeit der Neandertaler stattfand, haben die Menschen der Altsteinzeit vielleicht auch diesen grünen Kometen bestaunt. Mit Stadtbeleuchtung, welche die Beobachtung hätte stören können, gab es in den stockdunklen Eiszeitnächten jedenfalls noch kein Problem.

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