Nudging – Erzieher und Lehrer sollen regelmäßig "anstupsen"
Pommes mit Ketchup und Mayo, zum Nachtisch zwei Schokoriegel und dazu 'ne Brause: Fachleuten bereitet schon lange Bauchschmerzen, dass sich schon bei kleinen Kindern in der Kita und erst recht in der Schule Ernährungssünden fest verankern.
Eine vom Bundesernährungsministerium und der Plattform "In Form" initiierte Kampagne setzt daher auf das sogenannte Nudging. Mit Nudging, dem regelmäßigen "Anstupsen", soll in Schulen und Kitas gesunde Ernährung künftig stärker bewusst gemacht werden. Mit regelmäßiger Ansprache durch Erzieher und Lehrer oder auch Probeessen, die von den Kitas und Schulen organisiert werden.
"Ernährungsgewohnheiten manifestieren sich ganz schnell"
Jedes siebte Kind in Deutschland ist bereits übergewichtig. Essensempfehlungen per Video für Erzieher, Lehrer und Eltern sollen helfen. Die Videos geben Tipps, wie Heranwachsende ohne den erhobenen Zeigefinger auch bei gesundem Essen auf den Geschmack kommen.

Ann-Kathrin Beermann ist Leiterin des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) und rät dazu, sich an der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu orientieren. Die empfiehlt viel frisches Obst und Gemüse, regelmäßig Milchprodukte, Fleisch in Maßen und wenig Frittiertes.
"Ernährungsgewohnheiten manifestieren sich ganz schnell. Deshalb ist es wichtig, ein Ernährungsangebot zu haben, welches einlädt, Gemüse mal auszuprobieren. Dass auch Erzieherinnen, mit den Kindern zusammen essen und „mmmmhhh“ machen – das ist lecker, das ist schmackhaft. Denn dann sind die auch viel mutiger und lernen kennen, wie lecker auch Gemüse sein kann.“
Abwechslungsreiche Ernährung so früh wie möglich
Antje Gahl, Ernährungswissenschaftlerin und Pressesprecherin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), studiert regelmäßig die Verpflegungsangebote und deren Präsentation in Schulen und Kitas. Manche bekommen nicht einmal die Note ausreichend – einige fallen ganz durch. Die Nudging-Methode hält auch sie für eine gute Idee.
"Es wird gern Frittiertes gegessen, es werden gerne Wedges, Pommes gegessen, Burger und solche Geschichten, aber die sollten eben nicht täglich auf dem Speiseplan stehen."
Laut Antje Gahl sei es generell so, dass Kinder und Jugendliche sich schon so früh wie möglich abwechslungsreich ernähren sollten. Wenn das von klein auf gemacht werde, bilde das die Kinder und präge das Ess- und Geschmacksverhalten.

Aufklärung durch Geschmackstraining für Kinder und Jugendliche
Es braucht aber noch viel Aufklärungsarbeit, sowohl bei den Schul- und Kitaträgern als auch bei den Kindern und Jugendlichen. Zum Beispiel mithilfe kleiner Videos, Umfragen unter Schülern, Fortbildungen für Pädagoginnen und Elternabenden. Vorstellbar wären auch Probierwochen, an denen die Kinder und Jugendlichen bestimmte Lebensmittel „in Serie“ kosten dürfen. Eine Aktion, die unter anderem an skandinavischen Schulen und Kitas gang und gäbe ist, so die Psychotherapeutin Susan Clever, Spezialistin für Ernährungsfragen und Stoffwechselerkrankungen.
"Und zwar machen sie im Kindergarten schon eine Art Geschmackstraining. Zum Beispiel sechs verschiedene Brotsorten, und die Kinder sollen die Brotsorten probieren und sagen, was ihnen am besten schmeckt.“
Bei der Qualität des Essens mitreden und vergleichen
Doch nicht selten liegt Kindern und Eltern vor allem eines schwer im Magen: die Qualität des Essens. Mitunter hapert es an der Logistik, wenn das Essen nur noch lauwarm auf die Tische kommt. Zum anderen setzen viele Caterer häufig die günstigsten Lebensmittel ein – statt frischem Gemüse gibt es Obst aus der Dose. Oft sind die Speisen auch zu salzig, zu fett oder zu süß.

Da die Belieferung je nach Schule, Kita oder Stadt sehr variiert, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) den Eltern, bei den Verpflegungsstandards ein Wörtchen mitzureden und Anbieter, Preise wie auch die Qualität zu vergleichen.
"Wir haben in der Verpflegung eine sehr heterogene Struktur. Das heißt, zum einen haben wir kommunale Träger, dort gestaltet dann die Kommune das Verpflegungsangebot mit, an anderer Stelle sind es auch private Elterninitiativen, die den Essensanbieter auswählen. Auf jeden Fall sollten sie sich darüber informieren, was und wer das Angebot beeinflusst.“
Räumlichkeiten haben Einfluss auf Essgewohnheiten
Nicht nur das Essen allein spielt eine wichtige Rolle, um Ernährungsgewohnheiten nachhaltig zu verändern, sondern auch das Ambiente, wo und wie die Mahlzeiten verzehrt werden, erklärt Ann-Kathrin Beermann vom NQZ.
Bei der Planung von Kita- und Schulverpflegung solle man laut der Expertin zum einen die Menüausgestaltung im Blick haben, aber auch die Räumlichkeiten. Das heißt zum Beispiel: Wie soll die Mensa ausgestattet sein, in der sich Kinder aufhalten werden? Denn eine schöne Schulmensa lädt auch zum Verweilen ein und die Kinder können eher mit Gelassenheit essen.