Luftblasen im Wasser (Foto: IMAGO, Westend61)

Angewandte Physik

Jahrhundertealtes da-Vinci-Rätsel um Luftblasen gelöst

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AUTOR/IN
Annemarie Neumann

Wissenschaftler haben das 500 Jahre alte Paradoxon von Leonardo da Vinci geknackt. Es kann nun erklärt werden, weshalb Luftblasen im Wasser ab einer bestimmten Größe nicht geradlinig aufsteigen.

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Bereits Leonardo da Vinci entdeckte vor über fünf Jahrhunderten, dass eine im Wasser aufsteigende Luftblase von ihrem geraden Weg an die Wasseroberfläche abweicht, sobald sie eine bestimmte Größe erreicht hat. Die Blase bewegt sich dann eher im Zickzack oder spiralförmig an die Oberfläche. Das Phänomen wird auch "Leonardos Paradoxon" genannt.

Bisher konnte der Anstieg der Blase weder durch einen physikalischen Mechanismus noch durch eine quantitative Beschreibung konkret erklärt werden, obwohl es eine Vielzahl an Bemühungen zur experimentellen und theoretischen Erklärung des Aufstiegs gab.

Leonardo da Vinci (Foto: IMAGO, imagebroker)
Leonardo da Vinci ist berühmt für eine Vielzahl an Erfindungen, seine Kunst und seine Studien zum Menschen, aus denen auch die berühmte Abbildung des vitruvianischen Menschen hervorging. Bisher nicht geklärt war seine Beobachtung, dass Luftblasen ab einer gewissen Größe im Wasser nicht gerade nach oben aufsteigen.

Physikalischer Mechanismus gefunden, der "Leonardos Paradoxon" löst

Nun haben die Forscher Miguel Ángel Herrada von der spanischen Universität Sevilla und Jens G. Eggers von der britischen Universität Bristol einen passenden Mechanismus entdeckt. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten sie kürzlich in der Fachzeitschrift PNAS. In ihrer Simulation berücksichtigen sie sowohl die Strömung als auch die Blasendeformation.

Die Bestimmung und Berechnung der Bahn von aufsteigenden Luftblasen im Wasser stellt eine numerische und theoretische Herausforderung dar, denn die physikalischen Eigenschaften von Wasser verursachen verschiedene Effekte und Wechselspiele, die sich auf Luftblasen und deren Strömungscharakter auswirken.

Größe der Blase lässt diese kippen

Wie die Forschenden in der Fachzeitschrift beschreiben, beruhe der Mechanismus auf dem Zusammenspiel der Strömung und Blasenverformung. Ab einem Kugelradius von 0,926 Millimetern ändert sich die Bewegung der Blase.

Denn durch die Größe wird die Blase instabil, die Krümmung verändert sich, die Luftblase verformt sich und kommt ins Kippen. Das wirkt sich auf die Bahn und die Geschwindigkeit aus. Die stärker gekrümmte Seite steigt stärker nach oben und es entsteht eine periodische Bewegung. Denn der Wasserdruck nimmt um die Oberfläche beim Aufsteigen ab, sodass die Blase wieder in ihre ursprüngliche Position rückt und das Ganze von vorne beginnt.

Skizze Leonardo da Vincis zum Leonardo Paradoxon (Foto: Universidad de Sevilla)
Leonardo da Vinci sammelte seine wissenschaftliche Notizen, Schriften und Skizzen im Manuskript "Codex Leicester". So skizzierte er dort auch die spiralförmige Bewegung einer aufsteigenden Blase, wie ein Auschnitt hier zeigt.

Relevant für verschiedene Anwendungen in Industrie und Umwelt

Auch wenn die Beobachtung da Vincis schon mehrere Jahrhunderte zurückliegt, ist sie heute relevant. Die Blasenbewegung spiele laut den Wissenschaftlern bei Naturphänomenen in Industrie und Umwelt eine Rolle, wie zum Beispiel in der Ozeanographie oder der chemischen Verfahrenstechnik.

Die Ergebnisse könnten auch in der Wissenschaft dazu beitragen, die Bewegung von Partikeln zu verstehen, wie von Verunreinigungen, deren Verhalten zwischen einem Festkörper und Gas liegt.

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Annemarie Neumann