Abbildung einer Gebärmutter, die in Händen getragen wird

Gendermedizin

Menstruationszyklus bestimmt, wie das Gehirn auf Insulin reagiert

Stand
Autor/in
Veronika Simon
Portraitbild von Veronika Simon, Multimedia-Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell
Onlinefassung
Leila Boucheligua

In welcher Phase ihres Menstruationszyklus sich Frauen befinden, kann einen immensen Einfluss auf den Alltag, das Wohlbefinden und die Psyche haben. Dass das keine Einbildung ist und der Zyklus tiefgreifende Wirkungen auf körperliche Funktionen hat, wie auf die Insulinsensitivität im Gehirn, zeigt nun eine Studie.

Sehr viele Frauen kennen das: Je nach Phase in ihrem Menstruationszyklus können sie besonders viel Hunger haben, besonders harmoniebedürftig sein und gerade in den Tagen vor der Blutung vermehrt schlechte Laune haben.

Ob sich eine Frau vor oder nach dem Eisprung befindet, davon hängt im Körper eine Menge ab – zum Beispiel wie stark oder schwach das Gehirn einer Frau auf Insulin reagiert. Darauf deuten die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Studie von deutschen Forschenden in der Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ hin.

Und das hätte Konsequenzen: Wenn Insulin im Gehirn an spezialisierte Nervenzellen andockt, beeinflusst es zum Beispiel das Essverhalten, aber auch andere Stoffwechselprozesse. Menschen, deren Gehirn kaum noch auf Insulin reagiert, können beispielsweise größere Schwierigkeiten haben, Gewicht zu verlieren, als solche, deren Gehirn sehr empfänglich ist. 

So reagierte das Gehirn der Frauen auf Insulin

Aus Studien mit schlanken Männern weiß man, dass ihr Gehirn durchgehend recht stark auf Insulin reagiert. Bei Frauen ist die Sache offenbar komplizierter. Um diesen Mechanismus genauer zu untersuchen, verabreichten deutsche Forschende elf Frauen jeweils vor und nach ihrem Eisprung ein Insulin-Nasenspray. Auf diese Weise gelangt der Großteil des Hormons in das Gehirn und nicht in die sonstige Blutlaufbahn.

Das Forschungsteam untersuchte daraufhin, wie stark der Stoffwechsel auf die Insulin-Gabe im Hirn reagierte und verglich die Ergebnisse mit der Reaktion auf ein Placebo-Nasenspray. Das Ergebnis: In der Follikelphase des Zyklus, also vor dem Eisprung, ist das Gehirn der Frauen sehr empfänglich für Insulin. Nach dem Eisprung hingegen nicht.

Insulinmolekül
Insulin ist ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel senkt, indem es die Aufnahme von Glukose in die Körperzellen reguliert.

MRT-Scans bestärken die Ergebnisse

Zusätzlich untersuchten die Forschenden die Gehirne der Frauen noch mit einem sogenannten funktionellen MRT. Damit können sie die Aktivität von Gehirnregionen untersuchen. In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Hypothalamus.

Von dieser Hirnregion werden viele Hormone gesteuert. 15 Frauen erhielten in dem Versuch ebenfalls einmal ein Placebo- und einmal ein Insulin-Nasenspray – wieder einmal vor und einmal nach dem Eisprung. Und die Ergebnisse beider Versuche passen zusammen: Wie stark oder eben nicht das Gehirn auf Insulin reagiert, hängt demnach von der Zyklusphase ab.

Die Ergebnisse sind relevant für die geschlechtersensible Medizin

Diese Studie ist mit 26 Teilnehmerinnen ohne Frage sehr klein. Doch Fachleute sehen die Ergebnisse trotzdem mit großem Interesse an. Denn es gibt Erfahrungen von Asthma- und Diabetes-Patientinnen, die berichten, dass ihre Erkrankung sich im Laufe des Zyklus verändert, doch solide erforscht ist das noch nicht. Die Studie ist vor allem für die Stoffwechselforschung und für die geschlechtersensible Medizin relevant.

Hinzu kommt: Noch immer werden viele Medikamente vor allem an Männern erprobt. Doch mit Blick auf die Ergebnisse der aktuellen Studie könnte es sein, dass die Resultate solcher Medikamenten-Tests bei Frauen – je nach Phase des Zyklus – unterschiedlich ausfallen würden. Und das kann für die Patientin, die das Medikament einmal nehmen soll, durchaus relevant sein.   

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