Junge Frau hält sich die Ohren zu, weil ihre Umgebung zu laut ist. (Foto: IMAGO, /Elmar Gubisch)

Medizin

Junge Generation besonders häufig von Hörschäden betroffen

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Jana Metzger
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Antonia Weise

Laute Musik im Club, auf einem Konzert oder über die Kopfhörer: Junge Menschen sind oft lauten Geräuschen ausgesetzt und hören in der Folge immer schlechter. Das passiert schleichend, doch es gibt Möglichkeiten, seine Ohren zu schützen.

Immer mehr Jugendliche mit Hörschäden

Hohe Lautstärken können das Gehör dauerhaft schädigen. Vor allem viele junge Menschen umgeben sich in ihrer Freizeit mit lauten Geräuschen – oft sogar mit dem Wissen, dass das schlecht für die Ohren ist.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt ausdrücklich: Die Zahl der Hörbehinderungen nimmt global zu. Weltweit sind etwa 1,6 Milliarden Menschen in ihrem Hören beeinträchtigt. Diese Zahl könnte sich bis 2050 fast verdoppeln. Durch zu lautes Musikhören sind auch etwa 1 Milliarde junge Menschen gefährdet, schwerhörig zu werden. Dr. Sara Euteneuer ist Oberärztin und leitet die Sektion Ohrenheilkunde der Uniklinik Heidelberg. Sie beobachtet immer mehr Jugendliche auf ihrer Station:

Es sind nicht mehr nur diejenigen, die schon ins Rentenalter eingetreten sind, sondern es sind Erwachsene mittleren Lebensalters und durchaus auch Eltern mit ihren jugendlichen Kindern. Bei ihnen fällt dann beispielsweise als erstes auf, dass das Verstehen in Ruhe noch in Ordnung ist, aber wenn Nebengeräusche da sind, das Verstehen abnimmt. Das sind die ersten Zeichen für einen Hörverlust.

Junge Menschen feiern im Club. Dort kann es besonders laut für die Ohren werden. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, / Zoonar)
In Clubs ist es sehr laut. Pausen zu machen, kann dem Ohr helfen sich zu regenerieren.

Wieso ist Lautstärke schlecht für unsere Ohren?

Hörschäden können schleichend zunehmen. Ein erstes Symptom ist: Wenn man am Bahnhof steht und sich versucht zu unterhalten. Und dabei auffällt, dass man die Stimme seines Gegenübers nicht mehr gut verstehen kann. Der Grund dafür ist, dass nicht nur die Hörsinneszellen im Ohr geschädigt werden, sondern auch deren Verbindung zu den Nervenzellen für das Hören verloren gehen.

Manche von den Nervenfaserkabeln sind verantwortlich für das Hören, wenn’s ganz normal laut ist und wir den Ton schon lange verstehen. Und gerade die Nervenfasern werden im Lärmtrauma als erstes geschädigt. Das heißt, uns gehen die Fasern verloren für Töne in der normalen Lautstärke.

So macht sich ein beginnender Hörschaden bemerkbar: Es fällt zunehmend schwerer, die normale Gesprächslautstärke zwischen lauteren Geräuschen herauszufiltern. In leiser Umgebung hören Betroffene also häufig noch gut. Besonders bei Jüngeren ist Schwerhörigkeit ein Thema, denn oft wird es verschwiegen. Im höheren Alter wächst dann das Bewusstsein für die eigene Hörfähigkeit. All das sind Gründe, warum junge Menschen oft nicht zum Arzt gehen – trotz erster Symptome eines Hörverlusts.

Nicht selten kommt es bei einem Hörverlust auch zu sozialer Isolation, weil man Gesprächen nicht mehr gut folgen kann. Und auch laute Geräusche können zu lärmbedingten Gesundheitsproblemen, wie Schlaflosigkeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, führen.

Welche Lautstärke ist für das menschliche Gehör zu laut?

Professor Peter Plinkert ist ärztlicher Direktor der HNO-Klinik Heidelberg. Als Richtwert nennt er 80 Dezibel:

Das ist im Berufsleben ein kritischer Wert. Wenn die Lärmexposition über 80 Dezibel liegt, dann entwickelt sich im Verlauf einiger Jahre eine Innenohr-Schwerhörigkeit. Hohe Schalldruckpegel können die Haarsinneszellen beeinträchtigen, niedrige Schalldruckpegel benötigen eine längere Expositionszeit.

Also sowohl ein kurzer, sehr lauter Knall, als auch ein längerer Abend im Club, können einen Hörschaden herbeiführen. 80 Dezibel entspricht etwa der Lautstärke eines laut schreienden Babys oder eines Motorrads. Im Club setzt man sich schnell einem Lärmpegel von 110 Dezibel aus. Das entspricht der Lautstärke einer Kreissäge.

Frau lächelt und hat Kopfhörer auf. Zu laute Musik kann die Ohren stark belasten. (Foto: IMAGO, /Panthermedia)
Musik mit über 100 Dezibel sollte laut der WHO nicht länger als eine Viertelstunde am Tag gehört werden.

Norm für Lautstärke bei Veranstaltungen

Für Veranstaltungsstätten gibt es zwar kein Gesetz, aber eine technische Regel. Die sogenannte DIN-Norm 15905 Teil 5. Diese Norm legt einen Richtwert für den Beurteilungspegel fest. Das ist ein gemittelter Wert für den Schalldruckpegel über einen bestimmten Zeitraum. Dieser gemittelte Wert darf über eine halbe Stunde oder über zwei Stunden 99 Dezibel nicht überschreiten. Kurzzeitig kann es also lauter sein – solange der akute Spitzenschalldruckpegel von 135 Dezibel nie überschritten wird.

Was tun gegen Lautstärke?

Mit ein paar Tipps und Tricks kann eine dauerhafte Schädigung des Gehörs häufig verhindert werden: Dazu zählt beispielsweise, ein kurzes Rausgehen während der Veranstaltung. Denn damit erholt sich das Ohr und die Hörsinneszellen können sich regenerieren. Gehörschutzkapseln und Ohrenstöpsel sind außerdem ratsam, um die Ohren in einer lauten Umgebung zu schützen.

Es lohnt sich, denn ein Hörschaden kann die Lebensqualität erheblich einschränken.

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In einer lauten Umgebung, einer Bar oder einem Restaurant fällt es auf, wenn man andere nicht mehr gut versteht. Öfter nachfragen oder andere noch mal ansprechen zu müssen sind Anzeichen für eine beginnende Schwerhörigkeit. Von Annette Limberger | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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