Jedes Jahr werden im Rahmen der sozio-ökonomischen Panelstudie – kurz SoeP – dieselben rund 15.000 Haushalte befragt, um langfristige gesellschaftliche Trends zu erfassen. Seit 2005 werden in diesen Längsschnittdaten des SoeP auch fünf Persönlichkeitsmerkmale nach Selbsteinschätzung miterfasst.
Big Data vom Feinsten: Daraus lassen sich dann auch Zusammenhänge zwischen Charaktermerkmalen und der Wahrscheinlichkeit, Kinder zu haben, herauslesen.
Die Frage nach dem Einfluss individueller Faktoren
Die Entscheidung für oder gegen eigene Kinder ist heute in Deutschland auch eine Frage von Individualisierung und Selbstverwirklichung. Hier setzt Studienautor Steffen Peters vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock an.
Wenn jetzt individuelle Werte und Einstellungen bedeutsamer für die Familienform werden, dann stellt sich laut Peters die Frage, welche individuellen Faktoren auch psychologischer Natur, bestimmte Prozesse wie das Geburtsverhalten beeinflussen.
Peters Hypothese lautet: Wenn Menschen individueller entscheiden können, ob sie Kinder haben wollen, werden auch Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle bei der Entscheidung spielen. Doch der Studienautor schränkt zugleich ein – eine klare Prognose könne man aus den Daten nicht herauslesen, denn das Geburtsverhalten hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der finanziellen Situation, biologische Faktoren und der individuellen Einstellung.
In meiner Studie konnte ich einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und der Wahrscheinlichkeit, ein Kind zu bekommen über einen bestimmten Zeitraum aufzeigen. Das heißt, die Persönlichkeit der Menschen spielt dabei auch eine Rolle.

Big Five der Persönlichkeitsmerkmale
Dabei geht es um die Big Five des bekannten Persönlichkeitsmodells: Empathie, Gewissenhaftigkeit, Extravertiertheit, Neurotizismus und Aufgeschlossenheit. Das deutlichste Ergebnis der Analysen bezieht sich auf das Persönlichkeitsmerkmal Extravertiertheit:
Insbesondere das Merkmal der Extravertiertheit ist positiv mit den Chancen ein erstes, aber negativ mit den Chancen ein zweites Kind zu bekommen, verknüpft. Das Persönlichkeitsmerkmal der Empathie ist tendenziell positiv mit dem Geburtsverhalten verbunden. Wir können diese Muster besonders stark bei Männer beobachten, bei Frauen, zumindest in meiner Studie, eher kaum.
Mögliche Erklärungsansätze – betont Peters – seien nicht Gegenstand seiner Untersuchung gewesen und deshalb spekulativ. Doch es gibt sie. Demnach seien extravertierte Menschen per Definition relativ gesprächig und nehmen sehr aktiv am sozialen Leben teil. Nach der Geburt eines ersten Kindes könnten sich extravertierte Personen aber genau in dieser aktiven Lebensweise eingeschränkt fühlen, sodass sie dann also eher auf ein zweites Kind verzichten würden.
Nach Peters sei aus vorheriger Forschung darüber hinaus bekannt, dass Extravertiertheit auch die Scheidungsrisiken erhöht. Das heißt, dass extravertierte Menschen nach dem ersten Kind vielleicht nicht mehr mit dem Partner oder der Partnerin zusammenleben, was sich dann auch negativ auf die Geburt eines zweiten Kindes auswirken könne.
Diese Eigenschaften hatten keinen Einfluss
Die Charaktereigenschaften der Gewissenhaftigkeit, emotionalen Stabilität und Offenheit haben nach Peters Studie dagegen keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, Kinder zu bekommen. Für Frauen fand der Forscher in den Längsschnittdaten des SoeP überraschenderweise keinerlei statistisch relevante Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und der Wahrscheinlichkeit, Kinder zu bekommen.
Er weist aber daraufhin, dass aus vorherigen Studien hervorgeht, dass Extravertiertheit sich auch bei Frauen positiv auf deren Geburtsverhalten auswirkt. Wenn auch in geringerem Ausmaß als bei Männern. Die meisten Studien dazu kommen aus nordischen Ländern wie Finnland und Schweden.