Das Lithiumvorkommen am Oberrhein hat durch die Aktivitäten des Karlsruher Unternehmens Vulcan Energie große Aufmerksamkeit erlangt. Dieses plane mit dortigen Lithiumvorkommen ganz Deutschland und 25 Prozent des europäischen Bedarfs zu bedienen. Doch eine neue Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) dämpft den Lithium-Hype.
KIT prognostiziert Senkung der Fördermenge in den nächsten Jahren
Die Forschenden des KIT haben in ihrer Studie modelliert, ob die Förderung von Lithium am Oberrheingraben langfristig ertragreich ist. Dabei haben sie auch untersucht, welchen Beitrag diese Quelle für den steigenden Lithiumbedarf Deutschlands leisten kann. Das Ergebnis: Nur etwa zwölf Prozent des deutschen Bedarfs könnten die bestehenden vier Geothermiekraftwerke am Oberrhein decken.
Auch der Rückgang der Fördermenge während der ersten zehn Jahre scheint erheblich zu sein. Um knapp 30 bis 50 Prozent würde die Lithiumausbeute in diesem Zeitraum sinken. Zudem ist noch immer offen, wie viel Lithium sich überhaupt im Oberrheingraben befindet. Auch wenn die Fördermenge etwas kleiner ausfällt als erhofft, bleibt das Vorkommen für Geowissenschaftler Valentin Goldberg vom KIT relevant.
In der Regel besteht ein Geothermiekraftwerk aus zwei Erdbohrungen, die ein geschlossenes System bilden. Kaltes Wasser wird in einer Tiefe von drei bis fünf Kilometern erhitzt und nach oben gepumpt. Dadurch werden bisher Strom und Wärme erzeugt. Am Oberrhein löst das Wasser durch seinen Weg durch den Untergrund große Mengen Lithium aus den Gesteinsschichten. Deshalb wird an einer Möglichkeit geforscht, dieses Lithium aus dem Wasser herauszufiltern. Kleine Mengen können die aktuellen Prototypen bereits extrahieren.
Lithium hat einen großen wirtschaftlichen Wert und wird immer wichtiger
Es ginge im Schnitt um Tausend Tonnen Lithiumcarbonat pro Jahr, erklärt Goldberg weiter. Eine Tonne Lithiumcarbonat koste aktuell um die 50.000 Dollar, was bedeute, dass in Lithium ein enormer wirtschaftlicher Wert enthalten sei. Zudem würden, so der Forscher, fast alle aktuellen Prognosen zeigen, dass es in den nächsten fünf bis zehn Jahren ein globales Lithiumdefizit geben werde. Damit würde jedes Gramm Lithium, das produzieren werden könne, in der Zukunft wichtig werden.
Bislang ist Deutschland vollständig von Lithiumimporten abhängig. Der Großteil des Lithiums stammt aus der Atamcama-Wüste in Chile, doch der Abbau dort ist umstritten. Für SWR-Wissenschaftsjournalist Axel Wagner stellt die Lithiumförderung durch Geothermie daher eine echte Alternative dar.
Bevölkerung hat Bedenken wegen Geothermie
Zwischen 0,5 und drei Prozent des deutschen Bedarfs könnte ein einzelnes Geothermiekraftwerk der Studie des KIT zufolge decken. Demnach könnten also bis zu 200 Kraftwerke notwendig sein, um den Hunger nach Lithium in Deutschland zu stillen. Allerdings gibt es in der Bevölkerung großen Widerstand gegen die Geothermie.
Die Bedenken der Bevölkerung beziehen sich nach Axel Wagner nicht so sehr auf die Lithiumförderung, sondern vielmehr auf die Methode der Geothermie. Tatsächlich hätten die Menschen im Oberrheingebiet schon schlechte Erfahrungen gemacht wie beispielsweise mit Erdstößen, durch die Risse in Häusern entstehen können.
Bei bisherigen Schäden blieben Betroffene meist auf den entstandenen Kosten sitzen. Es fehlt an klaren Regelungen, wie mit den Risiken der Geothermie umgegangen werden soll und wer die Kosten trägt. Auch in der Wissenschaft gibt es noch Handlungsbedarf. Aktuell können nur sehr geringe Mengen Lithium gewonnen werden, denn bisher gibt noch keine Extraktionssysteme, die den begehrten Rohstoff im großen Maßstab aus dem Wasser filtern können.