Versuch auf der ISS

Algen-Reaktor sorgt für frische Luft und Essen

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Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Astronauten könnten in Zukunft Algen essen. Denn auf der ISS wird jetzt ein Bioreaktor getestet. Darin: Algen, die nicht nur CO2 aus der Luft filtern, sondern auch noch essbar sind.

Astronauten auf der ISS tun etwas, was zunächst mal nicht als Problem wahrgenommen wird, aber doch eines ist: Sie atmen - genauer: Sie atmen Kohlendioxid aus. Und das reichert sich in der Bordluft der ISS an und kann bei sehr hoher Anreicherung zur Gefahr werden. Damit es nicht soweit kommt, wird die ISS-Luft von diesem CO2 befreit. Bislang mit Methoden, bei denen der Kohlenstoff aus dem Kohlendioxid als unnützes Abfallprodukt übrigbleibt und nur der Sauerstoff wieder in die Bordluft eingespeist wird.

Algen für die ISS

Verschwendung, sagten sich die Forscher des Instituts für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart. Das sollte doch auch anders gehen. Und zwar so: Man schicke Algen auf die ISS - die können nicht nur den Sauerstoff aus dem CO2 recyceln, sondern auch noch den Kohlenstoff nutzen um zu wachsen. Und wachsendes Grün, das sollte doch als ständig verfügbare, frische Nahrung für Astronauten taugen: Luft und Nahrung aus einem Algenreaktor, der so groß ist wie eine Mikrowelle und in dem die Algen in einem Nährmedium schwimmen.

Testlauf mit Mini-Algenreaktor

Das ist die Idee, die auf der ISS für sechs Monate getestet wird. Doch um einen messbaren Beitrag zur Versorgung der Mannschaft leisten zu können, sind die zum Test gelieferten Algenreaktoren noch viel zu klein. Der von ihnen erzeugte Sauerstoff reicht gerade mal, um einen Astronauten für eine Minute pro Tag mit Atemluft zu versorgen. Und der Algenverzehr ist bei diesem Testlauf auch noch nicht vorgesehen.

Wie der Photobioreaktor funktioniert (Quelle: DLR)

Selbstversorgung im All

Doch das Experiment ist trotzdem ein interessanter Schritt in die Raumfahrtzukunft: Langzeitmissionen zum Mond und Mars müssen Luft und Nahrung selbst herstellen können, weil Nachschublieferungen in den tiefen Weltraum ca. zehnmal teurer sind als Versorgungsflüge in die relativ niedrige Umlaufbahn, auf der die ISS unterwegs ist.

Dabei sind die Stuttgarter Algen nicht ohne Konkurrenz im All unterwegs. Eine deutsch-belgische Forschungsgruppe hatte schon im vergangenen Jahr Bakterienstämme für den gleichen Zweck zur ISS geflogen.

Alexander Gerst und Dr. Stefanos Fasoulas, Leiter des Instituts für Raumfahrtsystem an der Uni Stuttgart. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Eibner-Presse -)
Alexander Gerst und Dr. Stefanos Fasoulas, Leiter des Instituts für Raumfahrtsystem an der Uni Stuttgart.